Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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52 4. Geophysikalische Argumente.

oder auf andere Weise Proben des anstehenden Gesteins aus diesen Tiefen hochzubringen. Immerhin verdient aber Beachtung, daß bei den Dredschzügen die Hauptmasse der heraufgebrachten losen Proben nach Krümmel [30] vulkanisch ist; „namentlich überwiegen Bimssteine ..., sodann begegnen die Trümmer von Sanidin, Pla-gioklas, Hornblende, Magnetit, vulkanischem Glas und deren Zersetzungsprodukt Palagonit, auch Lavabrocken von Basalten, Augi-tandesiten usw.". Vulkanische Gesteine zeichnen sich nun in der Tat durch größeres spezifisches Gewicht und größeren Eisengehalt aus und werden allgemein als aus größeren Tiefen stammend betrachtet. Suess nannte diese ganze basische Gesteinsgruppe, deren Hauptvertreter Basalt ist, ,,Sima" nach den Anfangsbuchstaben der Hauptbestandteile Silicium und Magnesium, im Gegensatz zu der anderen, kieselsäurereichen Gruppe des „Sal" (Silicium-Alu-minium), dessen Hauptvertreter Gneis und Granit den Untergrund unserer Kontinente bildet1). Einer brieflichen Anregung von Pfeffer folgend, möchte ich statt „Sal", um die Identität mit dem lateinischen Worte für Salz zu vermeiden, „Sial" schreiben. Der Leser wird nach dem Vorangegangenen wahrscheinlich schon selbst den Schluß ziehen, daß die Gesteine der Simagruppe, die wir freilich nur als Eruptivgesteine auf den sialischen Kontinentalschollen kennen, wo sie als Fremdkörper erscheinen, ihren eigentlichen Platz unter diesen Schollen haben und wahrscheinlich auch den Boden der Tiefsee bilden. Basalt hat, wie es scheint, die Eigenschaften, welche wir für das Material der Tiefseeböden brauchen.

Indessen hat sich über diese Frage, aus welchen Materialien die verschiedenen Erdschichten bestehen, in den letzten Jahren eine große Zahl von Untersuchungen entsponnen, teils auf petrographischer und geochemischer Grundlage, teils auf Grundlage der Erdbebenwellen, und die Frage ist gegenwärtig noch so im Fluß, daß es zu einer einigermaßen übereinstimmenden Ansicht zwischen den verschiedenen Forschern heute noch nicht gekommen ist. Wir wollen uns deshalb hier, ohne selbst Stellung zu nehmen, mit einem kurzen Überblick über die teilweise noch recht auseinandergehenden Ergebnisse begnügen.

Anfangs ging man allgemein davon aus, daß es genüge, unterhalb der kontinentalen Sialschicht, die sicher aus gneis- oder granit-

l) Diese Einteilung geht schon auf Robert Bunsen zurück der die nichtsedimentären Gesteine in „normal trachytische" (kieselsäurereiche) und „normal pyroxenitische" (basische) einteilte. Suess erfand jedoch die bequemen Namen.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003