Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Die Insel Ambon.

leichten Fluges nach einer tüchtigen Mahlzeit von einer Insel zur andern flogen, so verbreiteten sie trotz aller Vorschriften der hohen Obrigkeit die verbotenen Früchte immer von neuem. Auch die Nashornvögel der Molukken beteiligten sich an dieser Arbeit, und der Helmkasuar von Ceram, Hippalectryo galeatus, trug seinerseits dazu bei, auf demselben Wege die Keime überall über jene große Insel zu verschleppen.

Um das Aufkommen solcher Wildlinge auf den ändern Molukken-inseln zu verhindern, verfiel man bald auf folgendes Mittel. Einmal jährlich zur Zeit der Blüte der Gewürzbäume unternahm der Gouverneur der Molukken mit einer Anzahl von Beamten und Soldaten und in Begleitung einer ganzen Flotte von Schiffen der Eingeborenen, Orembäi genannt, eine Fahrt um Ceram und die Ambon benachbarten kleineren Inseln herum. Diese Fahrten nannte man Hongie-fahrten. Überall wurde gelandet, alle neu aufkommenden Gewürzpflanzen zerstört und die Eingeborenen, die man im Verdachte des Schmuggelns hatte, auf das Grausamste bestraft.

Fast zwei Jahrhunderte lang haben die Einwohner der Molukken unter diesem Monopol und seiner rücksichtslosen Durchführung gelitten. Im Jahre 1800 wurde die Niederländisch-Ostindische Kompagnie aufgelöst, und elf Jahre später fielen ihre Besitzungen an England, das sie aber im Jahre 1814 wieder an Holland zurückgab. Während ihrer kurzen Regierung hatten die Engländer das Monopol aufgehoben; von den Holländern wurde es gleich wieder eingeführt, aber von nun an milder gehandhabt. Im Jahre 1824 wurden die Hongie-Fahrten aufgehoben, das Monopol aber erst im Jahre 1873 abgeschafft, nachdem es allmählich mehr und mehr von seiner Bedeutung eingebüßt hatte. Die Engländer hatten nämlich die Zeit ihrer Herrschaft dazu benutzt, Sämlinge der Gewürzbäume in andere Gegenden, vor allem nach den westindischen Inseln und Brasilien, zu verpflanzen, und dieselben kamen dort fast ebensogut fort als in ihrer ursprünglichen Heimat.

Seit Aufhebung des Monopols wird auf Ambon nicht nur der Gewürznelkenbaum, Eugenia caryophyllata (Caryophyllus aromaticus), eine Myrtacee, sondern auch der Muskatnußbaum, Myristica fragrans, der entfernt mit dem Lorbeer verwandt ist, mit Vorliebe angepflanzt, und die Kultur des letzteren nimmt immer mehr zu, während die der Gewürznelke zurückgeht. Man berichtet, daß man an Bord der Schiffe den Nelkenduft schon spüre, ehe noch die Inseln selbst in Sicht sind. Das mag unter Umständen vorkommen. Selbst erfahren habe ich es nicht, wohl aber nahm ich den Geruch mit großer Schärfe wahr, als


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003