Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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4. Geophysikalische Argumente. 47

Es ist also, wenn auch die Einzelwerte bisweilen einander überschneiden, doch im Mittel ein deutlicher Unterschied in dem Sinne zu erkennen, daß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Oberflächenwellen am Boden der Tiefsee um etwa 0,1 km pro Sekunde größer ist als auf den Kontinenten, was mit dem nach den physikalischen Eigenschaften vulkanischer Tiefengesteine zu erwartenden theoretischen Wert übereinstimmt.

Andererseits hat T am s auch versucht, die Beobachtungen möglichst vieler Beben zu Mitteln zu vereinigen, und erhält so als Mittel aus den Geschwindigkeitswerten bei 38 Beben für den Pazifik v = 3,897 ^ 0,028 km/sec und bei 45 Beben über Eurasien oder Amerika v — 3,801 ± 0,029 km/sec, d. h. dieselben Werte wie oben.

Auch Angenheister [47] hat 1921 den seismischen Unterschied zwischen Tiefseebecken und Kontinentalschollen bei einer Reihe pazifischer Beben untersucht, wobei er auch die Oberflächenwellen behandelt. Er unterscheidet hierbei die bei Tams nicht getrennten beiden Arten von „Querwellen" und „Rayleighwellen", und findet so auf Grund allerdings nur geringen Materials sogar erheblich größere Unterschiede: „Die Geschwindigkeit der Hauptwellen ist unter dem Pazifik um 21 bis 26 % größer als unter dem asiatischen Kon-tinent." Wir fügen gleich hinzu, daß er auch für andere Wellenarten charakteristische Unterschiede fand: „Die Laufzeiten für P (undae primae = erste Vorläufer, Longitudinalwellen mit Fortpflanzung durch das Erdinnere) und S (undae secundae = zweite Vorläufer, Transversalwellen mit ähnlichem Wege) sind unter dem Pazifik bei 6° Herddistanz (bei so kurzer Distanz durchlaufen diese Wellen nur die oberflächlichen Schichten) um 13 und 25 Sek. kleiner als unter dem Kontinent Europa. Dem entspricht für S eine um 18 % größere Geschwindigkeit unter dem Ozean ... Die Periode der Nachläuferwellen ist unter dem Pazifik größer als unter Asien." Alle diese Unterschiede deuten einmütig in Richtung unserer Annahme, daß der Tiefseeboden aus einem anderen, nämlich dichteren Material besteht.

Desgleichen ist Visser hinsichtlich der Oberflächenwellen zu dem gleichen Ergebnis gekommen [48]. Er fand nämlich:

über kontinentalem Gebiet.....v — 3,70 km/sec

„ ozeanischem Gebiet......v = 3,78 „

Einen Geschwindigkeitsunterschied der Oberflächenwellen in gleichem Sinne fand auch Byerly bei dem Beben von Montana vom 28. Juni 1925 [223].


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003