V. Parasiten.


[Index]
[IV. Epiphyten und Lianen] [Der Laubfall in den Tropen]


In bezug auf das Wassergewebe habe ich insbesondere auch die phanerogamischen Parasiten Ceylons untersucht; ich fand ein solches nur bei Loranthus capitellatus; in dem Kapitel über die Mangrovevegetation ist dieser Fall näher besprochen. Wie schon hervorgehoben, haben die Mangrovebäume ohne Ausnahme Wassergewebe; es war deshalb schon von vornherein zu erwarten, daß dasselbe auch bei den auf diesen wuchernden Parasiten ausgebildet sein werde; denn auch der Zellsaft der Mangrovebäume enthält Chlornatrium.

Übrigens kommen 25 Loranthaceen (auf 4 Gattungen verteilt) auf Ceylon vor. Von diesen wachsen 6 ausschließlich in den feuchten Gegenden, 3 in den trockensten, 7 in den Gebirgsgegenden; sie scheinen in ihrer Ausbreitung von den klimatischen Verhältnissen weniger abhängig zu sein. Sämtliche Arten wachsen vorzugszweise in den Gipfeln der Bäume. Die Anpassungserscheinungen sind auch bei den Loranthaceen selbstredend von sehr verschiedener Art, je nach den Standorten. Bei Loranthus Hookerianus, der die Gebirgsgegenden liebt, ist die Kutikula sehr verdickt, bei Loranthus ensifolius, der nur den feuchten Regionen angehört, ist sie ganz dünn; bei Loranthus Scurrula und tomentosus, die in den trockenen Zonen wachsen, sind die Blätter durch eine sehr starke Filzbedeckung gegen zu starke Verdunstung geschützt. Bei der Gattung Viscum scheinen die Anpassungen in den Fällen, wo ein Wassermangel zu befürchten ist, anderer Art zu sein. Viscum ramosissimum, japonicum und articulatum haben kaum sichtbare, nur rudimentär ausgebildete Blätter; die zwei ersten kommen nur in den Hochgebirgen, das letzte in den trockensten Gegenden vor; alle haben zu gewissen Zeiten mit Wassermangel zu kämpfen. Eine Reduktion der Blattfläche ist schon bei vielen Gewächsen ein Schutzmittel dagegen.

Wenn auch ein Wassergewebe nur bei einer der Loranthaceen ausgebildet wird, so werden doch in verschiedenen Fällen, wo ein Wasserspeicher notwendig erscheint, Speicherzellen um die Gefäßbündelenden angelegt.

Die Wirtspflanzen besitzen in vielen Fällen mehr Schutzmittel gegen Austrocknen als der Parasit. Auf Rhododendron arboreum, Salvadora persica, Ficusarten u. a. kommen oft Loranthaceen vor, die keine besonderen Anpassungen zeigen. Nur Viscum capitellatum, das auf verschiedenen Viscum- und Loranthusarten (also als Parasit auf Parasiten vorkommt, zeigt durch Nichtausbildung von Blättern, daß es jedefalls bemüht ist, die Transpiration möglichst herabzusetzen. Die meisten Loranthaceen entfalten dagegen in den Tropen eine große Blattfülle, die oft grell von der Armseligkeit der Wirtspflanze absticht.

Die übrigen phanerogamischen Parasiten bieten für unsere Frage nur wenig Interessantes; teils sind sie blattlos, teils einjährig und ganz klein, so daß besondere Anpassungserscheinungen, die mit der Verdunstung in Beziehung stehen könnten, nicht zum Ausdruck kommen. Zu diesen letzteren gehören die verschiedenen kleinen Strigaarten, die oft in großer Anzahl auf Graswurzeln wuchern.



Rückblick.


Zu den Anpassungserscheinungen, die im vorhergehenden oft in Erwähnung gebracht wurden, gehört in erster Linie das Wassergewebe.

Wir haben zwei verschiedene Formen von diesem kennen gelernt, ein subepidermales, welches am allgemeinsten verbreitet ist, und ein inneres, das bei den Blättern, wie z. B. bei Lumnitzera u. a., die mittlere Partien ausmacht. Für den letzteren Fall können uns verschiedene Chenopodiaceen wie Arthrocnemum, Salicornia usw. als Beispiele dienen.

Das Aussehen der einzelnen Zellen der Wassergewebe bietet sehr große Verschiedenheiten.

Bei Litsea iteodaphne sind nur hier und da einzelne Epidermiszellen durch eine Tangentialwand geteilt, während die übrigen ohne diese Teilung erscheinen. Da das Lumen der Epidermiszellen durch die Tangentialwände nicht vergrößert wird, so liegt hier nur eine ganz rudimentäre Erscheinung vor. Ein mächtiges Wassergewebe findet sich dagegen bei verschiedenen Commelinaceen; bei Cyanotis zeylanica fand ich Exemplare, an welchen 7/8 der Gesamtdicke des Blattes von diesem Gewebe eingenommen wurde; ich könnte sogar noch höhere Zahlen angeben, erwähne aber dieses Beispiel, weil die Fig. 58 es darstellt.

Die Zellwände sind in der Regel dünn oder höchstens in den Ecken verdickt; bei Calophyllum Walkerii u. a. sind sie jedoch auffallend stark und sogar mit großen Poren versehen. Ich konnte an Ort und Stelle nicht untersuchen, in welcherWeise das Gewebe in diesem Falle funktioniert, wo die Beweglichkeit der Wände durch ihre Dicke so stark beeinträchtigt ist1)

Zur Entwickelungsgeschichte kann ich noch hinzufügen, daß das Wassergewebe bei einzelnen Pflanzen, wie z. B. bei Peperomia reflexa, sehr früh ausgebildet wird, während bei verschiedenen Ficusarten, die später ein sehr großes Wassergewebe besitzen, die jungen Blätter ein solches nicht aufweisen.

Diese letztere Beobachtung veranlaßt die Frage, durch welche Bedingungen die Wassergewebe hervorgerufen werden.

Ich möchte zuerst einige Experimente erwähnen, die sich auf das Wassergewebe beziehen. Auf meine Veranlassung wurden verschiedene Mangrovepflanzen in Peradeniya eingepflanzt, nämlich Rhizophora mucronata, Lumnitzera racemosa, Aegiceras majus, Acanthus ilicifolius und Nipa fruticans. Sie standen alle in gewöhnlicher Erde, wurden aber während der ganzen Zeit reichlich mit süßem Wasser begossen; Nipa fruticans stand sogar in einem Bassin mit den Wurzeln immer unter Wasser. Sie gediehen alle ganz gut; bei allen Blättern war das Wassegewebe auffallend kleiner ausgebildet als in der Natur; besonders war dies bei Rhizophora und Nipa der Fall, die beide aus Samen gezogen waren, während die anderen als kleine Exemplare eingepflanzt werden mußten. Es ist klar, daß diese Erscheinung mit der viel günstigeren Wasserzufuhr, die den Pflanzen in Peradeniya zuteil wurde, im Zusammenhange steht; in den Magroven können sie, wie ich schon dargelegt habe, aus dem salzhaltigen Boden nur schwer Wasser entnehmen, während es hier leicht erhältlich war.


1) R. H i n t z hat in einer Arbeit, die in Schwendeners Institut entstanden ist, verschiedene Laubblätter einheimischer Bäume beschrieben, z. B. von Quercus pedunculata, Populus alba, tremula u. a. Der Blattrand hat hier eine mehrschichtige Epidermis; aber wenn diese auch als ein lokaler Wasserpeicherungsapparat aufgefaßt werden kann, so deuten doch die verdickten Wände darauf hin, daß ihre Hauptaufgabe in mechanischen Leistungen besteht, indem sie zur Erhöhung der Festigkeit des Blattrandes dienen. Auch bei verschiedenen tropischen Laubblättern kommen ähnliche Erscheinungen vor. Wie diese, so rechne ich auch die farblosen Zellen, die besonders bei den Gramineen über den Gefäßbündeln liegen, nicht zum Wassergewebe; sie bilden wohl nur einen Bestandteil der I-Träger und haben mit unserem Thema keinen Zusammenhang.



In Peradeniya fand ich keinen Unterschied zwischen den Blättern, die in der Sonne, und denen die im Schatten wuchsen. Denn wenn auch die Transpirationsstärke der Blätter verschieden war, so hatten sie doch alle immer eine genügende Wasserzufuhr. Anders ist das Verhältnis dagegen in den Mangroven; hier leiden die Blätter zu gewisswn Zeiten an Wassermangel und wegen der stärkeren Transpiration ganz besonders die Sonnenblätter. Deshalb finden wir z. B. bei Rhizophora, Sonneratia u. a. das Wassergewebe oft bei den Sonnenblättern im Verhältnis zu den Schattenblättern doppelt so kräftig ausgebildet.

Noch bessere Beispiele bieten verschiedene Cyanotisarten, die auf sehr trockenen Standorten in Peradeniya ein mächtiges Wassergewebe ausbilden. Werden sie aber in nassen Boden eingespflanzt, dann verlieren sie sehr bald die alten Blätter; die neuen werden größer und dünner, und das Wassergewebe wird zugleich in viel geringerem Maße ausgebildet. Ich stellte auch mit einer andren Commelinacee Versuche an, nämlich mit Aneilema spiratum. In der freien Natur hat sie immer eine 2-3schichtige Epidermis; es scheint mit jedoch wahrscheinlich, daß das Wassergewebe vollständig verschwinden kann, wenn die Pflanze längere Zeit in ganz feuchtem Boden wurzelt; meine Versuche reichen jedoch nicht aus, um die Frage endgültig zu entscheiden.

Aus den angeführten Experimenten, auf welche ich übrigens im letzten Abschnitt wieder zurückkommen werde, geht hervor, daß das Wassergewebe in seiner Ausbildung in nächster Beziehung zur Wasserzufuhr und Transpiration steht.

Meine Untersuchungen haben weiter klargelegt, daß das Wassergewebe durchaus kein xerophytisches Merkmal ist, sondern nur ein Schutzmittel gegen eine vorübergehende starke Verdunstung.

Unter xerophytischen Merkmalen verstehen wir nur solche, die als Anpassung an eine lange Trockenperiode aufzufassen sind; wie wir aber gesehen haben, findet sich das Wassergewebe bei einer großen Anzahl von Pflanzen, die gar nicht xerophytisch leben, sondern nur ganz kurze trockene Perioden auszuhalten haben.

In dem Kapitel über Transpiration habe ich hervorgehoben, daß sich die Verdunstung in den Tropen ganz anders abspielt als in dem europäischen Klima. Es ist deshalb auch zu erwarten, daß sich das tropische Laubblatt in anatomsicher Beziehung vom europäischen unterscheidet. Bei vielen tropischen Laubblättern finden sich Speicherzellen, die durch Abgabe ihres Wassers ein Austrocknen der übrigen Zellen verhindern.

Unter den europäischen Laubblättern besitzen nur sehr wenige ein Wassergewebe. Von den nordeuropäischen sind mir nur einige Coniferen und Ilex Aquifolium als solche bekannt, deren Blätter eine zweischichtige Eperdermis haben. Ilex Aquifolium geht in Norwegen ungefähr bis Molde hinauf und hält sich überall in der Nähe der Küste, aber nur dort, wo der Winter mild ist. Nicht allein durch die verdickte Kutikula und die mehrschichtige Epidermis, sondern vielmehr noch durch sein Äußeres mutet dieser Strauch uns eigentümlich an; mit den großen, prächtig grünen, spiegelglänzenden Blättern ist er eine vereinzelte und höchst fremdartige Erscheinung in unserer Flora.

A r e s c h o u g1) macht uns darauf aufmerksam, daß bei den Pflanzen eines kälteren Klimas das "Hypoderm" ganz und gar vermißt wird. Er führt als Grund hierfür an, daß die Dünnwandigkeit dieses Gewebes und der große Wasserreichtum seiner Zellen bewirke, daß es gegen Kälte sehr empfindlich ist.


1) Areschoug, Der Einfluß des Klimas auf die Organisation der Pflanzen etc.
Englers botanische Jahrbücher, Bd. 2 (1882), S. 517.



Diese Bemerkung wird hinfällig, wenn man bedenkt, daß noch alle lebenden Zellen Wasser in ihrem Protoplasma enthalten und kaum in geringerem Grade als die Zellen des Wassergewebes dem Erfrieren ausgesetzt sind. Von den Mittelmeerpflanzen habe ich eine große Anzahl der Haupttypen untersucht, habe aber das Wassergewebe bei keiner gefunden. Das Wassergewebe kommt also beinahe ausschließlich bei den tropischen und subtropischen Laubblättern vor. Es ist darauf angewiesen, täglich gefüllt zu werden, und hierzu bieten die Tropen mit der reichlichen Taubildung in der Trockenzeit wie in der Regenzeit das ganze Jahr hindurch Gelegenheit.

Aber auch dort ist es nicht so allgemein verbreitet, wie man vielleicht annehmen könnte. Die Ausbildung des Wassergewebes steht mit den klimatischen und Standortsverhältnissen in engstem Zusammenhange; deshalb ist es in vielen feuchten tropischen Gegenden überhaupt nicht vorhanden, an anderen trockneren Orten dagegen ohne Ausnahme ausgebildet.

Die vorhergehenden Untersuchungen haben uns gelehrt, daß bei den Bäumen der feuchtesten Gegenden Ceylons ein Wassergewebe nicht vorhanden ist; die Beobachten bezogen sich zumeist auf endemische Bäume, die also dort entstanden sind. In dieser Zone fällt ein ganz regelmäßiger Regen, jährlich 5-6 m in 200-220 Tagen; diese Regentage liegen über das ganze Jahr ziemlich regelmäßig verteilt, und selbst wenn kürzere Trockenperioden eintreten, bleibt doch die Luft feucht, und der Boden wird nie ganz trocken.

Auf S. 67 habe ich ein Verzeichnis von den 60 gewöhnlichsten Bäumen des feuchten Lieflandes gegeben. Es sind dies durchweg rein tropische Bäume; die meisten steigen sogar nicht höher als bis zu 1000 Fuß. Von diesem 60 besitzen nur zwei, die aber anch anderen Autoren dieser Zone gar nicht angehören, Wassergewebe. Es kommen hier sogar Cycas circinalis und Ficus infectoria vor, bei denen man das Wassergewebe doch bestimmt erwarten möchte, weil es andere sehr nahestehende Arten besitzen. Cycas circinalis ist ganz xerophytisch gebaut; die Kutikula ist sehr stark ausgebildet, und die Spaltöffnungen sind etwas eingesenkt.

Dagegen findet sich unter den Sträuchern, die das Unterholz bilden, verschiedene, die Wassergewebe besitzen, z. B. einige Scitamineen; es sind aber durchweg Arten, die mit ganz kleinen Wurzeln versehen sind. Im Innern des Waldes können die Pflanzen in der Mittagsstunde ziemlich kräftig transpirieren. Der Tau bleibt an gewöhnlichen Tagen ungefähr bis 10 Uhr liegen, und von da ab verdunsten sie bis 3 oder 3 1/2 Uhr so lebhaft, daß die Blätter nachmittags erschlafft oder wenigstens nicht ganz turgeszent erscheinen. Wenn solche Pflanzen mit dünnen Blättern und schwach entwickelten Wurzeln nicht mit Wassergewebe versehen wären, würden sie an solchen Standorten kaum exitieren können. Ich verweise auf meine Transpirationsversuche mit Canna indica, die unter Umständen sehr hohe Werte ergaben. Ohne Wassergewebe wäre es dieser Pflanze kaum möglich, das tropische Klima auszuhalten; denn schon bei ihrer jetzigen Struktur zeigt sie an heißen Tagen eine große Erschlaffung der Blätter. Ein anderes Schutzmittel gegen zu starke Verdunstung besitzt sie aber sonst nicht, ebensowenig wie die übrigen Scitamineen.

Auch die Palmen dieser Gegenden zeigen kein Wassergewebe, insoweit sie im Innern der Wälder leben (z. B. Caryota urens u. a.).

Bei den Strandpflanzen, die im feuchten Sande am Meere wachsen, wird das Wassergewebe nicht ausgebildet, weil das Grundwasser dort süß ist. Dagegen ist es ohne Ausnahme bei den Mangrovegewächsen vorhanden. Bei den Dünenpflanzen ist es nur in einzelnen Fällen und zwar oft als inneres Wassergewebe ausgebildet.

Bei den Halophyten, die in der Tonerde wurzeln, kommtgleichfalls ein Wassergewebe vor. An vielen Orten Ceylons liegen diese 4 Formationen unmittelbar nebeneinander; trotzdem verhalten sie sich sowohl in systematischer als auch in anatomischer Beziehung durchaus verschieden.

Es ist hierbei zu bemerken, daß die Mangrovengewächse und Tonerdepflanzen in den Mittagsstunden sehr stark verdunsten, und daß eine schnelle Wasseraufnahme aus dem salzhaltigen Substrat sehr schwierig ist; deshalb wird das Wassergewebe notwendig.

Während das Wassergewebe bei den Laubblättern des feuchten Tieflandes nicht ausgebildet wird, ist es in den Hochgebirgen, besonders in der Höhe zwischen 5000-7000 Fuß überaus häufig.

Nach Mr. V i n c e n t habe ich (Seite 113) ein Verzeichnis der dortigen Charakterbäume wiedergegeben; ungefähr 20% von diesen besitzen ein Wassergewebe. Es stellt sich jedoch heraus, daß die Bäume, die an sehr exponierten Standorten wachsen, kein Wassergewebe ausbilden, sondern mit umfassenderen Schutzmitteln gegen Austrocknen ausgestattet sind, wie z. B. mit eingesenkten Spaltöffnungen, sehr verdickter Kutikula, starker Haarbildung usw.

Ein sehr gutes Beispielt bietet der höchste Gipfel von Ceylon, Pedro-Talagala. Unten auf dem Hochplateau (ungefähr 6200 Fuß) finden sich viele Bäume (Rhododendron, Symplocos, Photinia usw.), deren Blätter ein Wassergewebe haben; auf dem Gipfel (ungefähr 8200 Fuß) besitzt aber kein einzige Baum ein solches. Hier haben die Pflanzen immer mit einer schwierigen Wasserversorgung zu kämpfen; denn die Transpiration ist stark, das Regenwasser fließt rasch ab und läßt den Boden trocken; außerdem ist die Taubildung in der Nacht gering.

Das das subepidermale Wassergewebe bei Pflanzen, die sehr xerophytisch gebaut sind, durchweg nicht vorkommt, so haben auch die echten Xerophyten Ceylons, Sanseveria, Aloe usw. kein Wassergewebe; es würde bei längeren Trockenperioden doch nicht ausreichen.

Bei einjährigen tropischen Pflanzen erscheint das Wassergewebe nur selten; ebenso haben gewisse Familien, wie z. B. die Combretaceen, Myrtaceen usw., nicht oder nur in sehr geringem Grade die Fähigkeit, ein solches auszubilden.

Meine Experimente haben gezeigt, wie überaus abhängig die Ausbildung des Wassergewebes von den äußeren Umständen ist; auch in der freien Natur finden sich verschiedene Beispiele dafür, daß die Wassergewebe bei derselben Art in sehr verschiedenem Maße ausgebildet sein können.1)

Pteris aquilina besitzt bei uns meines Wissens in Deutschland kein Wassergewebe, dagegen ist dies auf Ceylon ganz ausgeprägt; die Epidermis ist stets zweischichtig. Sonst ist die Anatomie dieselbe.

Pteris aquilina ist bekanntlich eine sehr kosmopolitische Pflanze. Auf den Hochplateaus (ungefähr 5000 Fuß) kommt sie oft in großen Massen vor, uns zwar auf ähnlichen Standorten wie bei uns. Sie gehört besonders zu den frühesten Erscheinungen nach dem Savannenbrande. Ich habe Exemplare aus verschiedenen Gegenden Ceylons untersucht, und immer war das Wassergewebe vorhanden. (Vergl. die später von B o o d l e gemachten Untersuchungen.)

Daß das Wassergewebe bei derselben Art vorkommen oder fehlen kann, ist uns insoweit nicht neu, als ich bei der Besprechung von Ilex Walkerii schon ein ähnliches Beispiel erwähnte; ich zeigte dort, daß sich mit Rücksicht auf das Wassergewebe drei Formen vorfänden, die je nach den Verhältnissen des Standortes ausgebildet würden. In einem Fall ist das Wassergewebe überhaupt nicht vorhanden, in einem anderen nur sozusagen rudimentär entwickelt, und im dritten Fall ist es ganz ausgeprägt.


1) Ein ganz analoges Beispiel wird auch von Goebel (Biol. Schilderungen, III. Teil, S. 181) erwähnt; bei einem Lebermoose, Frullania dilatata, hat er nachgewiesen, daß, wenn es andauernd feucht kultiviert wird, die Bildung der sogenannten Wassersäcke auf auf lange Strecken an den Sprossen unterbleibt.



Bei Ficus glomerata, die sehr häufig an den Flußufern wächst, in der Regel so, daß die Blätter beständig vom Wasser berührt werden, bilden die Blätter entwerder kein Wassergewebe aus, oder es zeigen nur einzelne Epidermiszellen Tangentialwände. In der Nähe von Peradeniya wuchsen jedoch einige Exemplare etwas vom Ufer enfernt; bei diesen war eine zweischichtige Epidermis vorhanden. Sonst zeigten die Blätter dieselbe Bauart und waren gar nicht xerophytisch; sie hatten eine sehr dünne Kutikula und sogar etwas vorgeschobene Spaltöffnungen (vergl. Taf. XIV, Fig. 80 u. 81).

Von anderen ähnlichen Beispielen erwähne ich nur die epiphytische Ficus Thwaitesi, weil die Blätter dieser Art polymorph sind. Die jungen Pflanzen sind niederliegend, dem Substart angedürckt; sie kriechen zwischen dem Moos auf den Baumstämmen dahin. Die Blätter sind auf dieser Entwicklungsstufe gelappt und ganz dünn; die Kutikula ist nicht verdickt, und ein Wassergewebe fehl vollständig. Es ist uns durchaus verständlich, daß es so sein muß; denn die Blätter liegen immer geschützt im Schatten der umgebenden Pflanzen und werden zu stärkerer transpiration nicht angeregt. Süäter wachsen die jungen Zweige in die Luft heraus; sie erreichen oft eine Länge von mehreren Fuß. Die Transpirationsbedingungen der Blätter werden hierdurch selbstredend andere. Schon die äußere Form ändert sich, sie erscheinen oval und lederartig; die Kutikula ist stark verdickt, und unter der Epidermis liegt ein 3-4schichtiges Wassergewebe. Da es mir in diesem Falle nicht auf Zahlen ankahm, so stellte ich keine Wägungen an, um die Transpirationsgröße zu messen; es zeigte sich aber, daß, wenn Exemplare ohne Wassergewebe neben solche mit Wassergewebe in die Sonne gestellt wurden, die ersteren schon nach einer halben Stunde verwelkten, während die letzteren den ganzen Tag unverändert blieben (vergl. Fig. 104-105).

Die Epiphyten zeigen gleichfalls eine gewisse Neigung zur Bildung von Wassergeweben. Bei den Orchideen und bei Rhipsalis ist es allerdings nicht vorhanden; sonst finden wir es aber bei sämtlichen phanerogamischen Epiphyten. Da ich dies aber auf Seite 138 behandelt habe, verweise ich hierauf. Ich möchte nur betonen, daß auch diese durch ihren anatomischen Bau beweisen, daß das Wassergewebe kein xerophytisches Merkmal ist, sondern nur ein Schutzmittel gegen eine vorübergehende starke Verdunstung 1).

Die Peperomien, verschiedene Cyanotisarten u.a. mit sehr großem Wassergewebe können ganz gut eine Trockenperiode von 2-3 Wochen überstehen, während dünnblättrige Pflanzen oder Bäume, wie z.B. verschiedene Strobilanthesarten, Ficusarten mit zweischichtiger Epidermis u.a. nicht ohne Wasser aushalten, wenn sie in Töpfe eingepflanzt sind. In der freien Natur liegen die Verhältnisse allerdings günstiger. Ein Wassermangel tritt dort nicht so schnell ein; denn auch wenn das Substrat längere Zeit wasserarm bleibt, so wird dem Wassergewebe durch den starken Tau im Laufe der Nacht das verdunstete Wasser ersetzt. Es sind nicht geringe Feuchtigkeitsmengen, die die tropischen Pflanzen auf diese Weise aufnehmen. Man kann den Nutzen des Tauwassers am besten dadurch nachweisen, daß man abgeschnittene Zweige, z.B. von Cyanotis fascicularis, den ganzen Tag austrocknen läßt; das Wassergewebe zeigt dann durch starkes Schrumpfen, daß es sein Wasser abgegeben hat; aber am folgenden Morgen sind die Blätter, wenn sie im Freien gelegen haben, wieder ganz turgeszent und von Tautropfen ganz bedeckt.

Bei den vorher erwähnten Modifikationen von Cyanotis zeylanica war es ganz auffallend, wieviel länger die Pflanzen mit Wassergewebe Trockenheit aushalten können als die ohne solches. Ähnliche Beobachtungen machte ich auch bei verschiedenen Begonien; allerdings handelt es sich in diesem Falle um verschiedene Arten.


1) Da das dünnwandige Wassergewebe für längere Trockenperioden nicht ausreichen würde, so findet wahrscheinlich eine Verstärkung der Wände statt, wenn es zugleich mit ausgesprochen xerophytischen Merkmalen auftritt.



In seiner schon zitierten Arbeit: "Anatomisch-physiologische Untersuchungen über das tropische Laubblatt" hat H a b e r l a n d t hervorgehoben, daß das Wassergewebe ein Schutzmittel gegen ein kurze, vorübergehende Verdunstung ist. Im vorhergehenden habe ich genügend betont, daß ich dieser Ansicht vollauf beipflichte. H a b e r l a n d t1) sagt u.a.: "Die Ausbildung von Wasserreservoiren wird dagegen um so mehr am Platze sein, als ihre tägliche Füllung in den Nachmittags- und Nachtstunden, wenn die Transpiration auf ein Minimum herabgesunken ist, zugleich eines der Mittel vorstellt, durch welches die von dem sehr bedeutenden Wurzeldruck emporgepresste Wassermenge, welches die Durchlüftungsräume zu injizieren droht, gewissermaßen beseitigt ist." Das Wassergewebe fungiert also, wie H a b e r l a n d t weiter hervorhebt, als Innundationsgebiet zur Aufnahme des vom Wurzeldruck in reichlichen Mengen emporgetriebenen Wassers.

Die große Bedeutung des Wassergewebes liegt jedoch darin, daß es von außen gefüllt werden kann, und unabhängig von der Tätigkeit der Wurzeln als Regen- und Tauwasserreservoir fungiert.

Ich habe wiederholt von der reichlichen Taubildung in den Tropen gesprochen; meine Versuche zeigen, welche Rolle die große Feuchtigkeit für die Transpiration spielt. Die ganze Nacht ist die Luft mit Wasserdampf gesättigt, mit wenigen Ausnahmen im Jahr liegen die Tautropfen jeden Morgen auf den Feldern und Pflanzen so reichlich, daß sie den Schein erwecken, als hätte ein kräftiger Regen soeben aufgehört. Und so ist es sowohl in den trocken- als auch feuchtwarmen Gegenden.


1) Haberlandt, l. c. S. 31.


Ich habe verschiedene Pflanzen mit Wassergewebe (besonders Epiphyten) die Wurzeln abgeschnitten: wenn sie auch den ganzen Tag über transpiriert hatten, erlangte das Wassergewebe doch in der Nacht durch die Taubildung seine volle Turgeszenz und beinahe das ursprüngliche Gewicht wieder.

Es ist durchaus nichts Neues, daß die Blätter Wasser aufnehmen können; sowohl G o e b e l1) wie S c h i m p e r2) erwähnen verschiedene Beispiele aus der familie der Bromeliaceen. Allerdings scheinen nach diesen Forschern die Blätter immer mit Wasser absorbierenden Schuppen besetzt zu sein3).

Daß das Wassergewebe darauf eingerichtet ist, sein Wasser durch die Epidermis zu erhalten, geht auch aus einer Tatsache hervor, die sonst ganz unerklärlich wäre, und mit allen Erfahrungen in Wiederspruch stehen würde. Bei Lumnitzera coccinea, L. racemosa, Laguncularia racemosa, Salvadora persica usw. sind die Nervenenden von den großen und zahlreichen Speichertracheiden umgeben, die aber im Wassergewebe liegen; das eine Gewebe, das dieselbe Aufgabe hat wie das andere, ist also in dieses eingeschaltet. Hierin liegt jedoch nichts Sonderbares, da wir wissen, daß die Speichertracheiden ihr Wasser durch die Gefäße erhalten, während das Wassergewebe in anderer Weise versorgt werden kann. Die Natur versucht also durch zwei verschiedene Mittel die Blätter gegen Austrocknen zu schützen (Vergl. Fig. 106-108 auf Taf. XVI.)


1) Goebel, Pflanzenbiologische Schilderungen, III. Teil, Epiphyten.
2) Schimper, Die epiphytische Vegetation Amerikas.
3) Vergl. Burgerstein, Die Transpiration der Pflanzen, S. 230.




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[IV. Epiphyten und Lianen] [Der Laubfall in den Tropen]


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