Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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5. Geologische Argumente. 61

Grunde nicht ausschlaggebend, weil sie nicht die Möglichkeit einer unzusammenhängenden, relativ leichtflüssigen Schicht ausschließen, und natürlich auch nichts darüber aussagen, ob es in gewissen Perioden der Vorzeit eine solche relativ leichtflüssige, zusammenhängende Schicht gegeben haben kann. Sie sind aber von großem Werte deshalb, weil sie auch bei Ablehnung einer leichtflüssigen Schicht doch auf Zähigkeitswerte führen, die Kontinentverschiebungen zulassen. Die Möglichkeit der letzteren hängt also nicht davon ab, ob diejenigen Autoren Recht behalten, die neuerdings für die wenigstens regionale und zeitweise Existenz einer leichtflüssigen Unterlage der Kontinentalschollen eingetreten sind.

Nach dem Vorangehenden erübrigt es sich, festzustellen, daß die Verschiebungstheorie mit den Ergebnissen der Geophysik in bester Übereinstimmung steht. Bildet sie doch hier den Ausgangspunkt für eine große Zahl aussichtsreicher neuer Forschungen, die schon jetzt zu wichtigen Ergebnissen geführt haben, wenn sich auch viele Einzelheiten erst in der Zukunft ganz klären werden.

Es ließen sich noch manche anderen Beobachtungstatsachen auf dem Gebiet der Geophysik anführen, die direkt oder indirekt die Verschiebungstheorie zu stützen geeignet wären. Es ist indessen im Rahmen dieses Buches nicht möglich, auf den verschiedenartigen, hier zu besprechenden Gebieten Vollständigkeit zu erreichen oder auch nur anzustreben. Einige dieser Tatsachen werden noch in späteren Kapiteln zur Sprache kommen.

Fünftes Kapitel. Geologische Argumente.

Für unsere Auffassung, daß der Atlantik eine ungeheuer erweiterte Spalte darstellt, deren Ränder früher unmittelbar oder doch so gut wie unmittelbar zusammengehangen haben, ergibt sich eine scharfe Kontrolle durch einen Vergleich des geologischen Baues der beiden Seiten. Denn man wird erwarten dürfen, daß manche Faltungen und andere Strukturen, die vor dem Abriß entstanden sind, von der einen Seite zur anderen hinüberführen, und zwar müssen ihre Enden beiderseits des Ozeans gerade so gelegen sein, daß sie in der Rekonstruktion als unmittelbare Verlängerungen erscheinen. Da die Rekonstruktion selber infolge der markanten


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003