Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Gewürznelke und Muskatnuß. 519

unser Schiff am Quai von Ambon anlegte, auf dem zahlreiche mit Nelken gefüllte Säcke zum Verladen bereit lagen.

Der Gewürznelkenbaum, auf Ambon Tjenke genannt, erreicht eine Höhe von acht bis zehn Metern, der Wuchs des Baumes ist ebenmäßig und zierlich, die Verzweigung beginnt schon in geringer Höhe über dem Boden. Die Blätter sind glatt, fest, ziemlich schmal, ihre Farbe ist ein kräftiges glänzendes Grün. Zerdrückt man sie, so strömen sie dasselbe Nelkenaroma aus wie die jungen Blütenknospen, die, bekanntlich vor der Reife gepflückt und gesammelt, das unter dem Namen Nelke oder Nägelchen bekannte Gewürz liefern.

Der Muskatnußbaum erinnert in seinem Habitus ein wenig an den Gewürznelkenbaum, mit dem er nicht näher verwandt ist. Seine Krone ist jedoch mehr abgerundet, an Höhe übertrifft er seinen Rivalen um ein Geringes. Die Malayen nennen den Muskatbaum pohon pala, die Nuß bua pala. Die Frucht erreicht die Größe eines kleinen Apfels; innerhalb der äußern, zur Reifezeit gelben Schale steckt der eigentliche Kern, der von einem roten stark duftenden Fleisch, der sogenannten Muskatblüte, umgeben ist. Diese Muskatblüte ist es, auf welche die Fruchttauben, Nashornvögel und Kasuare so erpicht sind und derentwegen sie die ganze, aus der äußeren Hülle befreite Frucht verschlingen.

Man zieht den Muskatnußbaum in parkähnlichen Anpflanzungen, sogenannten »Perken«, und pflanzt gewöhnlich höhere Bäume mit Schirmkronen als Schattenspender dazwischen, am liebsten die riesigen Kanaribäume. Solch eine schattige Pflanzung mit ihrem gereinigten Untergrund und ihren schön belaubten zierlichen Muskatnußbäumen erinnert lebhaft an einen europäischen Park und versetzt uns von den Tropen in die ferne Heimat. Den Gewürznelkenbaum kultiviert man dagegen meist ohne Schattenspender. Die Pflanzungen werden holländisch »Kruidnageltuine«, Gewürznelkengarten, genannt.

Groß ist die Zahl der anderen Nutzpflanzen auf den Molukken, die teils einheimisch, teils aus andern Ländern importiert sind. Eine Aufzählung und nähere Beschreibung kann ich den Botanikern überlassen und will hier nur noch zwei Bäume erwähnen, deren Früchte einem Krebs Veranlassung gegeben haben, seine Lebensgewohnheiten eigentümlich zu verändern und die sonderbarsten Sitten anzunehmen. Es sind dies die Kokospalme, malayisch Kaiapa, holländisch Klapperboom genannt, und der riesige Kanari-Baum, Canarium commune, die beide auf Ambon ungemein zahlreich angepflanzt sind. In Neu-Guinea lernten wir einen Kakadu kennen, Microglossus aterrimus, dessen Schnabel zu einer Säge und Beißzange von außerordentlicher


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003