Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

Im Dorfe Suli.

527

läßt. Als ich nach Suli kam, ließ ich dem dortigen Pati1) durch Udin meine Ankunft melden, und er kam auch gleich an Bord, um mich zu begrüßen, mir seine Dienste zur Verfügung zu stellen und mich in sein Haus einzuladen. Wenn ich aber wirklich etwas brauchte, war er immer der letzte, der es mir verschaffte. Dafür besuchte er mich stundenlang auf meiner Orembäi, wenn ich mit meinen Sammlungen beschäftigt war und meine Ausbeute konservierte. Alle Winke, ob nicht seine Anwesenheit an Land erforderlich sei, fanden kein Verständnis, und zwei Tage lang duldete ich schweigend, daß er meine enge Kabine ungebührlich durch seine Anwesenheit verengte. Am dritten Tage hielt ich es für das Beste, deutsch mit ihm zu reden, und bat ihn auf malayisch, sich vor die Tür der Kajüte zu setzen.

Ebenso neugierig war aber die übrige Bevölkerung, wenn sie sich auch nicht an Bord des Schiffes wagte. Wenn ich morgens mein Bad in der See nahm, so war dies immer ein Fest für das Dorf. Eine große Schar von Zuschauern pflegte diesem Schauspiel beizuwohnen, es mit Spannung zu beobachten und über dasselbe ungeniert seine kritischen Bemerkungen auszutauschen. Echte Malayen würden sich niemals in dieser Weise benehmen. Durch mancherlei Erfahrung auf meiner langen Reise war ich mit Unempfindlichkeit gegen so etwas gewappnet und suchte nur durch möglichst frühes Baden die Zahl der Zuschauer zu verringern. Übrigens sind Seebäder in den Tropen nichts besonders erfreuliches. Eine schöne Brandung wie an den Küsten unserer Nordsee rindet man fast nirgends. Das Wasser hat eine lauwarme Temperatur, und ein Seebad erfrischt in diesen Breiten lange nicht so wie ein Bad im süßen Wasser oder auch bloß das Übergießen mit letzterem.

Von Suli ruderten wir nach Tial und blieben dort nur kürzere Zeit, weil das Meer daselbst nicht besonders tierreich war. Am Strande sah ich massenhafte Fischkörbe und Reusen, die aus Rotang geflochten werden. Die Bewohner dieses Stranddörfchens scheinen sich mit Vorliebe mit dieser Arbeit zu beschäftigen. Östlich und dann nördlich steuernd umfuhren wir das Nordostkap der Bai von Baguala

1) Die Ambonesen singen folgenden Spottvers:

Patti Suli dan Pati Waai Der Pati von Suli und der von Waai

Pati dua djadi satu. Zwei Pati, einer wie der andere.

Hati sutji dan hati baai Ein reines und ein gutes Herz

Hati dua djadi satu. Zwei Herzen, eins wie das andere.

Im rnalayischen Text reimen nicht nur die Endworte der Verse, sondern alle korrespondierenden Worte klingen an.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003