Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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4. Geophysikalische Argumente. 51

tritt dies in der Diskussion über das magnetische Modell der Erde von Henry Wilde [50] hervor, bei dem die Ozeanflächen mit Eisenblech belegt werden mußten, um eine dem Erdmagnetismus entsprechende Verteilung der magnetischen Kraft zu erhalten. A. W. Rücker [51] beschreibt diesen Versuch mit den Worten: „Herr Wilde hat ein gutes magnetisches Modell der Erde mit einer Versuchsanordnung vorgeführt, die aus der Wirkung eines primären Feldes einer gleichförmig magnetisierten Kugel und eines sekundären Feldes von Eisenmassen bestand, die nahe der Oberfläche lagen und durch Induktion magnetisiert wurden. Die Hauptmasse des Eisens ist unter den Ozeanen angebracht. . . Herr Wilde legt das Hauptgewicht auf die Bedeckung der Ozeane mit Eisen." Auch Raclot [52] hat neuerdings bestätigt, daß dieser Versuch von Wilde in rohen Zügen das Verteilungsbild des Erdmagnetismus gut darstellt. Allerdings ist es bisher noch nicht geglückt, diesen Unterschied zwischen Kontinenten und Tiefsee rechnerisch aus den erdmagnetischen Beobachtungen abzuleiten, anscheinend aus dem Grunde, weil er von einem anderen, viel größeren Störungsfeld noch unbekannter Herkunft überlagert wird, welches keine Beziehung zur Kontinentalverteilung zeigt und wohl auch nicht zeigen kann, wie aus seinen großen, in der Säkularvariation zum Ausdruck kommenden Veränderungen hervorzugehen scheint. Jedenfalls aber sprechen die Ergebnisse des Erdmagnetismus auch nach Ansicht solcher Fachleute (wie Ad. Schmidt), welche die Beweiskraft von Wildes Versuch noch nicht ohne Einschränkung anerkennen wollen, keineswegs gegen die Annahme, daß die Tiefseeböden aus eisenhaltigerem Gestein bestehen. Da bekanntlich allgemein angenommen wird, daß bereits in dem Silikatmantel der Erde der Eisengehalt mit der Tiefe wächst und das Erdinnere weiterhin überhaupt vorwiegend aus Eisen besteht, so besagt dies, daß wir es hier mit einer tieferen Schicht zu tun haben. Nun erlischt der Magnetismus im allgemeinen bei der Temperatur der Rotglut, welche unter Zugrundelegung der gewöhnlichen geo-thermischen Tiefenstufe bereits in etwa 15 bis 20 km Tiefe erreicht wird. Der starke Magnetismus der Tiefseeböden müßte also gerade in den obersten Schichten vorhanden sein, was mit unserer Annahme, daß hier die schwächer magnetischen Massen fehlen, gut zu stimmen scheint.

Es liegt sehr nahe, zu fragen, ob man nicht irgendwelche Proben dieses Tiefengesteins unmittelbar vom Tiefseeboden beschaffen kann. Allein es wird wohl noch lange unmöglich sein, mit dem Schleppnetz

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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003