Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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138 7. Paläoklimatische Argumente.

Wir verzichten hier darauf, das Gesagte durch Zitate aus der Literatur zu belegen. Was jeder sehen kann, bedarf keiner Stützung durch fremde Meinungen; und wer nicht sehen will, dem ist ohnehin auf keine Weise zu helfen.

Für uns lautet die Frage jetzt nicht mehr: Haben sich die Kontinentalschollen verschoben? — denn daran ist ein Zweifel nicht möglich —, sondern: Haben sie sich so verschoben, wie es die spezielle Formulierung der Verschiebungstheorie annimmt?

Dabei darf zunächst nicht übergangen werden, daß noch an einer Reihe anderer Stellen in den permokarbonen Ablagerungen Konglomerate gefunden sind, die von geologischer Seite bisher gleichfalls als glazial betrachtet werden und ihrer Lage nach weniger gut und teilweise geradezu schlecht zu den speziellen Annahmen der Verschiebungstheorie passen.

So wird z. B. aus Mittelafrika von solchen permokarbonen (und weiter auch triassischen) Konglomeraten berichtet [216], die bisher mit dem südafrikanischen Dwykakonglomerat identifiziert und als Grundmoräne eines Inlandeises gedeutet werden. Permo-karbonische Eisspuren im Kongogebiet würden sich zur Not noch mit den Annahmen der Verschiebungstheorie vereinigen lassen (triassische nur noch sehr schlecht), machen aber meines Erachtens doch schon klimatologisch unwahrscheinliche Annahmen nötig. Aber wie steht es hier mit der Sicherheit der glazialen Deutung? Es war schon oben darauf hingewiesen, daß täuschend ähnliche „pseudoglaziale" Konglomerate mit angeschliffenen Stücken auch in ganz anderen Klimaten (insbesondere im Trockenklima) entstehen können und nachweislich entstanden sind. Der geglättete Fels unter der angeblichen Moräne ist im Kongogebiet bisher nirgends gefunden, man hat also bisher nur solche Kennzeichen, die auch für das Pseudoglazial typisch sind. Außerdem ist die Schichtenfolge dort erst in kleinen Bruchstücken bekannt -- selbst die Einordnung in das Permokarbon ist noch unsicher —, so daß man auch nicht sagen kann, daß die glaziale Deutung durch die Identität der ganzen Schichtenfolge gestützt wird. Das wenige, was wir von diesen Schichten wissen, scheint im Gegenteil auf eine bereits wesentlich andere Ausbildung und also auf Entstehung unter anderem Klima hinzudeuten. Keinesfalls kann also die glaziale Deutung hier schon als gesichert gelten. Und dazu kommt der direkte Einwand, daß man in Südafrika die Nordgrenze des Inlandeises bestimmen zu können glaubt. Es ist schwer glaublich, daß eine andere, getrennte


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003