Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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5. Geologische Argumente. 67

richtung in den Vordergrund, welche etwa von Norden nach Süden weist und der Küste mit ihren Krümmungen parallel verläuft.

In Brasilien finden wir dieselbe Erscheinung. Schon E. Suess schreibt: „Die Karte des östlichen Guayana... zeigt mehr oder minder ostwestliches Streichen der alten Felsarten, aus welchen dieses Gebiet besteht. Auch die eingelagerten paläozoischen Schichten, welche den nördlichen Teil der Mulde des Amazonas ausmachen, verfolgen diese Richtung, und der Verlauf der Küste von Cayenne gegen die Mündung des Amazonas ist daher quer auf das Streichen . .. Soweit der Bau Brasiliens heute bekannt ist, muß angenommen werden, daß auch bis Kap San Roque der Umriß des Festlandes das Streichen des Gebirges quert, aber von diesem Vorgebirge an wird allerdings bis nach Uruguay hinab die Lage der Küste durch das Gebirge vorgezeichnet." Auch hier folgen die Flußläufe (Amazonas einerseits, Rio San Francisco und Parana andererseits) in großen Zügen der Streichrichtung. Allerdings haben die neueren Forschungen, wie die von Keidel (a.a.O.) hauptsächlich nach J. W. Evans gegebene, in Abb. 17 reproduzierte tektonische Karte von Südamerika zeigt, die Existenz noch einer dritten, der Nordostküste parallelen Streichrichtung nachgewiesen, wodurch sich die Verhältnisse etwas komplizierter gestalten. Allein die anderen beiden Streichrichtungen treten auch in dieser Karte, wenngleich teilweise etwas von der Küste abgedrängt, sehr deutlich hervor. Bei der beträchtlichen Drehung, welche Südamerika bei der Rekonstruktion erfahren muß, wird die Richtung des Amazonas gerade parallel zum Oberlauf des Niger, so daß die beiden Streichrichtungen mit den afrikanischen zusammenfallen. Hierin dürfen wie eine weitere Bestätigung eines ehemaligen unmittelbaren Zusammenhangs sehen.

In neuerer Zeit ist der gleichartige Bau Brasiliens und Südafrikas immer stärker betont worden. So stellt Maack [77] fest: „Wer Südafrika kennt, für den ist der geologische Bau dieser (brasilianischen) Landschaft überraschend. Auf Schritt und Tritt wurde ich an Landschaftsformen des Namalandes und Transvaals erinnert. Die Schichtfolge mit all ihren Besonderheiten entspricht vollkommen dem Aufbau des südafrikanischen Sockels." Maack fand auf dieser Reise fünf Kimberlitpfeifen bei Patos (etwa 18 1/2 ° Süd, 46 1/2 ° West). Er kommt zu dem Schluß: „Es liegt auf der Hand, daß man bei der heutigen Entfernung der korrespondierenden Formationen das Absinken von Landbrücken in der Breite des Atlantischen Ozeans ablehnen muß. Man kommt auf eine Kontinentverschiebung im


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003