Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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4. Geophysikalische Argumente. 53

artigem Material besteht, eine Simaschicht anzunehmen, die bis etwa 1200 km Tiefe reicht. Dies ist der Mantel. Unterhalb desselben liegt, bis zur Tiefe von 2900 km, die Zwischenschicht, und dann kommt der wesentlich aus Nickeleisen bestehende Kern. Die Zwischenschicht besteht entweder nach Analogie der Materialfolge der Meteoriten aus Mesosiderit (Pallasit) oder, in Anlehnung an Hüttenerfahrungen, aus Schwefeleisen und anderen Erzen (Schlacke). Daß dies in der Tat die wichtigsten Schichten des Erdkörpers sind, steht wohl ein für allemal fest. Die Frage aber, ob die Simaschicht einheitlich ist oder einer weiteren Unterteilung bedarf, wird verschieden beantwortet. Als typischen Vertreter des Simas erklärte V. M. Goldschmidt Eklogit, Williamson und Adams Peridotit oder Pyroxenit, andere Dunit. Jedenfalls muß die Hauptmasse des Simas ein sehr basisches oder „ultrabasisches" Gestein sein, noch basischer als Basalt, so daß dies letztere Material höchstens als oberster Teil des Simas in Frage kommt. Zahlreiche Arbeiten und teilweise Bücher von Jeffreys [53], Daly[54], S. Mohorovicic[55], Joly[56], Holmes [57], Poole [58], Gutenberg [59], Nansen [222] u. a. haben sich mit den hier auftauchenden Fragen beschäftigt, wobei besonders bemerkenswert ist, daß das Buch von Daly (Our mobile Earth, London 1926) ganz auf dem Standpunkt der Verschiebungstheorie steht; das von Joly (The surface history of the earth, Oxford 1925) spricht sich zwar gegen die Verschiebungstheorie aus, bringt aber in Wirklichkeit wichtige neue Stützen für sie durch die Berücksichtigung der radioaktiven Wärme. Einigkeit scheint bei allen Autoren darüber zu herrschen, daß unter dem Granit der Kontinentalschollen zunächst Basalt kommt. Aber die Grenze zwischen diesen beiden Materialien wird heute von der Mehrzahl der Forscher nicht mehr mit der aus den Erdbeben abgeleiteten großen Schichtgrenze bei 60 km identifiziert, sondern schon etwa bei 30 bis 40 km Tiefe angenommen, wo die Erdbeben gleichfalls eine, wenn auch weniger bedeutende Schichtgrenze erkennen lassen. Einer der Hauptgründe dafür, daß man den Granit nicht bis 60 km Tiefe reichen lassen will, besteht darin, daß eine so dicke' Schicht zu viel Radium enthalten und daher zu viel Wärme produzieren würde. Bei 60 km Tiefe würde dann also das ultrabasische Material (Dunit und anderes) beginnen. Ferner hat namentlich Mohorovicic betont, daß die 60-km-Schichtgrenze keine Variationen ihrer Tiefenlagen unter Gebirgen und Flachland aufweist, wohl aber die höher liegende Grenze zwischen Granit


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003