Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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5. Geologische Argumente. 75

zwischen Spanien und Amerika liegt das breite untermeerische Massiv der Azoren. Wie ich aus dem ersten transatlantischen Echolotprofil abzuleiten versuchte [37], stellt dies Massiv wahrscheinlich einen niedergebrocnenen Trümmerstreifen aus kontinentalem Material dar, dessen ursprüngliche Breite möglicherweise auf über 1000 km geschätzt werden darf.

Daß diese Inseln, ebenso wie die übrigen atlantischen Inseln, in der Tat als Kontinentalbrocken aufzufassen sind, entspricht völlig ihrem geologischen Bau. (Fraglich bleibt allerdings, ob sich nicht ein großer Teil ihres Unterbaus und überhaupt der mittelatlantischen Bodenschwelle aus Basalt aufbaut.)

So kommt auch Gagel [81] für die Kanarien und Madeira zu dem Schluß, „daß diese Inseln abgesprengte Reste des europäischafrikanischen Kontinents sind, von dem sie erst in verhältnismäßig junger Zeit getrennt wurden".

Im Gebiet der Großen Antillen ist Matley vor kurzem bei der geologischen Untersuchung der Caymaninseln [105] zu dem Ergebnis gekommen, daß sich die dortigen Verhältnisse am besten auf Grund der Verschiebungstheorie erklären lassen: „Erstens haben alle Großen Antillen, obwohl sie manchmal durch beträchtliche Entfernungen und ozeanische Tiefen getrennt sind, eine bemerkenswert enge Familienähnlichkeit in ihrem Charakter, ihrer Fazies und den Beziehungen ihrer geologischen Formationen und der Folge ihrer vulkanischen Gesteine. Ihre geologische Geschichte ist, soweit sie bekannt ist, gleichfalls sehr ähnlich. Diese Faktoren sind nicht nur nicht ungünstig, sondern im Gegenteil eine Stütze für die Anschauung, daß diese Inseln früher näher beieinander gelegen haben, als sie es heute tun. Und weiter sind die großen submarinen Senkungen des Karibischen Meeres, wie z. B. die Bartlettrinne (zwischen Jamaika und Kuba), welche schon Taber als einen Grabenbruch angesprochen hat, so tief, daß es schwierig zu verstehen ist, wie abgesunkene Teile der Antillenlandmasse so tief in die Erdkruste einsinken sollten." Gewiß nur ein unbedeutendes Detail. Aber aus solchen Mosaiksteinchen setzt sich schließlich das großartige Bild der ganzen Erdoberfläche zusammen.

Weiter im Norden finden wir in unmittelbarer Folge drei alte Faltungszonen, welche sich von der einen Seite des Atlantik auf die andere hinüberziehen und wieder sehr auffallende Bestätigungen für die Annahme eines einstigen unmittelbaren Zusammenhangs liefern.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003