Die Transpiration der tropischen Gewächse.


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Wie ich schon in der Vorrede hervorgehoben habe, beziehen sich die vorliegenden Untersuchungen auf den Zusammenhang zwischen Bodenbeschaffenheit und äußeren Lebensbedingungen auf der einen Seite und Bau und Funktion der Pflanzengewebe auf der anderen. Im besonderen kommt es mir darauf an, zu zeigen, welche Bedeutung der Transpiration in bezug auf die Ausbildung der pflanzlichen Gewebe zufällt.

Es ist deshalb notwendig, bevor ich die Resultate meiner Studien darstelle, einige Bemerkungen über die Formation und die meteorologischen Verhältnisse der Insel vorauszuschicken. Ich habe gerade Ceylon als Aufenthaltsort gewählt, weil in dem einen Gebiete dieser Insel die tropische Vegetation ihre mächtigste Üppigkeit entfaltet, während andere Provinzen derselben unter einer monatelangen Trockenheit leiden. Hieraus erhellt, daß wir dort besonders den engen Zusammenhang zwischen dem Vegetationscharakter und dem Klima an augenfälligen Beispielen nachweisen können.

Die Insel Ceylon liegt zwischen dem sechsten und zehnten Grade nördlicher Breite. Das Zentrum des südlichen Teiles bildet ein ausgedehntes Gebirgsland, das nach Süden schroff abfällt, gegen Norden aber in gleichmäßigem Gefälle in die Ebene übergeht. Diese Gebirgsmassen üben auf das Klima der Insel einen großen Einfluß aus; denn, obgleich der südwestliche Monsun, der ungefähr 17 Wochen andauert, besonders in den Monaten Mai, Juni und Juli viel Regen bringt, beschränkt die Konfiguration der Gebirge diese Regenmassen ausschließlich auf die südwestlichen Provinzen. Wenn die südwestlichen Monsunwinde die 7000-8000 Fuß hohen Berggipfel passieren, verlieren sie ihre Feuchtigkeit und sind auf der anderen Seite in trockene warme Winde verwandelt; sie streichen nun über die nördlichen nnd südöstlichen Teile des Landes hinweg und verleihen diesen Gegenden einen wüstenartigen Charakter. (Ähnliche Verhältnisse herrschen auch in Süd-Indien, in der unmittelbaren Nähe von Ceylon; auf der äußersten Spitze der großen Halbinsel befindet sich eine Landschaft in der Nähe von Madura, welche die Pflanzenformationen der Wüste wiederholt, weil auf den rings sie umschließenden Bergketten alle Feuchtigkeit verloren geht.)

lm Oktober, November und Dezember herrscht der nordöstliche Monsun, der eine Regenperiode auf der ganzen Insel bedingt, so daß in den südwestlichen Teilen also zwei Regenperioden im Jahre vorkommen. In den nördlichen Provinzen steht während dieser Zeit die Erde für einige Wochen vollständig unter Wasser; aber trotzdem hat gerade dieser Teil der Insel im ganzen ein sehr trockenes Klima, und wenn die populären Reisebeschreibungen von den mürchenhaften Schönheiten der Vegetation auf Ceylon erzählen, so beziehen sich diese poetischen Schilderungen nur auf den kleineren südwestlichen Teil. Genauere Daten 1) über die angedeuteten geographischen und klimatischen Verhältnisse sind in der gegenüberstehenden graphischen Darstellung enthalten.


1) Vergl. F. H. Grinlintons offiziellen Administrationsraport. Zusammengestellt 1899. Colombo.



Die Zahlen an den Kurvenlinien geben die Mengen der Regentage der einzelnen Monate an1). Von den angegebenen Orten liegen Nuwara-Eliya und Yatiyantota im Inneren des Landes, und zwar in den regenreichen zentralen Provinzen des Südens, Jaffna und Mannar an der Küste im Norden, wo das Klima durchaus wüstenartig ist.


1) 1 engl. Fuß = 0,3048 m, 1 inch = 25,39 mm

Die Temperatur ist in dem Tieflande überall so ziemlich dieselbe; die wärmste Zeit fällt sowohl in den feuchten wie in den trockenen Gegenden in den April, die kühlsten Monate sind Dezember und Januar. Das Hochland (ungefähr 6000 Fuß über dem Meeresspiegel) hat eine angenehme kühle Temperatur; im Januar ist dort das Gras morgens sogar mit Reif bedeckt, und die Teiche sind bisweilen leicht zugefroren. Einige Temperaturangaben (in C°) werden das Gesagte klarer machen.





Meine erste Aufgabe war, die täglichen Schwankungen der Transpirationswerte zu ermitteln, um hieraus einen Aufschluß über die Bedeutung und Verbreitung des Wassergewebes zu erhalten und außerdem auch einige Anhaltspunkte für die Erklärung der Anatomie tropischer Blätter überhaupt zu gewinnen. Daß die Transpirationsverhältnisse in Europa und in den Tropen durchaus verschiedene sind, ist selbstverständlich; ob wir nun bei den "Tropen" an feucht-warme, feucht-kühle oder trockene Gegenden denken: immer finden wir dort andere Transpirationsbedingungen. Im grunde ist dies aber das einzige, was sicher feststeht; denn die lebhafte Polemik zwischen H a b e r 1 a n d t und G i l t a y hat in hohem Grade dazu beigetragen, Zweifel an der Richtigkeit der früher ermittelten Transpirationswerte in den Tropen zu erregen. Obgleich ich weder der einen noch der anderen theoretischen Erörterung, auf die ich noch zurückkomme, ohne weiteres beipflichten kann, muß ich doch hervorheben, daß mir die faktischen Angaben beider Forscher bei meinen Arbeiten von wesentlichem Nutzen gewesen sind. Während meines ersten Aufenthalts in den Tropen hatte ich in Buitenzorg Gelegenheit, G i l t a y s Untersuchungen täglich zu beobachten, und mich dabei von der Genauigkeit zu überzeugen, mit der seine Studien ausgeführt wurden. Ich habe mich deshalb vollständig nach den von ihm angewandten Methoden gerichtet, wie er sie auch in seinen "Vergleichenden Studien über die Stärke der Transpiration in den Tropen und im mitteleuropäischen Klima" 1) beschreibt.

Ich verwendete also nur Topfpflanzen; die Töpfe wurden in Zinkgefäße gestellt und mit Korken befestigt. Der Rand dieser Gefäße war flach und mit einem Deckel versehen, der aus zwei Teilen bestand, die mit den Rändern ineinander geschoben werden konnten. In der Mitte war eine Öffnung für den Stengel, die ich, soweit sie nicht von diesem ausgefüllt wurde, mit einem durchbohrten Kork und mit Stahlschem Fett verschloß. Hiermit wurden auch die Zwischenräume zwischen dem Deckel und dem Topfrand hermetisch verschlossen. In dem Deckel waren außerdem noch zwei Öffnungen, die mit Kork verschlossen waren. Die eine diente zum Eingießen von Wasser, falls die Erde austrocknen sollte, und durch die andere ging das Thermometer zur Messung der Wärme im Topfe. Vergiftungserscheinungen durch das Zink kamen nie vor.


1) Jahrb. f. wissensch. Botanik. XXX, 1897, p. 615.

Der in einem gewissen Zeitraum stattfindende Wasserverlust wurde berechnet pro Stunde und qcm Blattoberfläche.

Zur Ermittelung der Größe der Oberfläche kam die bekannte Methode zur Anwendung, wonach der Umriß des Blattes auf einen Bogen Papier aufgezeichnet und die Fläche des ausgeschnittenen Blattes durch Wägung des Papiers ermittelt wird. Die Stengeloberfläche blieb, wenn nicht anders hervorgehoben, unberücksichtigt, da sie nur in wenigen Fällen von Einfluß auf die Resultate sein konnte. Die Temperatur in der Erde des Topfes war immer dieselbe wie bei Freilandspflanzen, was ich durch vergleichende Messungen konstatierte. Die Töpfe wurden durch Tücher, Blätter usw. gegen die Einwirkung der Insolation geschützt. In bezug auf den Einfluß der Bodentemperatur weist schon G i I t a y darauf hin, daß derselbe innerhalb weiter Grenzen nicht groß ist. Die Pflanzen standen frei wie auf natürlichem Standort, bald an Stellen, wohin gar kein Schatten fallen konnte, bald in dichtem Gebüsch. In der Nacht ließ ich in der Regel die Pflanzen ganz im Freien, so daß der Einfluß des Taues beobachtet werden konnte, wollte ich doch unter anderem auch gerade wissen, in welchem Verhältnis die Transpiration in der Nacht zu der des Tages stehe.

Ehe ich nun zu einer eingehenden Besprechung meiner Resultate übergehe, lasse ich eine typische Auswahl meiner Temperatur- und Feuchtigkeitsmessungen folgen. Ich benutzte immer das bekannte Pschychrometer von A s s m a n n (konstruiert von R.  F u e s s). Die relativen Feuchtigkeitsprozente wurden den Tafeln von J e 1 i n e k entnommen.

Die Transpirationsversuche wurden in Peradeniya ausgeführt, wenn anderes nicht angegeben ist.

Peradeniya liegt ungefähr 1600 engl. Fuß über Meereshöhe und 55 engl. Meilen von der Küste entfemt.






Jaffna liegt an der nördlichen Küste der Insel.


(Kaits, eine kleine Insel an der Nordküste.
Bandarawalla (in der unmittelbaren Nähe von Haputala).
Hacgala, 5581. engl. Fuß hoch gelegen (im mittleren südlichen Teil der Insel)
Haputala, 4800 engl. Fuß hoch gelegen (im südlichen Teil der Insel).
Elephant-Pass, liegt nur wenige Fuß über Meereshöhe. befindet sich in der Nordspitze von Ceylon.)





Durio zibethinus.


Die Pflanze, die ungefähr 1,5 m hoch war, besaß etwa 50 Blätter. Die Außenwand der oberen Epidermis war dünnwandig, die Palisaden beinahe lückenlos und nicht groß; das Schwammparenchym, das sich wenig von den Palisaden unterscheidet, ist gleichfalls nur mit wenigen Zwischenräumen versehen. Die Spaltöffnungen, die nur an der unteren Seite des Blattes vorkommen, sind nicht eingesenkt, und von den großen Schild- und Sternhaaren, die überall die Unterseite bedecken, vollständig überwölbt. Außer diesem Schutzmittel gegen eine zu starke Transpiration kommen auch große Schleimzellen in Betracht, die in der Epidermis der Oberseite ausgebildet sind. Die Zellen der letztgenannten Epidermis sind auffallend groß und nehmen ungefähr 1/3 des Blattquerschnittes ein. Die Radialwände sind sehr dünn und ziehen sich bei Wassermangel in kleine Falten zusammen, wodurch das Volumen der Zellen verkleinert wird. Bei den jüngeren Blättern sind die Epidermiszellen ganz erheblich kleiner. Dieser Unterschied in der Größe bedingt auch einen Unterschied in der Transpirationsfähigkeit, da die großen Epidermiszellen als Schutzmittel fungieren.

Gleich am ersten Tage, als ich meine Versuche mit diesem Gewächs begann, fand ich, daß in der Mittagsstunde die jungen Blätter erschlafften, während die. alten unverändert blieben. Wie ich an anderen Exemplaren feststellen konnte, erschien bei den jungen Blättem das ganz dünnwandige Blattgewebe zusammengeschrumpft, während bei den alten nur die Radialwände der Epidermiszellen an der Oberseite zusammengefaltet waren.

Durio zibethinus erreicht oft eine ganz bedeutende Höhe. Exemplare, die 80-100 Fuß messen, sind keine Seltenheit. Der Baum scheint die feuchtwarmen Gegenden zu lieben, wo keine größeren Trockenperioden vorkommen. In der Umgebung von Buitenzorg, wie überhaupt in Westjava, ist er sehr häufig" angepflanzt; er kommt dort von Batavia bis über 3000 Fuß über dem Meeresspiegel vor. Auf Ceylon ist es vorläufig nur wenig verbreitet. Doch ist hauptsächlich durch Herrn Dr. W i l l i s Interesse für den Gartenbau eine baldige Änderung in dieser Beziehung wahrscheinlich.

Nach den anatomischen Merkmalen zu urteilen, würde Durio zibethinus nur wenig transpirieren; dies bestätigten meine Versuche vollständig.





Am 9. Januar wurden die Pflanzen Abends auf eine Veranda gesetzt, und so fiel die Wirkung der Taubildung weg. Es ergaben sich folgende Resultate:





Die Versuche wurden in Peradeniya angestellt.



Phönix pusilla Gärtn.


Diese kleine Palme kommt besonders in den trockenen und wüstenartigen Gegenden des nördlichen Ceylon vor; sie bildet dort oft ein ganz undurchdringliches Gebüsch. Die Blätter sind dem Standort gemäß durchaus xerophytisch gebaut. Die Außenwand der Epidermis ist stark kutikularisiert; die Spaltöffnungen, die übrigens auf beiden Seiten vorkommen, sind etwas eingesenkt; auf beiden Seiten liegen große subepidermale Rippen von Bast; ferner ist das Blatt bilateral gebaut, ein Unterschied zwischen Palisaden und Parenchym ist im grunde nicht vorhanden; die Zellen sind ziemlich lückenlos miteinander verbunden. Die Gefäßbündel sind mit großen mechanischen Belegen versehen.

Zur Verfügung standen mir durch Herrn Dr. W i l l i s in Peradeniya einige ungefähr 2/3 m hohe Exemplare.





Um diese Resultate zu prüfen, fing ich in den letzten Tagen des Monats neue Versuche mit anderen Exemplaren an. Diese Versuche bestätigten die obigen Ergebnisse.






Vanilla Walkeriae.


Von dieser schlingenden Orchidee verwendete ich sehr schöne Exemplare; sie wächst in den trockenen Gegenden von Ceylon und Süd-Indien und gehört zu den wenigen dort häufig vorkommenden Orchideen. Dem trockenen Klima gemäß ist die Pflanze xerophytisch gebaut. Blätter kommen entweder gar nicht zur Ausbildung oder nur ganz rudimentär als schuppenartige Bildungen an der Spitze des langen, vierkantigen Stengels, der die Assimilation besorgt; er ist oft daumendick. Die Spaltöffnungen sind zwar nicht eingesenkt; aber durch einen reichlichen Schleiminhalt des Stengels und durch die stark entwickelte Kutikula oder Epidermiswand wird die Transpiration bedeutend herabgesetzt.

Ich experimentierte mehrmals mit einem meterlangen Exemplar. Vom 26. Februar 9.40 a.m. bis 28. Februar 10.45 a.m. transpirierte die Pflanze 0,7 g und vom 28. Februar 10.45 a.m. bis 3. März 9.30 a.m. 0,5 g pro 100 qcm. Die Pflanze verdunstete also in 5 Tagen zusammen kaum 3/2 g pro 100 qcm. Während der ganzen Zeit war das Wetter sehr schön, wie dies in der Trockenzeit gewöhnlich der Fall ist.



Phyllochlamys spinosa.


Ein kleiner Baum, der in den trockenen Gegenden Ceylons und Süd-Indiens (Koromandelküste) vorkommt; die etwas lederartigen Blätter haben eine kleinzellige Epidermis mit dünner Außenwand; unter der Oberfläche liegt ein großes Wassergewebe. Die Blätter sind nicht xerophytisch und die Spaltöffnungen nicht eingesenkt; allerdings haben die Gefäßbündel ziemlich kräftige Bastbeläge.






Calamus Thwaitesii.


Wie die meisten Kalamusarten, so kommt auch diese nur in den feuchten Gegenden vor; die Blätter sind dünn und biegsam; die Außenwand der Epidermis ist kaum kutikularisiert, die Spaltöffnungen sind nicht eingesenkt. Unter der Epidermis der Oberseite befindet sich hier und dort eine Reihe von Zellen, die als Wassergewebe erscheinen. In Ceylon kommen die übrigen 9 Kalamusarten mit Ausnahme von einer (C.  R o t a n g) gleichfalls in den feuchten Regionen vor; diese haben wahrscheinlich alle dieselbe Bauart wie C. Thwaitesii.






Opuntia Dillenii


gehört zu den gewöhnlichsten Strandpflanzen Ceylons, auch in den inneren Teilen der Insel kommt sie vor; besonders liebt sie die sandigen trockenen Gegenden, wo oft monatelang der Regen ausbleiben kann. Sie bildet an vielen Orten ein undurchdringliches Gebüsch und nimmt oft große Strecken ein, wie dies aus einer später folgenden Photographie auch deutlich hervorgeht. Die Pflanze ist ursprüinglich von Südamerika eingeführt; auf Ceylon ist sie jedoch über 100 Jahre zu Hause, Die Cacteen transpirieren bekanntlich sehr wenig (vergl. N o I I s Beobachtung). Die Kutikula ist nicht besonders verdickt; die Spaltöffnungen sind etwas eingesenkt und die Oberfläche von einer Wachsschicht bedeckt. Das wichtigste Schutzmittel der Opuntia Dillenii gegen zu starke Transpiration liegt jedoch in ihrem Reichtum an Schleim. Die Wurzeln sind verhältnismäßig klein.





Nach meinen Beobachtungen transpirieren also ungefähr meterhohe Pflanzen sclbst in der trockensten Zeit nur einige g pro Tag. Das Wetter war warm und windig, der Himmel völlig wolkenlos.



Sansevieria zeylanica.

(Taf. V, Fig. 27.)

Diese Pflanze kommt in den trockensten Gegenden Ceylons vor, oft mit Opuntia Dillenii zusammen; sie hält sich monatelang ohne Wasser frisch, die Blätter sind dick und fleischig wie bei einer Aloe. Sie zeigt ganz ausgeprägte Schutzmittel gegen zu starke Transpiration; die Außenwand der Epidermis ist sehr kräftig kutikularisiert und mit einem Wachsbelag versehen. Die Spaltöffnungen liegen tief eingesenkt.





In 17 Tagen transpirierte die Pflanze, die ungefahr fußhoch war und 6 bis 7 Blätter besaß, 0,76 g täglich pro 100 qcm. In bezug auf die meteorologischen Angaben während der Beobachtung von Sansevieria zeylanica vergl. Seite 11.



Canna indica.


Diese Pflanze, die ja auch in zahllosen Varietäten bei uns in Gärten kultiviert wird, ist überall auf Ceylon verbreitet, und wächst wie so viele Scitamineen auf etwas feuchten Stellen. Die großen, 15 bis 45 cm langen Blätter haben ungefähr dieselbe lanzettliche Form wie unsere gewöhnliche Gartenvarietät. Die Anatomie des Blattes bietet nur wenig Interesse; die Außenwand der kleinzelligen Epidermis ist ganz dünn; unter derselben liegt ein einschichtiges Wassergewebe, die Spaltöffnungen sind nicht eingesenkt. Mit Bezug auf die spätere Erklärung der Bedeutung des Wassergewebes bemerke ich, daß die Wurzenl nur klein und knollenförmig ausgebildet sind. Die Exemplare, die ich bei meinen Versuchen verwendete, stammten aus einem Walde in der Nähe von Peradeniya; der Standort war wohl einige Stunden täglich der Sonne ausgesetzt, meist lag er jedoch im WaIdschatten. Der Boden war nicht besonders feucht.






Colocasia antiquorum


ist eine auf Ceylon und in den wärmeren Gegenden Indiens sehr verbreitete Aracee. Sie wird wild und kultiviert angetroffen und wächst mit Vorliebe auf feuchten Standorten. Die Blätter haben ein Aussehen wie bei dem gewöhnlichen Treibhaus-Caladium; sie sind herzförmig und erreichen eine Länge bis zu 40 cm und eine Breite bis 30 cm. Die Kutikula ist sehr dünn; die Spaltöffnungen sind nicht eingesenkt. Die Unterseite des Blattes ist mit einem bläulichen Wachsüberzug versehen, der augenscheinlich die Transpiration erheblich herabsetzt; denn nach dem Entfernen desselben steigt die Verdunstung ganz auffallend. Die Pflanze wächst am Rande von Reisfeldern. Die Versuche wurden im Schatten angestellt.








Cymbidium bicolor1).
(Vergl.
Taf. VIII Fig. 43.)




Alstonia scholaris1).
{
Taf. XIII Fig. 61.)





1) Nähere Angaben über die Anatomie dieser Pflanzen finden sich in meiner Abhandlung "Anatomisch.physiologische Untersuchungen aus den Tropen". Sitzungsberichte der Königl. preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1902, S. 11 resp. 13



Nicotiana tabacum.


Mit Tabakpflanzen wurde eine größere Anzah] von Messungen vorgenommen. Zu den unten angeführten Tabellen ist zu bemerken, daß Nr. I in einem dichten Gebüsch stand, wo kaum ein Sonnenstrahl hinkam; hier blieb der Tau oft sehr lange liegen, bisweilen - an windlosen, aber doch sonnigen Tagen - waren bis 1 Uhr nachmittags noch die Tautropfen zu sehen. Nr. II stand im Freien, aber doch etwas beschattet. Nr. III war vollständig unbeschattet. Der 17. Februar war ein sehr heißer Tag und Nr. II und III gingen bei der Gelegenheit ein. Nun wurde Nr. I auf den Platz von Nr. III gestellt. Nr. IV diente zu Versuchen in den wüstenartigen Gegenden Nord-Ceylons (Jaffna); es stand auf einem offenen Platz und war den ganzen Tag den Sonnenstrahlen ausgesetzt. Der Tabak wird in diesen Gegenden viel kultiviert, muß aber ein- bis zweimal täglich künstlich bewässert werden 1).






1) Über die meteorologischen Verhältnisse vergl. Seite 11 (Peradeniya).






Asplenium Nidus.


Dieser epiphytische Farn gehört zu den größten Zierden der feuchtwarmen Wälder in Ceylon. In der von G ö b e l 1) schon beschriebenen, bekannten Weise sammeln sich in den Blattrosetten mehr oder weniger zersetzte Blattmassen mit Humus gemischt an. Infolge der Feuchtigkeit, die hier immer vorhanden ist, leidet die Pflanze nie an Wassermangel. Anpassungen gegen zu starke Transpiration werden deshalb nur in geringem Maße vorkommen.


1) GoebeI, Pflanzenbiologische Schilderungen Seite 215.



Die Kutikula der Blätter ist etwas verdickt; unter der Oberseite liegt ein einschichtiges Wassergewebe. Die Spaltöffnungen, die sich nur an der Unterseite des Blattes finden, sind nicht eingesenkt.

Ich experimentierte in Peradeniya mit einem großen Exemplar, das mir aus Colombo zugesandt wurde. Die Wurzeln wurden während der Versuche durch Umhüllen mit wasserdichtem Tuch, wie unten bei Polypodium q. beschrieben, an der Verdunstung gehindert.





Aus den oben angeführten Messungen geht besonders hervor, wie überaus ungleich die täglichen Transpirationsgrößen selbst während der trockenen Zeit ausfallen können.



Polypodium (Pleopeltis) quercifoIium.

(Tafel VIII, Fig. 42 c.)

Dieser epiphytische Farn ist auf Ceylon sehr verbreitet (vergl. C h r i s t, die Farnkräuter der Erde S. 116 und G ö b e l s Pflanzenbiol. Schilderungen Bd. I S. 214). Er ist mit reihenweis gestellten, sterilen, sehr rasch absterbenden und alsdann trockenhäutigen, herzförmigen, sitzenden, konkav gelappten Niederblättern versehen. In den Vertiefungen derselben leben Regenwürmer, die den Pflanzen Erde zutragen. Kleine Wurzeln erstrecken sich hinein, um die Erde für die Pflanze zu verwerten; auch in der trockenen Jahreszeit verbleibt die Erde hier lange feucht; dauert aber die regenlose Periode zu lange, verdorren sämtliche Blätter und das Rhizom wird nun von den trockenen Pflanzenresten umgeben.

Die fertilen Blütter sind etwa meterlang und 30 cm breit. Es ist nicht zu erwarten, daß die Anatomie der Blätter irgend eine xerophytische Anpassung zeigt, da ja den Blättern während der ganzen Vegetationsperiode eine genügende Feuchtigkeit zur Verfügung steht. Die Außenwand der einschichtigen Epidermis ist nicht nennenswert verdickt, das Blattgewebe ist ziemlich locker, und die Spaltöffnungen, die nur an der Unterseite vorkommen, sind nicht eingesenkt. Die Pflanze wächst in der Regel im vollen Tageslicht und sucht nicht wie so viele andere tropische Farne dunkle, feuchte Standorte auf.

Ich experimentierte mit zwei Exemplaren, die in luftdicht verschlossene Säcke von Wachstuch eingeschnürt wurden, so daß nur die transpirierenden Blätter herausragten. Sie wurden an denselben Platz gestellt, an dem sie gewachsen waren.








Nidularium (fulgens?),


eine aus Brasilien stammende Bromeliacee, lebt im Heimatlande angeblich epiphytisch, in Peradeniya wurden die Exemplare in Töpfen gezogen. Die jungen Blätter bilden wie bei so vielen .Arten dieser Familie einen mächtigen Trichter, der reichlich Wasser sammelt. Dies Wasser, dessen Menge oft ein halbes Liter beträgt, stellt eine schmutzige Flüssigkeit dar, in welcher kleine Tiere und verfaulende organische Bestandteile umherschwirren, Die Wurzeln sind schwach ausgebildet; es unterliegt in vielen Fällen gar keinem Zweifel, daß S c h i m p e r nicht recht hat, wenn er behauptet (die epiphytische Vegetation Amerikas S. 68), daß das im Blattrichter aufgespeicherte Wasser nicht nur nützlich, sondern sogar unentbehrlich sei; in unserem Fall ernährte sich die Pflanze jedenfalls mehrere Wochen nur durch die Aufnahme von Erdwasser, da das Trichterwasser abgegossen wurde. Wie die Tabelle zeigt, transpiriert die Pflanze so wenig, daß an gewöhnlichen Tagen der Tau, der im Laufe der Nacht gefallen ist, ansreichen muß, um den Bedarf zu decken. Wie viele Bromeliaceen, so ist auch diese mit den bekannten Haarbildungen versehen, durch welche die Blätter wässerige Lösungen aufnehmen können. Die Außenwand der Epidermis und die Radialwände sind verdickt und stark kutikularisiert; die Spaltöffnungen, die nur an der unteren Seite vorkommen, liegen tief eingesenkt. Durch diese letzteren Angaben wird es uns erklärlich, daß die Pflanze so wenig transpiriert. Meine Versuchspflanze besaß 14 Blätter, von denen verschiedene eine Länge von ungefähr 30 cm hatten; die gesamte Blattoberfläche betrug 1150 qcm. Es war also eine nicht unansehnliche Topfpflanze, aber trotzdem transpirierte sie in 29 Stunden nur 2,6 g (vom 22. bis 23, .Januar).





Die Temperaturen und die Feuchtigkeitsangaben vergl. Seite 11.



Acanthus ilicifolius


gehört zu den gewöhnlichsten Mangrovepflanzen, er liebt den schlammigen, salzhaltigen Boden, läßt sich aber auch leicht anderswo kultivieren und gedeiht in Peradeniya sehr gut ohne Zusatz von Chlornatrium. Die Exemplare in den Mangrovesümpfen haben dicke, lederartige, bilateral gebaute Blätter, deren Kutikula nicht verdickt ist, die Spaltöffnungen sind eingesenkt; unter der Epidermis der Oberseite liegt ein 2 bis 3 schichtiges Wassergewebe, die Palisaden liegen in 2 bis 3 Reihen übereinander. Zu meinen Versuchen benutzte ich teils Pflanzen, die in die schlammige Mangroveerde eingepflanzt waren und immer mit 3% Chlornatriumlösung begossen wurden, teils solche, die in Peradeniya, aber ohne Zusatz von Kochsalz, gezogen waren. Bei diesen war das Wassergewebe beinahe verschwunden und kam nur hier und dort stellenweise vor; die Blätter waren auch viel dünner und kaum lederartig.





Die Pflanzen standen während der Messungen nebeneinander. Hieraus geht hervor, daß die Pflanzen, die in gewöhnlichem Boden kultiviert wurden, doppelt, ja sogar mehr als doppelt so viel transpirierten als solche, die in dem der Mangrove wuchsen.



Rhizophora Mangle.


Ich experimentierte mit kleineren Sträuchern, die Mr. W i l l i s mir aus den Mangrovesümpfen in der Nähe von Colombo eintopfen ließ. Einige wurden mit Salz kultiviert, andere nicht, wie bei Acanthus ilicifolius. Auf die Anatomie der Blätter werde ich bei dem Kapitel "Direkte Anpassung" näher zurückkommen; vorläufig sei nur bemerkt, daß die Blätter in den Mangroven ein mehrschichtiges Wassergewebe haben; die Spaltöffnungen sind etwas eingesenkt und die Kutikula stark verdickt. In den Exemplaren, die ohne Salz kultiviert wurden, war das Wassergewebe nur schwach ausgebildet, die Spaltöffnungen nicht eingesenkt und die Kutikula viel dünner als bei den Mangroveexemplaren. (Vergl. die anatomischen Tafeln.)





Die Pflanzen standen während der Messungen nebeneinander. Die Pflanzen, die in der gewöhnlichen Erde gezogen waren, transpirierten demgemäß bedeutend mehr als die Mangrovepflanzen in demselben Zeitraum.



Avicennia officinalis


gehört bekanntlich zu den gewöhnlichsten Mangrovebäumen. Die Exemplare wurden teils in schlammiger Mangroveerde, teils in gewöhnlicher, mit 5 % Kochsalzlösung befeuchteter Gartenerde gezogen. Der Unterschied zwischen den Blättern der beiden Standorte war nicht so erheblich wie in vielen anderen Fällen. Sie blieben immer mit einer grauen Haarbekleidung der Unterseite versehen, die Spaltöffnungen lagen nicht eingesenkt, nur das Wassergewebe, das in den Magroveexemplaren aus 4 bis 5 Schichten bestand, wurde in der Gartenerde auf 7 bis 8 Schichten erhöht. (Näheres im letzten Kapitel.)





In diesem Falle ist der Unterschied zwischen den beiden Versuchspflanzen also bedeutend geringer als bei den beiden vorhergehenden. In der Beobachtungszeit standen die Versuchspflanzen nebeneinander.



Lumnitzera coccinea


gehört gleichfalls zu den allergewöhnlichsten Bestandteilen der Mangrovewälder. Die Kutikula ist etwas verdickt, die Spaltöffnungen nicht eingesenkt, die Mitte des Blattes ist von einem großen Wassergewebe eingenommen. Ich benutzte bei meinen Untersuchungen nur Pflanzen, die in Mangroveerde gezogen wurden, denn in gewöhnlicher Gartenerde gedeihen sie nicht besonders und sterben schließlich ab. Aus diesem Grunde stellte ich nur eine einzige Messung an. Es ergab sich, daß die Pflanze vom 9. März 10 a.m. bis 10. März 8 a.m. 1,7 g pro 100 qcm transpirierte.



Ficus elastica.


Die Anatomie des Blattes ist ja allgemein bekannt. Die Außenwand der Epidermis ist ziemlich stark kutikularisiert; sowohl an der Ober- wie an der Unterseite befindet sich ein großes Wassergewebe; die Spaltöffnungen liegen eingesenkt. Der Blattbau ist also durchaus xerophytisch 1). Ficus elastica kommt übrigens auf Ceylon nicht wild vor, sondem in feuchten Wäldern am Fuße von Sikkim im Himalaya, in Assami Burma usw. Auf Java habe ich nicht weit von Buitenzorg herrliche, wildwachsende Bäume gesehen. Im freien Zustand sieht der Baum ganz anders aus als unsere gewöhnliche Zimmerpflanze; die Blätter sind nämlich auf den alten fertilen Zweigen viel kleiner und breiter als bei den jungen Sprossen; nur auf diesen haben sie die uns bekannte lange, ovale Form.


1) Anfangs lebt der Baum epiphytisch.

Ich habe mitFicus elastica einige Versuche gemacht, weil auch G i I t a y und H a b e r l a n d t1) in Buitenzorg mit dieser Pflanze einige Messungen angestellt haben.





H a b e r l a n d t fand, daß in der Zeit vom 2. bis 5. Januar die Transpirationsgröße pro Tag und 100 qcm=1,52 g betrug. Meine Versuche zeigen ungefähr dieselben Resultate wie diejenigen G i l t a y s, der vom 24. bis 26. Oktober experimentierte (vergl. Studien über die Stärke der Transp. in den Tropen und im mitteleuropäischen Klima. P r i n g s h e i m s Jahrbücher Bd. XXX).




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Seite erstellt von Vanessa Quodt, am 19. 3. 2001
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