Direkte Anpassung1).


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[Einfluß des Klimas auf die Ausbildung der Zuwachszonen] [Literaturverzeichnis]


Die Annahme einer Anpassung setzt bekanntlich voraus, daß die Pflanze ein latentes Vermögen besitzt, das durch äußere Einflüsse ausgelöst wird: schlummernde Kräfte werden wachgerufen und beginnen zu wirken und zwar immer in zweckmäßiger Weise.

Meine Versuche mit den Mangrovepflanzen sind in dieser Beziehung instruktiv.

Schon lange vor meiner Ankunft ersuchte ich Herrn. Dr.  W i l l i s, verschiedene Haupttypen der Magrovevegetation im Garten von Paradeniya einpflanzen zu lassen, und zwar in gewöhnlichen feuchten, schlammigen Boden, aber ohne irgend einen Zusatz von Chlornatrium. Die Pflanzen wurden täglich mehreremal begossen; einige gediehen sehr gut, andere dagegen starben aus mir unbekannten Gründen sehr bald ab. Rhizophora mucronata und Nipa fruticans wurden aus Samen gezogen, während die übrigen als kleine Pflanzen eingetopft wurden.

Eigentlich wurde ich durch S c h i m p e r zu diesen Untersuchungen angeregt. In seiner indomalaiischen Strandflora teilt er ähnliche Beobachtungen mit, die er in Buitenzorg machte.


1) Ich habe hier den Nägelischen Ausdruck "direkte Bewirkung" aufgegeben, weil derselbe nach einer mündlichen Bemerkung Schwendeners allzusehr an Ursache und Wirkung im physikalischen Sinne erinnert, wovon jedoch in unserem Falle nicht die Rede sein kann. Die hier zu besprechenden Vorgänge gehören zu den Reizerscheinungen.



Aus verschiedenen Gründen konnte er nicht Gewächse direkt aus den Mangroven einpflanzen lassen, sondern er mußte sich mit den Exemplaren begnügen, die schon in Buitenzorg vorhanden waren. Seine hauptsächlichste Beobachtung bezieht sich auf Sonneratia acida, die in den Mangroven auf Java oft zu finden ist. S c h i m p e r führt nun dazu an, daß der Baum in Buitenzorg großen Veränderungen in bezug auf die Anatomie der Blätter unterworfen sei. Die Kutikula war ganz dünn geworden, während sie auf dem natürlichen Standort recht stark ist; die Spaltöffnungen, sonst tief eingesenkt, lagen in Buitenzorg an der Oberfläche; das Wassergewebe hatte auch sehr an Größe abgenommen; Schleimzellen, die in den gewöhnlichen Exemplaren reichlich vorhanden sind, wurden in Buitenzorg überhaupt nicht ausgebildet. Kurzum, es sind ganz auffallende Veränderungen beschrieben, die den Gedanken nahelegen, daß irgend eine Verwechselung stattgefunden habe.

Ich glaube den Baum in Buitenzorg selber gesehen zu haben; jedenfalls war sein Standort an einem kleinen Teiche des Gartens. Da nach einer mündlichen Angabe S c h i m p e r s der Baum in Buitenzorg verschwunden ist, läßt sich nicht feststellen, ob die Vermutung einer Verwechselung berechtigt ist. Sonneratia acida ist sehr variabel gerade in bezug auf die Blätter, und es ist möglich, daß S c h i m p e r zwei durchaus nicht vergleichbare Varietäten beobachtet hat.

Bei Negombo ist Sonneratia in den dortigen Mangroven eine recht häufige Erscheinung. Ich pflanzte verschiedene Exemplare in Peradeniya ein, aber leider ohne Erfolg; nach einiger Zeit starben die jungen Pflanzen ab, und ich mußte diese Species bei meinen Versuchen ausschalten. Ich konnte aber S c h i m p e r schon von Ceylon aus mitteilen, daß, wenn auch eine Verwechselung bei Sonneratia acida vorgekommen sein sollte, es mir in Peradeniya doch gelungen wäre, bei der Kultur anderer Mangrovegewächse Erscheinungen zu beobachten, die mit seinen Angaben über Sonneratia acida durchaus in Übereinstimmung ständen.Meine Beobachtungen beschränken sich hier ausschließlich auf die Anatomie der Blätter. Die Exemplare, die ohne Salz kultiviert wurden, zeigten, übereinstimmend mit den Versuchen von L e s a g e, eine Zunahme der transpirierenden Oberfläche, indem die Blätter größer und dünner wurden und weitere Interzellularräume enthielten als auf salzhaltigem Boden.

Die Kutikula erscheint bei Rhizophora mucronata und Nipa fruticans in Peradeniya auffallend dünner als bei Exemplaren gleicher Größe aus den Mangroven; bei Acanthus ilicifolius, Scaevola Koenigii und Clerodendron inerme blieb die Kutikula unverändert, da sie schon auf deum natürlichen Standort ganz dünn ist. Acanthus wächst nämlich nicht auf sehr salzhaltigem Boden, und die beiden anderen gehören zu den Pflanzen des feuchten Meeresstrandes, wo bekanntlich keine besonderen Anpassungen gegen zu starke Transpiration vorkommen. Die Spaltöffnungen, die in den Mangroven bei Rhizophora mucronata etwas eingesenkt liegen, befanden sich in Peradeniya im Niveau der Oberfläche. Noch auffallender war jedoch die Abweichung von dem gewöhnlichen Verhalten, wie es am natürlichen Standort zu beobachten ist, bei Nipa fruticans. Ich verweise auf meine Zeichnungen, aus denen hervorgeht, daß die Blätter sonst mit stark eingesenkten Spaltöffnungen versehen sind, während sie in Peradeniya gar nicht vertieft liegen. (Taf. XV Fig. 92-94, Fig. 99 und 100. Siehe Figurenerklärung.)

Unter der Epidermis befinden sich bei Acanthus ilicifolius in den Mangroven große Schleimzellen, die aber in Peradeniya vollständig verschwanden. Übrigens ist ähnliches schon von S c h i m p e r bei dieser Pflanze angegeben, indem er l. c. S. 18 sagt, daß sie in Buitenzorg "beinahe ganz des Schleimes entbehrt". Acanthus ilicifolius scheint sich übrigens sehr leicht in den botanischen Gärten kultivieren zu lassen; denn sowohl in Peradeniya, Singapoore, wie in Buitenzorg erreicht die Pflanze, ohne auf salzhaltigem Substrat zu wachsen, ihre normale Größe.

Ein ganz auffallender Unterschied in der Blattstruktur stellt sich bei der mehrschichtigen Epidermis heraus. Wie ich schon im vorhergehenden hervorgehoben habe, besitzen alle Mangrovepflanzen ein größeres Wassergewebe. Bei Rhizophora mucronata ist es subepidermal ausgebildet und besteht an der Oberseite aus 4-5 Reihen langgestreckter Zellen; auf der Unterseite kommen nur einige Schichten kleiner Zellen dieses Gewebes vor. (Abgebildet Taf. XV Fig. 89.) In Peradeniya wurde das Wassergewebe sowohl auf der Ober- wie auf der Unterseite auf eine einzige Reihe reduziert, die aus kleinen polyedrischen Zellen bestand. (Abgebildet Fig. 90 und 91).

Bei Nipa fruticans sind die Blätter auf salzhaltigem Boden mit einem zweischichtigen Wassergewebe aus stark verdickten Zellen versehen (Fig. 97); die Wände zeigen zahlreiche, große Tüpfeln, in Peradeniya bildete sich unter der Epidermis nur eine Schicht, deren Zellen ganz dünnwandig waren. Wie meine Zeichnungen zeigen, erfuhr auch die Epidermis in Peradeniya eine ähnliche Veränderung in bezug auf die Dicke ihrer Wände (Fig. 98). Bei Acanthus ilicifolius zeigte das Wassergewebe auf salzarmem Boden gleichfalls eine sehr geringe Ausbildung.

Wie schon oben angeführt, entwickeln sich überhaupt die Palisaden lange nicht so stark bei Salzpflanzen, wenn sie ohne Zusatz von Chlornatrium kultiviert werden. Dies zeigte sich besonders bei Rhizophora mucronata, die in Peradeniya nur einige Reihen aufwies. Auch Scaevola Koenigii und Clerodendron inerme zeigten dieselbe Abänderung.


1) Schimper l. c. p. 19



S c h i m p e r1) teilt von Scaevola Koenigii mit, daß auf dem Strand Steinzellen vorhanden sind, die der kultivierten Pflanze fehlen. Ich kann dieser Behauptung nicht bestimmt widersprechen, bemerke aber, daß ich weder an den Exemplaren, die auf Ceylon am Meeresstrand gesammelt wurden, noch an den kultivierten Pflanzen in Peradeniya Steinzellen vorgefunden habe; dagegen scheinen sie bei der sehr nahestehenden Art, Scaevola Plumieri, vorhanden zu sein. Wie sich diese Art in Kultur verhält, ist mir jedoch nicht bekannt. Jedenfalls zeigt Rhizophora mucronata ein solches Verhalten; in den Mangroven befinden sich zerstreut zwischen den Palisaden und dem Schwammparenchym zahlreiche Steinzellen (siehe Taf. XV Fig. 89), oft von außerordentlicher Größe; in Peradeniya war keine Spur von solchen zu entdecken.

Hier kann ich auch erwähnen, daß die Gefäßbündelenden, die am natürlichen Standort durch Hinzutreten von großen Tracheiden bedeutend verbreitert sind, in der kultivierten Pflanze oft schmal erscheinen. Hierfür liefert Rhizophora mucronata ein deutliches Beispiel; denn in den Mangroven sind die Gefäßbündelenden von zahlreichen Speichertracheiden umgeben, die in Peradeniya gar nicht vorhanden waren (vergl. in Taf. XV Fig. 95 mit 96).

Auch mit Avicennia officinalis stellte ich Versuche an. Der Strauch ist in den Mangroven überaus verbreitet; leider gelang es nicht, ihn ohne Zusatz von Kochsalz zu kultivieren. Ich ließ deshalb kleine Pflanzen in Mangrovenerde eintopfen und nachher mit einer Salzlösung begießen, deren Konzentration allmählich bis auf 5 1/2% gesteigert wurde. Bekanntlich hat das Meerwasser einen Salzgehalt von ungefähr 3%; es war deshalb von vornherein zu erwarten, daß sich unter den neuen Bedingungen in der Blattstruktur gewissen Veränderungen zeigen würden. Nach kurzer Zeit fielen die alten Blätter ab und neue kamen zum Vorschein; diese waren auffallend dicker als die früheren, indem das Wassergewebe ungefähr um 3/5 an Größe zugenommen hatte. Aber nicht das allein, es traten ganz neue Bildungen auf; verschiedene von den Wassergewebezellen erschienen nämlich mit stark verdickten Wänden, die mit zahlreichen unbehöften Poren versehen waren. Man kann diese Bildung wohl als eine Art Steinzellen bezeichnen; sie sind wie die übrigen Zellen des Wassergewebes von polyedrischer Form. Übrigens habe ich schon bei Kendrickia Walkeri ganz ähnliche Zellen erwähnt, die gleichfalls im Wassergewebe vorkamen. Weitere Unterschiede im Blattbau habe ich bei Avicennia officinalis nicht bemerkt. Fig. 101 zeigt den Querschnitt von einem Mangroveblatt, Fig. 102 den Querschnitt eines Blattes der mit 5 1/2%iger Salzlösung begossenen Pflanzen und Fig. 103 zwei der soeben erwähnten neu gebildeten Zellen.

Es ist in diesem Buche oft genug betont worden, daß die Schutzmittel gegen zu starke Transpiration, die bei den Mangrovegewächsen vorhanden sind, unzweifelhaft verhindern sollen, daß das Wasser durch die Blätter schneller abgegeben wird, als die Wurzeln aus dem salzhaltigen Boden es aufnehmenb können.

In dem Maße, wie der Boden an Salzgehalt verliert, werden also auch die Schutzeinrichtungen gegen zu rasche Wasserabgabe weniger ausgeprägt sein. Infolgedessen nimmt die Transpirationsgröße der Blätter zu. Da jedoch die Wasseraufnahme nun eine leichtere ist, so sind unter den neuen Bedingungen die alten Schutzmittel gegen zu starke Verdunstung nicht mehr notwendig.

Die Kulturen mit den Mangrovepflanzen haben uns also die schönsten Bespiele von direkter Anpassung geliefert. In dem Abschnitt über die Transpirationsversuche habe ich einige Angaben gemacht, die die Verdunstungsgrösse der Mangrovegewächse auf salzhaltigem und auf salzärmerem Boden betreffen. (In dieser Verbindung verweise ich auf meine Kulturversuche mit Aloe vera, siehe Taf. XIV Fig. 82-84 sowie die Figurenerklärung.)

Wir haben also gesehen, dass verschiedene Schutzeinrichtungen, die mit der Verdunstung im engsten Zusammenhange stehen, unter gewissen Bedingungen teilweise oder vollständig verschwinden können. In bezug auf das Wassergewebe möchte ich noch einige Beispiele anführen.

Ich beginne mit Cyanotis zeylanica.
Diese kleine Pflanze ist auf Ceylon überaus verbreitet; besonders häufig ist sie in den höheren Regionen, wenn auch die Angabe von T r i m e n nicht richtig ist, daß sie nur dort vorkommt; denn ich fand sie in mehreren Exemplaren bei einem der bekannten grossen Ficusbäume in Peradeniya augenscheinlich wildwachsend. Der Standort war sehr trocken, und auf dem steinigen Boden verschwand auch schnell jede Feuchtigkeit; dazu kam noch, dass die Pflanzen inder Trockenzeit oft den ganze Tag dem Sonnenbrande ausgesetzt waren. Die Blätter, die in Fig. 55 unten links abgebildet sind, waren oval, auffallend dick und reichlich mit Haaren bewachsen. Daß eine Pflanze, die unter so ungünstigen Bedingungen lebt, Schutzmittel gegen das Austrocknen der Blätter besitzen muß, ist selbstredend; das Wassergewebe erreichte eine ganz bedeutende Größe.

Verschiedene von diesen Pflanzen wurden von ihrem trockenen Substrat in Blumentöpfe eingesetzt; die Erde ließ ich immer feucht halten und die Pflanzen an einen schattigen Ort stellen. Schon nach kurzer Zeit erschienen neue Blätter, die sich durch ihre Größe und geringere Dicke von den alten auffallend unterschieden; die letzteren fielen nach kurzer Zeit meistens ab, nur einzelne blieben noch etwas länger am Stamme haften. Die direkte Anpassung war so bedeutend, daß die neuen Pflanzen kaum wiederzuerkennen waren (siehe Fig. 55, rechte Abbildung); denn auch die Haarbekleidung zeigte auffallende Veränderungen. Auf dem trockenen Standorte waren die Blätter sowohl auf der oberen als auch auf der unteren Seite mit zahlreichen langen Trichomen bekleidet; in der Kultur verschwanden diese vollständig von der Oberseite, und nur hier und da waren sie noch auf der Unterseite zu sehen. Ich verweise auf Fig. 56 und 57, welche Querschnitte durch die Mitte der beiden Formen darstellten. Während das Wassergewebe auf natürlichem Standort ungefähr 9/10 der Dicke des ganzen Blattes einnimmt, wurde es unter den günstigeren Bedingungen in den Blumentöpfen auf 1/2 reduziert. Diese Reduktion des Wassergewebes unterscheidet sich insoweit von den früher erwähnten Fällen, als nur die Größe der Zellen geringer wird; denn es bildete sich unter beiden Bedingungen immer nur eine Schicht.

Die Pflanze richtet sich also ganz nach ihren jeweiligen Bedürfnissen; unter den neuen, günstigen Verhältnissen genügte ein Bruchteil des Gewebes, um den Bedarf an Wasser zu decken.

Ich stellte mit beiden Pflanzen einige Transpirationsversuche an; die Pflanzen aus dem trockenen Substrat verdunsteten bedeutend weniger als die eingetopften. Da das Wassergewebe ja nicht dazu beiträgt, die Transpirationsgrösse zu verringern, und die Lage der Spaltöffnungen und die Dicke der Kutikula immer die gleiche blieb, so ist der Unterschied in bezug auf die Verdunstung nur auf die vorhandene oder fehlende Haarbekleidung zurückzuführen.

Aber auch in der Natur selbst haben wir Beispiele genug, die uns ohne Kulturen zeigen, daß durch veränderte Lebensbedingungen in den Gewächsen Kräfte ausgelöst werden, welche eine zweckmäßige Veränderung des anatomischen Baues bewirken. Ich verweise z.B. auf meine Angaben über das wechselnde Auftreten des Wassergewebes bei Ilex Walkerii oder bei Pteris aquilina, unserem gemeinen Adlerfarn, der auf Ceylon eine zweischichtige Epidermis hat, während eine solche bei unseren einheimischen Exemplaren, die im Waldschatten stehen, fehlt. Hedyotis obscura verhält sich insoweit in ähnlicher Weise, als die Exemplare von Adams Peak kein Wasergewebe haben, wenn sie auf sumpfigen Standorten wachsen, während sie auf trockenen Stellen eine zwei- bis dreischichtige Epidermis anlegen.

Mit der letzteren Modifikation zusammen fand ich die endemische Hedyotis coprosmoides, die gleichfalls Wassergewebe hat.

Noch mehr als bei denselben Arten schwankt die Ausbildung des Wassergewebes bei den einzelnen Gattungen. Es würde zuweit führen, immer neue Beispiele anzuführen; aus den zahlreichen untersuchten Fällen greife ich die Gattung Strobilanthes, den Acanthaceen angehörend, heraus. Sie ist durch 28 Arten auf Ceylon vertreten; hiervon sind 25 endemisch. Einige haben ihren ausschließlichen Verbreitungskreis im Tieflande, andere in den Gebirgszonen, wo sie oft ungeheure Areale bedecken. Sie erreichen durchgehends eine Höhe von 4-5 Fuß und bilden einen größeren oder kleineren Teil des Unterholzes, wachsen also im Schatten; und da sie tiefgreifende Wurzeln haben, welche den feuchten Untergrund erreichen, leiden sie selbst in Trockenperioden nicht an Wassermangel. Ich habe im ganzen 19 Arten untersucht. Von diesen besitzt nur Strobilanthes sexennis v. argutus Wassergewebe; dieses bildet unter der Epidermis mehrere mächtige Schichten, die Palisaden sind beinahe lückenlos, während das Schwammparenchym mit größeren Lufträumen versehen ist. Die Spaltöffnungen sind nicht eingesenkt, und die Kutikula ist nicht besonders verdickt. Die übrigen untersuchten Arten zeigen keine Spur von Wassergewebe; die Palisaden wie das Schwammparenchym zeigen große Interzellularen. Die Erklärung der Ausnahmestellung, die Strobilanthes sexennis einnimmt, scheint sehr naheliegend; denn es ist die einzige ceylonesische Art, die zu einem Baume heranwächst und nicht selten eine Höhe von 25 Fuß erreicht; während die übrigen Arten höchstens nur einen fingerdicken Stamm haben, zeigt sich bei dieser oft ein Durchmesser von 15-16 cm. Der Baum hat dieselbe Höhe wie die meisten Waldbäume dieser Gegenden. (Strobilanthes sexennis wächst in Höhen von 6000-7000 Fuß.) Die Blätter sind also dem vollen Sonnenlicht ausgesetzt und transpirieren deshalb stärker. Wie ich übrigens schon früher hervorgehoben habe, besitzen die Bäume dieser Gegenden überhaupt oft Wassergewebe. Ich habe hier die Hauptform im Auge; sie hat dicke, glatte Blätter, nur hier und da mit kleinen Drüsen versehen. Nicht selten findet man eine Varietät, hirsitissimus, die durch dünne, reich behaarte Blätter ausgezeichnet ist. Hier ist das Wassergewebe aber nicht ausgebildet, wahrscheinlich, weil die Haarbekleidung an sich einen genügenden Schutz gegen Austrocknen der Blätter bietet.

Auf ungefähr ähnlichen Standorten wachsen auch die vielen Impatiensarten Ceylons (von 21 sind 15 endemisch). Die meisten erreichen nur eine Höhe von 1-2 1/2 Fuß und haben, soweit ich es ermitteln konnte, mit Ausnahme von Impatiens macrophylla kein Wassergewebe. Diese letztere Art erreicht aber nur eine Höhe von 10-12 Fuß und kommt wie St. sexennis in den Gebirgsgegenden vor.

Nachdem ich versucht habe zu zeigen, daß die von außen auf die Pflanzen wirkenden Einflüsse die verschiedensten Anpassungen derselben herbeiführen, will ich noch die auffallend übereinstimmenden Anpassungsformen in Erinnerung bringen, die einerseits auf den Berggipfeln Ceylons, andererseits in den Trockengebieten des Tieflandes vorkommen. Es sind Gewächse der allerverschiedensten systematischen Zugehörigkeit, die an klimatisch so verschiedenen Standorten Formen von gleichem Habitus ausbilden.

Diese Ähnlichkeit liegt hauptsächlich in der schirmförmigen Ausbreitung der Laubkrone und in den dicken lederartigen Blättern, die beinahe immer ausgerandet und oval erscheinen.

Die Ähnlichkeit der Vegetation ist oft ganz auffallend; auf der Insel Kaits ist sie an mehreren Stellen so schlagend, daß, wenn man unbekannt mit den Terrainverhältnissen aus der Physiognomie der Vegetation auf die Höhe ober dem Meere schließen wollte, man die Elevation sicher um 7-8000 Fuß zu hoch anschlagen würde. Bekannt können ja gleiche Wirkungen oft auf ganz verschiedene Ursachen zurückgeführt werden; aber trotzdem unterliegt es keinem Zweifel, daß die wichtigste Ursache dieser Erscheinung sowohl in den wüstenartigen Gegenden als auch auf den Berggipfeln unstreitig in den Transpirationsverhältnissen zu suchen ist.

Es sind immer nur ganz bestimmte Arten, die das knorrige Aussehen annehmen, während das umstehende Gebüsch, wenn auch vielleicht niedrig, so doch vollständig normal bleibt. Es kommen nämlich, soweit ich die Sache übersehen kann, hier nur Sträucher oder Bäume in Betracht, deren junge Blätter nicht die nötigen Schutzmittel gegen zu starke Transpiration besitzen. Die normal gebliebenen Individuen haben irgend einen Knospenschutz, oder die jungen Blattanlagen werden, wenn sie keine Knospen bilden, entweder druch eine Harzüberzug oder starke Haarbildung gegen Austrocknen geschützt. Wieder bei anderen werden die neuen Blätter nur in der Regenzeit gebildet, so daß sie, wenn die ungünstigen Perioden eintreten, vollständig entwickelt und deshalb auch gegen äußere Einwirkungen wenig empfindlich sind. Bei den "Krummholzformen" sterben die jungen Sprosse ab, sobald die ungünstigen klimatischen Verhältnisse eintreten; in der nächsten Wachstumsperiode bilden sich neue Sprosse unter der toten Stelle, und von diesen bleiben nur diejenigen lebensfähig, die in der ersten Zeit zum Vorschein kommen. Diese ungünstigen klimatischen Bedingungen können selbstredend verschiedener Art sein: in den wüstenartigen Gegenden sterben die Sprosse ab, weil sie den Einfluß der trockenen Luft nicht wiederstehen können; in den Hochgebirgen, wo wir die Krummholzformen finden, tritt in einigen Monaten nachts Frost ein, durch den die jungen Sprosse beschädigt werden.

Als Beispiel möchte ich hier Balsamodendron Berryi anführen.
Auf den sandigen, trockenen Stellen erscheint es als ein flachliegendes Gebüsch, das sich höchstens einen halben bis einen Fuß hoch erhebt. Der Stamm schmiegt sich oft dem Boden vollständig an, und die Seitenzweige verhalten sich ebenso. An sehr warmen Orten bildet es ausgedehnte Matten und nimmt äußerst dicht verzweigte, niedrige Gestrüppform an. Ich möchte auf meine Zeichnung verweisen (
Taf. V Fig. 31). Wie aus dieser hervorgeht, sind verschiedene von den Sprossen abgestorben und in Dornen umgewandelt. An dem unteren, noch am Leben gebliebenen Teile haben sich neue Adventivknospen gebildet; einige von diesen, die sich in der ersten Zeit der Regenperiode entwickelt haben, wachsen zu langen Sprossen aus, während die später entwickelten in Dornen übergehen oder vertrocknen und abfallen. Wie durch dies höchst ungleiche Wachstum die mattenartige Form sich weiter entwickelt, ist hier ohne besondere Bedeutung. Uns interessiert nur die Tatsache, daß die jungen Sprosse, die jungen Blattanlagen sowie die sich daraus entwickelnden Blätter keine Anpassungen gegen eine zu starke Verdunstung besitzen und deshalb absterben.

Nun ist aber die Frage, wie Balsamodendron Berryi sich unter günstigeren klimatischen Bedingungen verhält. Hierüber geben uns die zahlreichen Exemplare, die in den feuchten Gegenden vorkommen, Aufschluß. Schon in Colombo, wo die Pflanze bisweilen als Heckenstrauch verwendet wird, zeigt sie ein ganz anderes Verhalten: die Dornen sind beinahe verschwunden, und die Blätter sind viel größer. Ich wurde seinerzeit durch T r i m e n auf dies Verhältnis aufmerksam gemacht; er erwähnt es in seiner Flora1). Aber noch auffälliger sind die Exemplare in der Nähe von Peradeniya; hier bilden sie nämlich Bäume von 15-20 Fuß. Die Blätter sind viel größer als in den trockenen Gegenden, und Dornen konnte ich nicht entdecken; während die Belaubung in Nord-Ceylon sehr schwach ist (siehe die Abbildung), ist sie hier reich.


1) Flora of Ceylon Bd. I. p. 237.



Die Anatomie der Blätter bleibt unter allen Verhältnissen unverändert; die Kutikula ist nicht verdickt, die Spaltöffnungen sind nicht eingesenkt, und die jungen Sprosse zeigen keine Einrichtungen, die sie gegen zu starke Transpiration schützen können. Während sich eine große Zahl von Pflanzen den neuen Verhältnissen anpaßt und unter diesen sehr gut gedeihen kann, wird z. B. Balsamodendron Berryi wegen seiner geringen Reaktionsfähigkeit neuen klimatischen und Standortverhältnissen gegenüber gezwungen, Krummholzform anzunehmen.

Ich haben den Baum auf den kleinen Inseln Nord-Ceylons sehr oft gesehen; in vielen Fällen sind seine mattenartigen Bestände rings umgeben von anderen Sträuchern, die sich ganz normal verhalten, und die entweder dort endemisch oder eingewandert sind, aber in diesem Falle die Fähigkeit besaßen, sich hier anzupassen.

Es finden sich übrigens viele Beispiele, die zeigen, daß die Dornen an trockenen Standorten auftreten, während sie im feuchteren Klima gar nicht zum Vorschein kommen. Atalantia zeylanica, die in allen Gegenden des Tieflandes wächst, ist vollständig unbewaffnet, wenn der Strauch keine nennenswerten Trockenperioden durchmacht, wie man die soft beobachten kann. In den trockenen Gebieten Nord-Ceylons ist er dagegen mit spitzen, kräftigen Dornen ausgestattet, die eine Länge von 2-3 cm haben. In den feuchten Gebirgsgegenden findet sich eine Varietät, rotundifolia, die die Eigenschaft, Dornen auszubilden, überhaupt nicht zu besitzen scheint. Atalantia monophylla, die nur in den trockenen Gegenden wächst, hat Dornen, sogar sehr große im Gegensatze zu der dornenlosen A. racemosa, die in den feuchten Bergzonen zu Hause ist. Im übrigen sind die beiden Sträucher wahrscheinlich in eine Art zu vereinigen, da sie sonst sich zu wenig unterscheiden.

Ein ganz auffallender Unterschied zwischen den Blättern derselben Bäume zeigt sich bei vielen Arten, je nachdem sie im feuchten Tieflande oder auf den höchsten Berggipfeln leben. Die Blätter, die sonst dünn und biegsam sind, weil die Kutikula gar nicht verdickt ist, erscheinen in den Gebirgsgegenden lederartig und steif und zugleich mit zurückgebogenem Rande (revolutus). Als Beispiel kann ich Myrsine capitellata anführen, die in einer Höhe von 4000' flach ausgebreitete Blätter besitzt, während auf den Berggipfeln von Hacgalla, Adams Peak usw. die Ränder gänzlich zurückgebogen sind. Warum die Blätter hier diese Form annehmen, ist mir nicht bekannt. Es findet sich aber eine große Anzahl Hochgebirgspflanzen, die konstant "Folia revoluta" besitzen (gute Beispiele finden sich unter Symplicos, Eugenia und anderen Gattungen).

Vielleicht haben wir bei den Gramineen eine analoge Erscheinung; denn verschiedene Arten, die in den trockensten Gegenden wachsen, haben dort zusammengerollte Blätter, während dieselben an feuchten Standorten flach erscheinen; dies ist z. B. bei Imperata arundinacea der Fall. In Mannar, auf Kaits und auf anderen Stellen in den trockenen Teilen Nord-Ceylons ist die Pflanze zusammengedrückt und klein, der Stengel niederliegend und wurzelschlagend und mit steifen, blaugrünen, zusammengerollten Blättern versehen. Auf fettem, feuchtem Boden richtet sie sich dagegen sofort auf, erreicht eine Höhe bis 1 m und hat breite flache Blätter.

Über den Einfluß des Klimas auf die Ausbildung des Blattformen sind verschiedene Beiträge geliefert; besonders J u n g n e r1) und S t a h l1) haben darauf hingewiesen, daß die Blätter der feuchten tropischen Wälder durch die hochgradige Benetzbarkeit ihrer Oberseite und durch die lang ausgezogene Spitze, die sogenannte Träufelspitze, ausgezeichnet sind.


1) Jungner, J. R., Anpassungen der Pflanzen an das Klima in den Gegenden der regnerischen Kamerungebirge. Botan. Centralblatt 1891. Bd. 47. Nr. 12.
2) Stahl, E., Regenfall und Blattgestalt. Annales du Jardin Botanique de Buitenzorg. Volume XI. p. 98



Die regenreichen Wälder Ceylons in den Gegenden von Peak Wilderness, Singhe Raja und Hinidum bestehen meistens aus Bäumen, die durch "Folia longe acuminata" "Folia acuminatissima" und ähnliche Diagnosen charakterisiert werden können. Die Liste würde allzu lang ausfallen, wenn ich alle hier zu erwähnenden Bäume und Sträucher anführen wollte. Besonders bei den Riesen der Diospyros-, Doona-, Dipterocarpus-, Garcinia-, Eugenia-, Ficusarten usw. sind in den erwähnten Gegenden die lang geschwänzten Blätter sofort auffallend. Allerdings fhelen auch nicht Sträucher und Bäume, deren Blätter keine Träufelspitze zeigen; aber die Laubblätter mit ausgezogener Spitze sind unbedingt in der Überzahl1).

Bei allen den Bäumen, die bei der Besprechung der Träufelspitze in Betracht kommen, habe ich immer gefunden, daß die Blätter mehr oder weniger hängend sind; ja die Blätter, die an den oberen Seiten der Äste sich befinden, biegen sich (wahrscheinlich durch ihr Eigengewicht) nach unten, selbst wenn der Blattstiel eine bedeutende Krümmung ausführen muß. Ich erwähne dies, weil es mir für die bekannten J u n g n e r-S t a h l schen Deutungen zu sprechen scheint. Jedenfalls ist die starke Zuspitzung eine "direkte Anpassung" an die regenreichen Klimate. Es erscheint deshalb im Grunde selbstverständlich, daß die Arten derselben Gattung sehr verschiedene Blattformen haben können: je geringer die Regenmenge, um so seltener werden die langausgezogenen Blätter. S t a h l hat in seiner schon zitierten Arbeit auf eine solche verschiedenartige Gestaltung der Blattspitze bei den Arten derselben Gattung hingewiesen. Seine Beispiele, die er hauptsächlich aus den Aceraceen - Bearbeitung von P a x2) - nimmt, scheinen jedoch nicht ganz überzeugend, da die Pflanzen nicht allein aus ganz verschiedenen Sektionen entnommen sind, sondern auch sehr weit voneinander liegende Standorte bewohnen.


1) Die schönsten Beispiele von Blätter mit Träufelspitze finden sich vielleicht bei Doone cordifolia und D. ovalifolia, zwei in den regenreichsten Provinzen Ceylons endemische Arten. Die ovalen Blätter sind in dem oberen Ende zu einer langen Spitze ausgezogen.
2) Pax, Monographie der Gattung Acer in Botan. Jahrbücher für Systematik und Pflanzengeographie, herausgegeben von A. Engler, Bd. VI und Bd. XI.



Das meist stumpflappige Acer campestre, führt S t a h l an, wächst in der Ebene und in den hügeligen Gegenden des mittleren und südlichen Europas. Bei den Ahornarten, die in den feuchten Teilen der östlichen Staaten Amerikas zu finden sind, herrscht lange Zuspitzung der Blattlappen vor. Besodners lange Spitzen befinden sich bei den Laubblätter im Himalaya. Für die lange Sektion Indivisa gibt P a x an, wie S t a h l bemerkt, daß sie im Himalaya, südlichen China und in Japan wachsen und alle durch "Folia apice saepe caudato-acuminata" charakterisiert werden. Die Blätter der Arten dieser Sektion sind ungeteilt. Alle diese Angaben S t a h l s leiden besonders darunter, daß er - was übrigens durchaus erklärlich ist - keine genauen Angaben über die Standorte geben kann.

Aus der Flora von Ceylon können wir dagegen eine große Anzahl von Beispielen anführen, die zeigen, daß sehr nahestehende Vertreter derselben Gattung selbst auf einem kleinen Gebiet ganz verschiedene Blattformen ausbilden können. Bel den Ficusarten, die in den regenreichen mittleren Teilen von Ceylon heimisch sind, haben die Blätter ohne Ausnahme eine größere oder kleinere Träufelspitze, wie z. B. bei F. Tsjakela (siehe Fig. 4 Taf. I), F. acuminata u. a. Mehr oder weniger ovale Blätter mit stumpfer Spitze finden sich bei den Feigenbäumen auf trockenen Standorten in dem nörlichen regenarmen Teile der Insel. Sehr instruktive Beispiele bieten F. tomentosa u. a. Die bekannte F. religiosa (siehe Taf. I, Fig. 1), die auch von S t a h l wegen der langen Träufelspitze angeführt wird, kommt auf Ceylon vielleicht nicht wild vor, wenn man sie auch sehr allgemein an den buddhistischen Tempeln sieht; einheimisch soll sie dagegen in den regenreichen Zonen des Himalalya sein.

Von anderen Beispielen erwähen ich die Gattung Eugenia. Wie ich schon früher bemerkt habe (vergl. S. 120), sind von den auf Ceylon vorkommenden 43 Arten 29 endemisch und über die ganze Insel verbreitet. Die längsten Träufelspitzen begegnen uns bei den Bäumen der regenreichsten Wälder, also in den südwestlichen Teilen der Zentralprovinz; ich führe hier nur E. lissophylla, E. Mooniana, E. rufo-fulva und E. micrantha an; die beiden letzteren sind endemisch, die ersteren kommen auch in Indien vor.

Ganz anders ist die Form der Eugeniablätter in den trockenen Klimaten; hier erscheint die Blattspitze entweder stumpf oder eingebuchtet. Als Beispiel führe ich E. bracteata an, die auf Jaffna (an der Nordspitze Ceylons) regelmäßig eingebuchtete Blätter hat, während diese in der Umgebung des regenreichen Colombo etwas zugespitzt sind.

Ich habe schon früher darauf hingewiesen, daß die Laubblätter in den Hochgebirgen durchgehends eine ähnliche Struktur haben wie in dem trockenen, nördlichen Tieflande der Insel. Auch in der äußeren Form zeigen sie oft eine nicht zu übersehende Übereinstimmung. Alle Eugeniaarten, die auf den hohen Berggipfeln ihre Heimat haben, zeigen wie E. bracteata lederartige, ovale oder rundliche Blätter, die an der Spitze abgerundet oder sogar eingebuchtet sind; als Beispiel seien erwähnt die beiden endemischen E. oligantha und E. rotundifolia sowie E. revoluta und E. lucida, die auch in Indien vorkommen. Andererseits kann ich verschiedene Eugeniaarten anführen, die nur einen kurzen Ansatz zu einer Träufelspitze zeigen, wie z. B. E. lanceolata, E. fulva, E. rivolorum, E. decora u. a.; sie wachsen alle an mehr oder weniger regenreichen Standorten.

Was nun die Blätter anbetrifft, die nicht allein keine Träufelspitze bilden, sondern sogar abgerundet oder eingebuchtet sind (emarginatus), so bemerke ich, daß ich während meines Besuches auf den Gipfeln der höchsten Gebirge Ceylons (Pedro-Talagala, Adams Peak, Hacgala u. a.) immer nur Bäume mit abgerundeten oder eingebuchteten Blätter gesehen habe. Ähnliche Blattformen zeigen aber auch die meisten Charakterbäume und -sträucher der trockenen nördlichen Niederungen Ceylons. Zum Verwechseln ähnliche Blätter haben die soeben angeführte Eugenia bracteata und Memecylon umbellatum. Von den vielen anderen Bäumen mit eingebuchteten Blätter, die gleichfalls in den trockensten Gegenden einheimisch sind, führe ich beispielsweise an: Bauhinia racemosa, Gymnosporia emarginata, Flueggea leucopyrus, Mimusops hexandra, Sapindus emarginatus, Maba buxifolia, Feronia elephantum, Derrsi parvifolia, Hemicyclia Gardneri usw.

Es finden sich aber auch verschiedene Gewächse, die je nach dem Standort recht verschiedene Blattformen zeigen. Die Blätter von Memecylon varians, einem kleinen, endemischen Baume, der in den mittleren Teilen von Ceylon recht häufig zu finden ist, zeigen an sehr regenreichen Standorten eine oft 2-3 cm lange Träufelspitze, während meine Exemplare von A d a m s   P e a k (7300' hoch gesammelt) beinahe runde Blätter (mit einem Diameter von 1--2cm) und keine Spur von Träufelspitze zeigen. Beide extremen Formen sind durch eine Unzahl von Übergängen miteinander verbunden und zwar so, daß man oft die klimatischen Bedingungen des Standortes schon nach der Blattform angeben kann. Diese beiden extremen Formen waren übrigens schon T w a i t e s bekannt; er bezeichnete die rundblätterige als E. varians var. rotundatum. T r i m e n1) gibt an, daß diese letztere kleineres Laub als die Hauptform habe und an beiden Enden "obtusus" sei; sie kommt nur, wie er richtig anführt "at the higher elevation" vor. Auf A d a m s   P e a k hat diese Varietät ganz runde Blätter.


1) Trimen, Flora of Ceylon, Part 2, p. 214.



Nicht weniger hervorzuheben ist Ilex Walkeri, bei der auch Formen mit und ohne Einbuchtung der Blattspitze vorkommen; je feuchter und schattenreicher der Standort, um so mehr tritt eine Einbuchtung an der Blattspitze auf. Dies letztere Form findet sich auf Pedro-Talagala, während die erstere auf feuchten Standorten auf Hortons Plain wächst.

Aber sogar auf demselben Baume können die Blätter sich verschieden verhalten, je nachdem sie in der Sonne, imm Schatten, in der Regenzeit oder in der ersten Periode der trockenen Jahreszeit gebildet werden. Auf Taf. XIII Fig. 59a und b habe ich einen solchen Fall (Memecylon umbellatum) gezeichnet, das Blatt a war in der Sonne entstanden, das Blatt b im Schatten.

Fest steht also, daß die Laubblätter mit Träufelspitze hauptsächlich - um nicht beinahe ausschließlich zu sagen - in den regenreichen Klimaten vorkommen, und daß ausgebuchtete Blätter sehr oft in den trockenen Gegenden zu finden sind. Es ist dies eine so auffallende Erscheinung bei den ganzen Formationen, daß eine nur zufällige Ähnlichkeit der Blätter von vornherein ausgeschlossen erscheint.

Die teleologische Deutung der Träufelspitze nach S t a h l und J u n g n e r ist ja bekannt. Daß durch diese das Abfließen des Wassers von der Blattfläche erleichtert wird, scheint mit jedoch recht problematisch; denn wie K e e b l e1) bei Amherstia nobilis, so beobachtete ich, - gleichfalls in Peradeniya - daß bei verschiedenen Ficusarten, darunter F. religiosa, ein Abtrocknen des Blattes ebenso schnell erreicht wurde, wenn die vorgezogenen Spitze abgeschnitten war. Ich habe allerdings nur in der freien Natur die Wirkung des Regens beobachtet und nicht wie S t a h l mit einer Gießkanne in einem Treibhause meine Untersuchungen angestellt. Was K e e b l e sonst gegen die J u n g n e r - S t a h l sche Theorie angeführt hat, erscheint nicht einwandfrei.


1) Keeble, The hanging foliage of certain tropical trees. Annales of Botany, Vol. 9, p. 76.

Er teilt mit, daß die Träufelspitzen von Amherstia nobilis an den ausgewachsenen Blättern in Peradeniya stets abgestorben waren; sie bestehen aus zarterem Gewebe als der übrige Teil des Blattes. Die Träufelspitze ist auch an den jungen, vertikal abwärts hängenden Blätter viel markierter als an den älteren. K e e b l e bezieht sich in allen seinen Angaben gegen die J u n g n e r - S t a h l sche Deutung nur auf den oben erwähnten Baum. Es ist ihm aber gegangen wie so vielen anderen, die in den tropischen botanischen Gärten ihre Untersuchungen anstellten, sie machten ihre Beobachtungen an Bäumen, die unter ganz neuen Bedingungen wachsen, ja oft sogar in einem ganz anderen Lande ihre Heimat haben. Amherstia nobilis z. B. kommt überhaupt nicht in Ceylon wird vor und wurde im Jahre 1866 von Malacca nach Peradeniya gebracht.

Auffallend ist es, die Richtigkeit jener Theorie vorausgesetzt, daß die Träufelspitze nicht bei den Laubblättern in Nord-Ceylon vorkommt; denn wenn hier auch lange Trockenperioden herrschen, so tritt doch jährlihc eine Zeit ein, in welcher der Regen so kräftig und andauernd fällt, daß das ganze Land sozusagen 3-4 Wochen unter Wasser steht.

G ö b e l und R a c i b o r s k i haben besonders darauf hingewiesen, dass die Blattspitze bei den Kletterpflanzen eine besondere Neigung zum Vorauseilen zeigt, während die eigentliche Lamina erst später in die Breite und Länge wächst. Bei den Blättern mit Träufelspitze finden wir eine ähnliche "Vorläuferspitze", die schon in den jüngsten Stadien ausgebildet wird und dann bedeutend länger als die noch sehr kleinen Anlagen der Blattspreite erscheint. Erst später wächst diese heran, während die Spitze nun relativ weniger an Länge zunimmt.

Wenn auch in den jungen Stadien eine mehr oder weniger ausgezogene Blattspitze vorhanden ist, geschieht es doch oft, daß das fertige Blatt nicht allein ohne Spitze, sondern sogar eingebuchtet ist.

Bevor ich auf diesen Fall näher eingehe, möchte ich einen Versuch erwähnen, den ich mit Doona cordifolia anstellte. Die Blätter, die eine Länge von 10-12 cm erreichen, sind oval oder schmal oval und verjüngen sich zu einer langen Träufelspitze. Bei ganz jungen Blattanlagen entfernte ich die äußere Spitze, und die Blätter erschienen später im ausgewachsenen Zustande ausgebuchtet, wie aus der Taf. I Fig. 2a hervorgeht. Auch mit anderen Bäumen, deren Blätter stark zugespitzt sind, wurden ähnliche Versuche angestellt, die alle dasselbe Resultat ergaben: wenn in jungen Stadien die Vorläuferspitze entfernt wird, erscheinen die Blätter später ausgebuchtet.

Die Anatomie der Träufelspitze lehrt uns, daß nur der Hauptnerv in diese hinausläuft, ohne eigentliche Seitennerven zu bilden. Die Wasserversorgung der Spitze ist deshalb recht gering im Vergleich zu den übrigen Teilen des Blattes; die Blattspitze wird daher nur in sehr feuchter Luft beibehalten werden können. Sobald die äußeren Bedingungen in dieser Richtung geändert werden oder der Baum nach regenärmeren Standorten versetzt wird, trocknet die Spitze ein, oder sie kommt überhaupt nicht zur Ausbildung.

Was ich künstlich hervorgerufen habe, bewirkt die Natur unter bestimmten Bedingungen selbst, und es wird uns deshalb ganz verständlich, daß in regenarmen, trockenen Klimaten Blätter mit Träufelspitze fehlen müssen. Ganz in Übereinstimmung hiermit weisen auch die Laubblätter in den regenarmen Zonen und in den Hochgebirgen gewisse gemeinsame Charakter auf, da es in den sehr hoch gelegenen Gebieten der Tropen selten regnet. Selbst in der Regenzeit beobachtet man in diesen Gegenden höchstens einen feinen Nebelregen, dagegen fährt besonders in der Trockenzeit ein kalter, trockener Wind über die Berggipfel hin. Die Trockenheit der Luft in diesen Gegenden bewirkt nicht allein die verschiedenen Anpassungen der Blätter gegen zu starke Transpiration, sondern auch das Einrollen des Blattrandes, das hier so überaus häufig vorkommt (Folia revoluta)

Von den verschiedenen Fällen, die ich untersucht habe (u. a. sämtliche auf Seite 224 erwähnten Pflanzen) und die alle zeigen, daß die emarginaten Blätter kausal auf ein Eintrocknen der Blattspitzen im jungen Stadium zurückzuführen sind, werde ich nur einige Beispiele erwähnen.

Bei Memecylon umbellatum haben ursprünglich alle Blattanlagen eine deutliche Spitze; bei den Blättern, die in der Sonne wachsen, trocknet diese aber bald ein, und das Wachstum hört selbstredend an der Spitze auf, während die angrenzenden Zellen ihre Teilung fortsetzen. Bei den fertig ausgebildeten Blättern kann man den abgestorbenen Teil deutlich als ein braunes Gewebe wahrnehmen. Auf Taf. XIII Fig. 59a und b sieht man, wie die Blattnerven in den Blättern verlaufen.

Es finden sich aber auch Fälle, wo an der Blattspitze ein Epithem vorhanden ist, das aber frühzeitig zugrunde geht, wodurch ebenfalls weiteres Wachstum der Blattspitze ausgeschlossen wird. Bei der Mangrovepflanze Lumnitzera racemosa zeigt sich eine Apikalöffnung, wie sie schon bei verschiedennen monokotylen Wasserpflanzen beschrieben1) wurde. Über dem Ende des Mittelnervs tritt unter der Spitze eine Höhlung auf, dei schließlich nur von der Kutikula überspannt ist; in dieser Grube liegen noch die vertrockneten Reste von Gefäßen oder anderen Gewebeteilen (abgebildet auf Taf. XIV Fig. 78)2). Daß die ausgebuchteten Blätter bei dieser Pflanze emarginat sind, brauche ich kaum hinzuzufügen.

Über habe ich gefunden, daß die ausgebuchteten Blätter ursprünglich eine Blattspitze besitzen, die aber später zugrunde geht. Daß die Blätter emarginat oder zugespitzt erscheinen, je nachdem sie in der Sonne oder im Schatten wachsen, haben wir bei Memecylon umbellatum gesehen.


1) Vergl. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie, 3. Auflage, p. 437.
2) Vergl. Holtermann, Beiträge zur Anatomie der Combretaceen.


Ich versuchte in Peradeniya Pflanzen, die sonst immer emarginate Blätter besitzen, in sehr feuchter Luft zu ziehen, um zu verhindern, daß die Blattspitzen eintrockneten; leider war die Zeit zu kurz, um sichere Resultate zu erzielen. Im übrigen kann vielleicht schon mit Buxus sempervirens experimentiert werden. Die jungen Blätter sind hier zugespitzt, während die älteren bekanntlich ausgebuchtet erscheinen.

Schon in meiner Mitteilung "Anatomisch-physiologische Untersuchungen in den Tropen" habe ich angedeutet, daß, wenn auch viele für die Physiognomie der Flora von Nord-Ceylon ganz besonders bezeichnende Arten wohl auch anderwärts verbreitet sind, sie doch hier oft durch ganz zwerghafte Formen vertreten sind. Besonders liefern die Gramineen zahlreiche Beispiele. Panicum flavidum Retz. wächst z. B. in den trockensten Gegenden als eine kleine Pflanze mit kurzen Internodien, wurzelschlagendem Stengeln und steifen, zusammengerollten Blättern. Auf den feuchten Standorten in Peradeniya dagegen ist das Gras kaum wiederzuerkennen; es ist 3-4 Fuß hoch, aufgerichtet und mit flachen Blättern versehen. Ein ähnliches Verhältnis zeigt auch P. distachya. Apocopis Wightii ist in Nord-Ceylon stark behaart und bietet den Anblick einer Alpenpflanze; in Peradeniya dagegen geht sie in eine dünnblättrige, beinahe unbehaarte Form über. Ein augenfälliges Beispiel bietet Eleusine aegyptiaca, ein Gras, das ganz allgemein in den warmen Gegenden der Insel zu finden ist. Die Pflanze variiert in der ausgiebigsten Weise ja nach der Beschaffenheit des Bodens und des Klimas. In Peradeniya sind die Exemplare, wennsie auf schattigen Standorten wachsen, bis zu 1/2 m hoch; die Ähren stehen zu 4-5 beisammen und sind 4-5 cm lang; in den trockenen Gegenden von Jaffna sind die Stengel niederliegend, der Erde angeschmiegt und an jedem Knoten wurzelschlagend. Die Ähren stehen hier nur zu zweien und sind 1-2 cm lang. Meine Zeichnung (Taf. XI Fig. 52) von Paspalus longiflorum ist nach einem Exemplar ausgeführt, das ich am sandigen Meeresstrande bei Jaffna fand. In Peradeniya erschien das Gras bis zu 30 cm hoch und ohne Neigung, Wurzel zu schlagen; auch die Behaarung war in Jaffna erheblich stärker als in Peradeniya. Ähnliche Beispiele bieten auch Diplachne fusca und Aleuropes lagopoides. Leider kann ich auf die verschiedenen Fälle nicht weiter eingehen. Ein umfangreiches Material für solche Studien befindet sich in dem Herbar des botanischen Gartens zu Peradeniya.

Hier kann auch die Zwergform von Caelachne perpusilla erwähnt werden. Die Pflanze erreicht auf feuchten Standorten durchgehends eine Höhe von 1/4-1/2 m. Auf trockenen Stellen des Hochgebirges dagegen wird sie nur 3-4 cm hoch und hat fadenförmige Blätter, wie auf Taf. XII Fig. 59 dargestellt ist.

Eine anderen sehr bemerkenswerte Zwergform bildet Cyperus polystachyus. Auf den feuchten Patanas wird er 40-50 cm hoch. Von Herrn N o c k erhielt ich einige Modifikationen, die er auf ganz trockenem Boden von normalen Formen gezogen hatte; eine ist in natürlicher Größe auf Taf. XII Fig. 53 b abgebildet; sie hatte eine Höhe von 2-3 cm1).

Aber nicht allein die Gramineen und Cyperaceen kommen bei Erwähnung der Zwergformen in "the dry Region" in Betracht.


1) Ich stellte Versuche mit Centotheca lappacea an, einem Grase, das in den feuchten Wäldern wächst und sehr breite Blätter besitzt. Die Pflanzen wurden in die Sonne gestellt und gediehen gut, obgleich sie zu größerer Verdunstung gezwungen waren. Ich konnte beobachten, daß die neuen Blätter durchgehends kleiner und schmäler wurden. Auf Taf. XII Fig. 58 ist die Sonnenform abgebildet; die gewöhnliche Breite der Blätter in den feuchten Wäldern ist durch die punktierten Linien ausgegeben.

Auch Panicum repens versuchte ich zu kultivieren; denn dieses Gras, das in trockener, sandiger Erde ebensogut wächst wie auf fetten, feuchtem Boden, schien mir besonders geeignet. Die Blätter waren auf trochen Standorten zusammengerollt und auf feuchtem Boden flach ausgebreitet. Auf der ersten Stelle entwickelt die Pflanze das große, dicke Rhizom, wie ich es auf Taf. III Fig. 23 (2/3 verkleinert) abgebildet habe; in einem feuchten Boden erschien es aber nur von geringer Dicke und zeigte nichts Auffälliges. Nähere Untersuchungen hierüber wären erwünscht.



Ich habe schon früher erwähnt, daß z. B. Erigeron asteroides, das sonst eine Höhe von 45 cm erreichen kann, auf der kleinen Insel Kaits, nicht weit von Jaffna, in Exemplaren von 1-2 cm erschien; Vernonia cinerea wurde auch nicht größer, während sie sonst eine Höhe bis zu 60 cm erreicht. Ich verweise auf meine Zeichnungen. Sie zeigen, in natürlicher Größe dargestellt, einige Zwergformen. Enicostema littorale (Taf. XI Fig. 53 rechte Abbildung) wird unter günstigeren Bedingungen bis 45 cm hoch, Vicoa indica (Taf. XI Fig. 53 linke Abbildung) bis 80 cm und Blumea amplectens (Taf. XI Fig 53 mittlere Abbildung) bis 35 cm. Von Aneilema spiratum (Taf. X Fig. 50a und 50b) gebe ich beide Formen wieder. Die größere Form findet sich sehr häufig inden Reisfeldern an sehr feuchten Stellen, während die kleinere an ganz trockenen Standorten in der Nähe von Jaffna gesammelt wurde.

Eine noch auffallendere Erscheinung bildet Trianthema triquetra, eine kleine, mehrjährige Pflanze, die auf sehr trockenen Standorten eine ganz anderen Form einnimmt: die Internodien werden sehr kurz und die Blätter viel kleiner. Auf Tafel XII Fig. 54 sind beide Formen abgebildet, links die normale, rechts die Zwergform. Beide Modifikationen sind durch zahlreiche Übergänge miteinander verbunden.

Bei den Zwergformen findet immer eine Reduktion der Zahl der Blätter statt; auf Taf. X Fig. 51 ist Portulaca quadrifida abgebildet. Rechts befindet sich die normale Form, wie sie auf gutem, feuchten Boden erscheint. An der Basis sind die Blätter von kleinen Haaren umgeben. Auf sehr trockenen Standorten sind die Blätter weit geringer an Zahl, und die Haare wachsen zu einem dichten Filz aus, wodurch die Transpiration der Pflanze bedeutend herabgesetzt werden muß.

Daß die oben erwähnten gedrungenen Formen auch auf Plätzen mit fettem, guten Boden vorkommen, wenn nur die genügende Trockenheit der Erde vorhanden ist, beweist, daß die Wasserversorgung eine sehr wichtige Rolle spielt, und es ist vollständig in Übereinstimmung hiermit, wenn wir zum Teil dieselben Zwergformen sowohl in den Hochgebirden wie auch an salzhaltigen Stellen wiederfinden. Ein instruktives Beispiel bietet Heylandia latebrosa (Taf. XI Fig. 53). Diese kleine Leguminose, die auf günstigen Standorten, flach ausgebreitet und noch dazu stark verzweigt, oft eine Länge von 60-70 cm erlangt, bildet auf den trockenen Savannen an dem salzhaltigen Meeresstrande und in Wüstengegenden genau dieselben Modifikationen, nämlich kleine, stark behaarte, gedrungene Formen.

Der Nanismus scheint nicht von konstanter Natur zu sein. Man sollte meinen, daß diese Pflanzen, die unzweifelhaft unzählige Generationen hindurch auf dem nämlichen Standort gelebt und dessen Einwirkung erfahren haben, zu einer gewissen Konstanz gelangt wären, so daß, wenn man sie auf einem anderen Standorte ansiedelte, sie noch lange erworbene Merkmale unverändert beibehalten + müßten. So plausibel dies von vornherein erscheinen mag, so ist es doch tatsächlich nicht zutreffend; denn in dem botanischen Garten zu Peradeniya gingen Nachkommen von solchen Zwergformen schon in der ersten Generation in normale Formen über, sobald die Bedingungen günstig waren. Ein besonders instruktives Beispiel bot in dieser Beziehung Enicostema littorale; hier bildeten sich die Zwergformen direkt zu normalen Exemplaren aus, wenn sie in fetten, etwas salzhaltigen Boden verpflanzt wurden.

Ich brauche auf diese letztgenannten Tatsachen nicht näher einzugehen, um zu zeigen, daß wir es hier mit einer Erscheinung der direkten Anpassung zu tun haben, die teils durch die kurze Vegetationsperiode, teils durch die in geringem Maße vorhandenen Nährstoffe bedingt wird. Ein trockenes Klima bewirkt je stets, daß die Pflanzenteile in geringerer Zahl und Größe ausgebildet werden. Die Gewächse in Nord-Ceylon sind also durchgehends klein und wenig beblättert, mit wenigen Blüten ausgestattet; Verzweigungen sind nur spärlich vorhanden oder fehlen vollständig. Dies bedingt wieder, daß die Blätter nur klein und schwach entwickelt sind, und der ganze Habitus erscheint mehr oder weniger gedrungen, weil die Stengelinternodien verkürzt sind. Es sind dies also Eigentümlichkeiten, die nichts Bleibendes an sich haben, sondern nur so lange dauern, als die Einwirkung währt.

Ich hatte dies schon in der oben zitierten vorläufigen Mitteilung (pag. 4) angedeutet. D e  V r i e s1) hat im "Album der Natur" diese Mitteilung ziemlich eingehend besprochen; er sagt, daß meine Bemerkung über die Inkonstanz der einheimischen Pflanzen nicht zugunsten der N ä g e l i schen Lehre von der direkten Bewirkung spricht.

Hierauf möchte ich folgendes erwidern: Daß unter neuen und günstigeren Bedingungen wieder normale Individuen ausgebildet werden, steht in keinem Wiederspruch zu N ä g e l i s Auffassung; denn aus meinen Angaben geht nur hervor, daß die Veränderungen nicht erblich sind; sie bewegen sich innerhalb der ontogenetischen Elastizitätsgrenze - wie N ä g e l i sich wohl ausdrücken würde - und bedingen nur Standortsmerkmale. In seinen Untersuchungen über die Hieracien hat ja gerade N ä g e l i hervorgehoben, daß die Ernährungseinflüsse nur vorübergehende Veränderungen hervorrufen. "Reichliche Nahrung kann fett machen, Nahrungsentziehung führt die frühere Magerkeit wieder herbei." Er führt eine große Zahl von Beispielen an, die beweisen, daß die Nahrungseinflüsse Eigenschaften, die sie unmittelbar hervorrufen, doch nicht dauernd zu machen vermögen, auch wenn sie durch noch so viele Generationen hindurch eingewirkt haben. Alpenpflanzen, - so bemerkt N ä g e l i - von denen man annehmen muß, daß sie von jeher (wenigstens seit der Eiszeit) unter den nämlichen Verhältnissen gelebt und die charakteristischen Eigenschaften der Hochlandspflanzen besessen haben, verlieren diese Eigenschaften bei der Verpflanzung in die Ebene vollständig schon im ersten Sommer.


1) Huge de Vries, Over den Invloed der Omgeving op het Uiterlijk der Planten. Album der Natur 1903.



Statt des früheren, gedrungenen, unverzweigten Wuchses und der geringen Zahl von Organen sind sie nun in die Höhe beschossen, stark verzweigt und mit zahlreichen Blättern und Blüten versehen. Es sind dies vorübergehende Eigenschaften, die er als Ernährungsmodifikationen bezeichnet.

Bei allen Beispielen, die ich angeführt habe und deren Zahl sich leicht vermehren ließe, entspricht die Anpassung, welche als Reaktion auf eine äußere Einwirkung auftritt, stets einem Bedürfnis und erweist sich somit immer als nützlich. Diese Wirkungen der Außenwelt kommen also direkt zur Geltung und nicht auf dem Umwege der natürlichen Zuchtwahl oder der Mutation. Die äußeren Reize haben also direkt die Anpassungen hervorgerufen und damit formändernd in den Organismus der Pflanzen eingegriffen.

Die Frage ist nun, ob solche durch Selbstregulierung erworbenen Eigentümlichkeiten vererbt werden können. Bekanntlich ist dies die Streitfrag der neueren Zeit. Die Darwinisten mit W e i s m a n n an der Spitze können sich mit diesem Gedanken nicht befreunden, während eine große Zahl von Botaniker, wie
N ä g e l i,  S c h w e n d e n e r,  W e t t s t e i n  u. a. die Ansicht vertreten, daß die hierher gehörenden Anpassungen erblich fixiert werden können.

D e  V r i e s schließt sich in seiner Mutationslehre den Darwinisten an, indem er die Bedeutung der natürlichen Zuchtwahl anerkennt, aber allerdings erbliche Anlagen immer nur plötzlich, unvermittelt und ohne Beziehung zur Außenwelt auftreten läßt.

Dauert der Reiz während eines sehr langen Zeitraumes, also eine große Anzahl von Generationen hindurch an, so werden die direkt erworbenen Anpassungen erblich. Es könnte aber leicht der Einwand gemacht werden, daß gerade meine Kulturversuche zeigen, daß verschiedene Eigentümlichkeiten sofort verschwinden oder in geringerem Maße auftreten, wenn sich die äußeren Bedingungen ändern. Wir haben ja gesehen, wie das Wassergewebe bei den Mangrovepflanzen, Cyanotis zeylanica usw. unter gewissen Verhältnissen schwächer ausgebildet wird und sogar schon in der ersten Generation, obschon die Versuchsobjekte aus Pflanzen hervorgingen, die gewiß seit unendlichen Zeiten an demselben Standort gewachsen waren. Bei Aneilema spiratum war dies noch auffallender; denn als die Pflanze in immer feucht gehaltener Erde kultiviert wirde, verschwand das Wassergewebe vollständig oder blieb nur über den Gefäßbündeln erhalten. (Siehe Taf. X Fig. 50a und 50b.) Bei Acanthus ilicifolius verschwanden die Schleimzellen, bei Rhizophora mucronata die Steinzellen, als die Pflanzen ohne Salz kultiviert wurden. Dies scheint, wie gesagt, gerade nicht für die Erblichkeit zu sprechen. In diesen Fällen ist wohl die äußere Erscheinung nicht erblich fixiert, aber die Fähigkiet, die verschwundenen Merkmale wieder zu erzeugen, ist geblieben. Denn wir brauchen nur die Pflanzen in die alten Bedingungen zurückzubringen, dann treten die Anpassungen wieder in ihrer ursprünglichen Stärke auf. Bei Rhizophora werden wieder ein mächtiges Wassergewebe und Steinzellen ausgebildet und bei Acanthus kommen die gro&zi;en Schleimzellen wieder zum Vorschein

Viele von den durch äußere Einwirkung erworbenen Merkmalen bleiben aber auch unter ganz neuen und verschiedenartigen Bedingungen erhalten; ich erinnere nur daran, daß unsere gewöhnlichen Zimmerpflanzen, z. B. Ficus elastica und mehrere Begonienarten, sich in Europa in habitueller und anatomischer Beziehung durchaus wie in den Tropen verhalten. Ebenso sind aus Ceylon verschiedene europäische Pflanzen eingewandert, die gleichfalls in der neuen Heimat unverändert geblieben sind.

In seiner Arbeit über die Spaltöffnungen hat S c h w e d e n e r1) darauf hingewiesen, daß von den nordischen Cyperaceen, die sich fast ausnahmslos an sumpfigen und moorigen Orten bei uns angesiedelt haben, ein Bruchteil mit eingesenkten oder von Papillen überwölbten Stomata ausgestattet ist, daß aber der überwiegenden Mehrzahl dieses Steppenzeichen fehlt.


1) Schwedener, Gesammelte botanische Vorlesungen B. I S. 71 (Die Spaltöffnungen der Gramineen und Cyperaceen).



Dasselbe ist an gewissen nordischen Standorten, wo es heute noch zu beobachten ist, ausgebildet worden und dann nach der Ansiedlung in unsern Breiten erhalten geblieben.

Die anatomischen Merkmale, welche als Anpassungen an die äußeren Lebensbedingungen zu betrachten sind, kommen also ausschließlich bei den endemischen Arten vor, dagegen entsprechen sie bei eingewanderten nicht immer den heutigen Standortsverhältnissen. Sowohl die erwähnten xerophytischen Merkmale, welche einzelne Gräser und Scheingräser unserer Flora aufweisen, als auch die außergewöhnlichen Verstärkungen der Schutzscheide bei Tofieldia calyculata, Iris sibirica, Narthecium ossifragum u. a. sind offenbar nach S c h w e d e n e r s Untersuchungen nicht an den Standorten in Deutschland, sondern in der durch größere klimatische Extreme ausgezeichneten Urheimat entstanden. -

Inwieweit nun die soeben angeführte Einsenkung der Spaltöffnungen bei einigen Cyperaceen auf Rechnung äußerer Faktoren oder der natürlichen Zuchtwahl zu stellen ist, läßt sich wohl in diesem speziellen Fall nicht entscheiden; dagegen habe ich ja Beispiel genug aus anderen Pflanzenfamilien angeführt, die uns zeigen, daß die Spaltöffnungen bei derselben Art je nach den Bedingungen vertieft oder an der Oberfläche liegen.

Meiner Meinung nach wird aber schließlich die Lage der Spaltöffnungen auch bei den von mir erwähnten Pflanzen erblich fixiert, wenn die Bedingungen lange genug nach einer bestimmten Richtung einwirken.

Das Wassergewebe wird unzweifelhaft durch äußere Agentien beeinflußt. Ich erinnere besonders an meine auf Seite 212 angeführten Versuche mit Avicennia officinalis, bei denen es sich zeigte, daß die neu gebildeten Blätter sich auch in anatomischer Beziehung von den früheren unterschieden; denn das Wassergewebe war bei jenen beinahe doppelt so mächtig und bestand aus 6-7 Schichten, während es früher höchstens 2-3 zeigte.

Daß das Wassergewebe durch direkte Anpassung vergrößert werden kann, unterliegt also nach diesen Experimenten keinem Zweifel. Die nächste Frage ist nun die Erblichkeit. Es findet sich eine große Zahl von Fällen, wo das Wassergewebe vollständig unverändert bleibt. So z. B. bei Alstonia scholaris. In den Mangroven, in Peradeniya, in den feuchtesten sowie in den trockensten Gegenden Ceylons behalten die Blätter dieser Pflanze das Wassergewebe unverändert bei, und so war es auch unter den Bedingungen der Kultur der Fall, sei es daß mit salzhaltigem oder salzfreiem Wasser begossen wurde.

Wie schon angeführt, besitzen sämtliche echten Mangrovegewächse Wassergewebe; es sind dies ungefähr 25 Arten. Daß das Gewebe einem Bedürfnis entspricht, beweist schondie folgende Tatsache: wo es nicht subepidermal entwickelt ist, findet es sich tiefer im Innern - ausgebildet wird es stets in irgend einer Weise.

Beinahe ebenso regelmäßig tritt das Wassergewebe bei einer anderen Formation auf, die gleichfalls mit einem vorübergehenden Wassermangel zu kämpfen hat, nämlich bei den Epiphyten der feuchten Gegenden. Und diese Übereinstimmung in bezug auf das Wassergewebe, die bei den verschiedensten Pflanzenfamilien beobachtet wird - zu den Mangrovegewächsen gehören ein Farn, verschiedene Monokotylen und Dikotylen - sollte nur durch Mutation hervorgerufen sein, und das Zustandekommen der unbestrittenen Zweckmäßigkeit nur durch Zufall erklärt werden?

In seinem Vortrag in Karlsbad bemerkte von W e t t s t e i n1),


1) Wettstein l. c. p. 12 und 22.



daß, soweit unsere Erfahrungen reichen, durch direkte Anpassung niemals etwas absolut Neues in die Erscheinung tritt,sondern nur Modifikationen oder Umgestaltungen schon vorhandener Eigentümlichkeiten bewirkt werden1). W e t t s t e i n s Formulierung ist nicht ganz klar; jedenfalls haben wir gesehen, daß bei den Mangrovegewächsen, die in Peradeniya kultivert werden, Steinzellen, Speichertracheiden, Schleimzellen usw. mit Hilfe von Kochsalz hervorgerufen werden können. Ich kann noch andere Beispiele anführen. Bei den Exemplaren von Avicennia tomentosa, die mit 5 1/2 % Kochsalzlösung begossen wurden, trat im Gewebe der Blätter etwas absolut Neues hinzu. Es bildeten sich nämlich im Wassergewebe große Zellen, die durch ihre verdickten, mit zahlreichen Poren versehenden Wände scharf von den übrigen Zellen des Gewebes abgegrenzt waren. Bei den Pflanzen von Nipa fruticans, die in Peradeniya kultiviert wurden, zeigten sich auch auf der Oberseite der Blätter Spaltöffnungen, während solche in den Mangrove-Exemplaren nur auf der Unterseite zu finden sind. Auch von S c h w e n d e n e r kann ich ein Beispiel anführen; er sagt2):

"Eine weitere bemerkenswerte Tatsache ist das Vorkommen einer Schutzscheide (Endodermis) bei Stammorganen, welche im Boden oder im Wasser vegetieren. Die Vermutung liegt nahe, daß die Entwickelung solcher Scheiden, wenn sie den oberirdischen Stammteilen fehlen, ebenfalls mit den veränderten Lebensbedingungen im Zusammenhange stehe und folglich auf direkte Bewirkung zurückzuführen sei.


1) Wettstein fügt noch hinzu: "in dieser Hinsicht bildet die direkte Anpassung geradezu einen Gegensatz zur Veränderung durch Mutation". Ist denn durch die Mutation tatsächlich etwas absolut Neues zur Erscheinung gebracht? Soweit mir bekannt, hat man bei der Mutation bis jetzt nur Modifikationen der schon vorhandenen Eigentümlichkeiten beobachtet.
2) Schwendener l. c. p. 9



Versuche, bei denen gewöhnliche Laubtriebe in einer mit Erde gefüllten Tonröhre eine Zeitlang weiter wuchsen, ergaben denn auch tatsächlich kleine Veränderungen im Sinne einer beginnenden Scheidenbildung, indem einzelne Zellen oder Zellreihen an der bestreffenden Stelle außerhalb der Gefäßbündel nach dem Versuche deutlich verkorkt waren."

Nicht ganz begreiflich bleibt es, wie W e t t s t e i n, der doch behauptet, daß durch direkte Anpassung nicht "etwas absolut Neues in die Erscheinung tritt", doch von der Gültigkeit der lamarckistischen und darwinistischen Anschauung "vollkommen überzeugt"1) sein kann.

D a r w i n war ja bekanntlich der Meinung, daß das Klima keinen direkten Einfluß auf die Ausbildung der pflanzlichen Merkmale habe; er hebt dies besonders in seinen Briefen wiederholt hervor; nur in einem der letzten sagt er, daß er doch vielleicht die Bedeutung der äußeren Faktoren unterschätzt habe (Brief an Semper, 10. Juli 1881). Es ist durchaus erklärlich, daß D a r w i n, obgleich er ein so objektiver und vorurteilsloser Beobachter war, die direkte Einwirkung der klimatischen Faktoren übersehen konnte; denn erst durch die späteren, mikroskopischen Untersuchungen wurden unwiderlegbare Beweise für die direkten Anpassungen beigebracht; sie sind durch innere Kräfte entstanden, welche durch äußere Faktoren ausgelöst wurden.

In seinem Buche "Willkürliche Entwickelungsänderung bei Pflanzen" hat K l e b s versucht den Nachweis zu führen, daß gewisse Entwickelungsvorgänge in einer kausalen Abhängigkeit von bekannten äußeren Faktoren stehen. Bei verschiedenen Pilzen, Algen und Phanerogamen hat er durch Veränderung des Substrats oder sonstiger äußerer Bedingungen gezeigt, dass gewisse Prozesse vom Experimentator nach Belieben hervorgerufen oder unterdrückt werden können. Die Experimente von K l e b s sind wohl so bekannt, daß ich nicht nötig habe, näher auf sie einzugehen.


1) Wettstein, l. c. p. 8.



Er ist ein Anhänger der sogenannten kausalen Morphologie und setzt voraus, daß die Gestaltungsprozesse von äußeren Faktoren kausal bewirkt werden.

Der Gegensatz in unseren Auffassungen liegt im wesentlichen darin, daß K l e b s die teleologische Deutung bekämpft und überall die Kausalität zur Geltung bringen sucht, wobei die Begriffe Ursache und Wirkung in physikalischem Sinne gedacht sind.

Auch ich hatte es in der Hand, durch Änderungen des Substrats gewisse Entwickelungsvorgänge hervorzurufen oder zu unterdrücken. Bei verschiedenen Pflanzen konnte ich Schleimzellen, Wassergewebe, Steinzellen usw. zum Verschwinden oder Hervortreten bringen, die Kutikula verstärken, eingesenkte Spaltöffnungen in das Niveau der Oberfläche heben usw. Die beobachteten Veränderungen der Oberfläche waren aber nicht derart daß sie als Wirkungen der äußeren Faktoren im physikalischen Sinne gedeutet werden könnten. Diese Faktoren riefen nach meiner Auffassung bloss latente Kräfte wach, welche sodann die veränderte Gestaltung herbeiführten. Die neuen Merkmale können hierbei im Verlaufe der Zeit erblich fixiert werden, wie dies z. B. beim Laubfall und der Jahrringbildung der Fall ist, oder unter Umständen verschwinden.

Eine befriedigende Einsicht in diese inneren Vorgänge ist jedoch bis dahin nicht erreicht. Sie bleiben unverstanden, gleich viel, ob man die wirksame Kraft als Nisus formaticus, Dominanten oder sonstwie bezeichnet.




[Index]
[Einfluß des Klimas auf die Ausbildung der Zuwachszonen] [Literaturverzeichnis]


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Seite erstellt von Vanessa Quodt, am 19. 3. 2001
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