Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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516 Die Insel Ambon.

nur schwach alkoholischen Sageeru gewinnt man durch Destillation das schnapsähnliche »Kolwater«.

Der süße Saft der Weinpalme hat außer dem Menschen noch einen andern Liebhaber, den riesigen Blatthornkäfer Euchirus longimanus, der sich gern nachts an der Weinquelle zu Gaste ladet und morgens dann auf frischer Tat ertappt wird. Die Eingeborenen nennen ihn Maï-maï-sageeru. Der Körper dieses Käfers erreicht eine Länge von 7 — 8 Centimetern. Beim Männchen sind die Vorderbeine aber so enorm verlängert, daß sie die Länge des ganzen Körpers beträchtlich übertreffen, und das Tier sich nur langsam und unbehilflich fortbewegen kann. Die Bedeutung dieser monströsen Proportionen ist unklar; sie scheint nicht mit der Lebensweise des Tieres zusammenzuhängen, sondern auf sexuellem Gebiete zu liegen, da die Vorderbeine des Weibchens von mäßiger Länge sind.

Aus den roßhaarähnlichen schwarzen Fasern der Weinpalme machen die Ambonesen sehr feste schwarze Taue, die der Nässe besser widerstehen und dauerhafter sind, als die braunen Taue aus Kokosfaser.

Schöner als die Weinpalme und wichtiger für die Bewohner ist die echte Sagopalme, Metroxylon rumphii, von der man ein schönes junges Exemplar auf der Abbildung Seite 497 gerade über dem Felsen in der Mitte des Bildes sieht. Der Sago ist für die östliche Hälfte des Archipels dasselbe, was der Reis für die westliche ist. Da diese Palme in den Molukken, wo immer sich eine günstige sumpfige Bodenbeschaffenheit findet, ohne Pflege wächst und nur wenige Gulden wert ist, und da ein einziger guter Baum genug Sagomehl liefert, um einen Mann ein ganzes Jahr hindurch zu ernähren, so bedarf es für den Bewohner der Molukken nur äußerst geringer Arbeit, um sich mit Weib und Kind zu erhalten. Der wirtschaftliche Wert der Sagopalme ist oft auseinandergesetzt und berechnet worden, vornehmlich von Wallace, nach ihm noch von vielen andern, so daß ich nicht näher darauf einzugehen brauche. Tatsache ist, daß, wo immer die Sagopalme in größerer Menge vorkommt, die Bewohner eine Art Schlaraffenleben führen und an Fleiß und Betriebsamkeit hinter den Bewohnern solcher Gegenden zurückstehen, die wesentlich Körnerfrüchte produzieren.

Die stärkehaltige Substanz, die man Sago nennt, ist nichts andres als das Mark des Stammes der ausgewachsenen Palme. Dieses Mark wird, nachdem der Baum gefällt ist, mit einem eigens konstruierten Sagoklopfer herausgebrochen und dann in Wasser geknetet, bis alle Stärke gelöst ist. Darauf läßt man die gelöste Stärke sich wieder


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003