Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Die Insel Ambon.

und kamen nun in die Straße von Haruku. Die waldgekrönte Insel Haruku erhebt sich hier gerade im Osten von Ambon aus dem Meere, ferner liegt im Südosten das winzige Molana und noch ferner Nusa Laut. Saparua wird hier ganz von Haruku verdeckt. Alle diese bergigen Inseln besitzen nur eine geringe Höhe; die höchsten Spitzen von Haruku erreichen etwas über 400 Meter, die von Saparua und Nusa Laut nur gegen 300 Meter. Steil fallen die Korallenklippen, die den vulkanischen Kern überkleiden, gegen den Strand ab. Im Morgendufte gewähren diese niederen Tropeninseln, die sich mit zarten, aber doch charakteristischen Formen aus dem blauen Meer erheben, einen wahrhaft lieblichen Anblick.

Auch an der ambonesischen Küste bei Tengga-tengga, wo wir unsern nächsten Aufenthalt nahmen, fallen die Korallenfelsen außerordentlich steil und schroff ins Meer. Vielfach haben die Einwohner an der Ostküste von Ambon im Korallenfels Stufen, stellenweise richtige Treppen angelegt, die vom Strande auf die erste Riffterrasse hinaufführen. Auch hier beobachtete ich zahlreiche kleine Höhlen im Korallenfels. In greifbarer Nähe erblickt man gegenüber im Osten Haruku, im Norden grüßen aus der Ferne die gewaltigen Berge von Ceram. An den Waldrändern und in den Pflanzungen von Tengga-tengga, in nächster Nähe des Strandes, flogen in großen Mengen prachtvolle große Schmetterlinge, deren Zeichnung eine Art von schwarzbraunem Netz- und Fleckenwerk auf weißem Grunde darstellt. Es ist die größte der Danainen, Hestia Idea, und die nahe verwandte Art Hestia Aza, die wohl nur als eine Varietät der ersteren aufzufassen ist, da sich in meiner Sammlung alle Übergänge von der einen zur andern vorfinden. Der Flug dieser Schmetterlinge ist schwebend und auffallend langsam. Die Flügel scheinen in der Luft zu vibrieren, so papierdünn und zart sind sie. Beharrlich umkreist der Schmetterling eine bestimmte Stelle, zu der er, weggescheucht, häufig wieder zurückkehrt, und obwohl die Tiere in beträchtlicher Höhe zu fliegen lieben, sind sie dabei so gleichgiltig und dummdreist, daß man sie ohne Mühe mit einem, an einem langen Bambusstab befestigten Netze fangen kann. Diese Sorglosigkeit, welche die Tiere in ihrem ganzen Verhalten an den Tag legen, erklärt sich daher, daß die Säfte der Danainen einen üblen Geschmack besitzen, und insektenfressende Vögel sie deshalb verschmähen. Sehr häufig war ferner hier und anderwärts auf Ambon das unscheinbar gefärbte Weibchen von Ornithoptera Priamus, während das prächtig smaragdgrüne Männchen zur Zeit meiner Anwesenheit sich viel seltner sehen ließ. Ich habe dieses herrlichen Schmetterlings schon früher (Seite 389) Erwähnung getan,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003