Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Die Insel Ambon.

kleineren Exemplaren fast durchsichtige Haut, durchsetzt mit Kalkrädchen und -platten und gespickt mit spitzigen Kalkankern, auszeichnet. Dieselben würden das Tier einem jeden Munde, dessen Speichel nicht mit Schwefelsäure versetzt ist, zu einem recht unangenehmen Bissen machen. Vermittelst der spitzen, bei einigen Arten millimetergroßen Anker vermögen die Tiere sich wie Kletten an Gegenstände zu heften, mit denen sie in Berührung kommen. Die im Mittelmeer häufigen Arten, Synapta inhaerens und digitata, werden deshalb auch als Klettenholothurien bezeichnet. Sie sind Zwerge gegen ihre Verwandten im tropischen Ozean, die eine Länge von mehreren Metern erreichen. Ich sammelte hier fünf verschiedene Arten dieser merkwürdigen Tiere, von denen keine im Sand oder unter Steinen lebte, sondern die alle frei an der Oberfläche des Grundes herumkrochen. Einige Arten besitzen eine Färbung, die sie dem Meeresgrunde sehr ähnlich macht und ihnen zweifelsohne einen bedeutenden Schutz verleiht. Alle fand ich in ziemlicher Nähe des Ufers in flachem Wasser, wo ihre Hauptfeinde, die großen, Schwefelsäure ausscheidenden Schnecken, sie nicht erreichen können. Übrigens besitzen diese Synaptiden außer ihren Ankern noch einen anderen guten Schutz gegen übermächtige Angriffe. Wenn sie an einer Stelle ihres langen wurmförmigen Leibes gepackt werden, so schnürt sich der Leib mit dem Kopf oberhalb der Angriffsstelle ab und empfiehlt sich, indem er sein Hinterende dem Feinde als gute Beute überläßt. Unsere Eidechsen sind nicht ganz so gut daran, denn sie vermögen sich nur von ihrem Schwanze zu trennen. Die niedrig organisierte Holothurie macht sich nichts daraus, mehr als drei Vierteile ihres Körpers zu opfern. Wenn nur der Kopf mit dem nervösen Centralorgan, dem Nervenring, unverletzt bleibt, wird der übrige Körper leicht regeneriert.

In dem kleinen Flüßchen von Suli fischten wir eifrig mit dem Wurfnetz nach Süßwasserfischen und erhielten auch manches schöne Exemplar von den Eingeborenen des Ortes gebracht. Im allgemeinen fielen mir die Leute hier etwas lästig, denn sie waren im hohen Grade neugierig und aufdringlich, und obwohl sie zum größten Teil Christen waren, und die Kinder einen regelmäßigen Schulunterricht genossen, erinnerte mich die Art und Weise, wie mein Tun und Treiben von ihnen angestaunt wurde, lebhaft an die wirklichen »Wilden« der Papua-Insel. Der sich hoch kultiviert dünkende Ambonese spricht mit ungeheurer Verachtung von dem »Orang papua«.

Jedes der ambonesischen Dörfer steht unter einem eingeborenen Oberhaupt, Pati genannt, der sich noch viel lieber Radja titulieren


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003