Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

524 Die Insel Ambon.

und da dieser Ort sich an Seetieren sehr ergiebig erwies, verweilte ich hier eine halbe Woche.

Das Dörfchen liegt in einer kleinen geschützten Einbuchtung, in welche sich ein kleiner Fluß ergießt. Ein schönes Strandriff umsäumt einen Teil der Küste, und während der Außenrand desselben ein üppiges Korallenwachstum zeigt, ist der an die Küste anschließende Teil des Riffs abgestorben und in seinen inneren Teilen zersetzt und zerfressen. Bei gewissem Wasserstand bildet dieser innere zersetzte Teil des Riffs eine Art von kleiner, nach Westen offener Lagune. Nach Osten ist dieselbe durch das Vorgebirge von Suli abgeschlossen. Dies ist ein deutliches Beispiel dafür, daß sich Bildungen, die an Lagunen oder Riffkanäle erinnern, auch nachträglich durch Zerstörung und Auswaschung bilden können, und daß Darwin zu weit gegangen ist, wenn er alle derartigen Vorkommnisse durch seine Senkungstheorie erklären wollte. Doch ist hervorzuheben, daß es erstens gar keine typische Lagune ist, die wir vor uns haben. Ferner macht die Konfiguration der Küste, auf die ich nicht ausführlicher eingehen kann, ohne sie durch Abbildungen zu illustrieren, die Entstehung dieser Bildung leicht verständlich, während das Zustandekommen der großen Barrierriffe von Nord-Australien und Südost-Neu-Guinea ohne die Annahme einer positiven Strandverschiebung (Sinken des Landes oder Steigen des Meeres) meiner Ansicht nach durchaus unerklärlich sein würde. Ich komme also wiederum zu dem Schluß, daß Darwins Erklärung für die Mehrzahl der Fälle und gerade der typischsten zutrifft, daß aber ähnlich aussehende Resultate auch durch andere Ursachen : das Relief des Grundes und der Küste, Wachstums- und Zersetzungserscheinungen am Riff, hervorgebracht werden können. Solche analogen, nicht homologen Bildungen werden aber selten oder nie den streng regelmäßigen Bau und die Ausdehnung der Barrieren und Atolle in Senkungsgebieten zeigen.

Die Felsen fallen an der Ostküste von Hitu überall steil ins Meer. Wenn man sie näher untersucht, sieht man, daß sie aus erst kürzlich gehobenen Korallenriffen bestehen, deren Korallenstruktur noch sehr deutlich ist, und deren Fauna mit der der lebenden Riffe übereinstimmt. Vierzig Meter oberhalb von Suli findet sich dann ein ausgedehntes Plateau, das ganz aus gehobenem Korallenkalk besteht. Oberhalb des Plateaus erheben sich neue Riffmassen, die wiederum von Stufe zu Stufe eine Gliederung in Terrassen erkennen lassen. Solche terrassenförmige Anordnungen der fossilen Riffe beobachtete ich noch weiter an der Ostküste von Hitu bis nach Waai. Auf die Bedeutung dieser Terrassen komme ich später zurück.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003