Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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514 Die Insel Ambon.

essen, denn der Duft verbreitet sich durch das ganze Haus. Höchstens im Badehaus darf man sie öffnen lassen und genießen. Die Durianfrucht hat durch Wallace auch außerhalb Indiens eine gewisse Berühmtheit erlangt, denn der große englische Naturforscher widmet ihr in seinem »Malayischen Archipel« mehrere Seiten und gibt eine wahrhaft klassische Beschreibung von dem Geschmack dieses »Königs der Früchte«. Er sagt: »Die fünf Zellen sind atlasartig weiß von innen und jede ist von einer ovalen Masse rosafarbigen Breis gefüllt, in dem zwei oder drei Samen von der Größe einer Kastanie liegen. Dieser Brei ist das Eßbare, und Zusammensetzung und Wohlgeschmack desselben sind unbeschreiblich. Ein würziger, buttriger, stark nach Mandeln schmeckender Eierrahm gibt die beste allgemeine Idee davon, aber dazwischen kommen Duftwolken, die an Rahmkäse, Zwiebelsauce, braunen Sherry und andres Unvergleichbare erinnern; dann ist der Brei von einer würzigen, klebrigen Weichheit, die sonst keinem Ding zukommt, die ihn aber noch köstlicher macht. Die Frucht ist weder sauer noch süß, noch saftig, und doch empfindet man nicht den Mangel einer dieser Eigenschaften, denn sie ist vollkommen, so wie sie ist. Sie verursacht keine Übelkeit und bringt überhaupt keine üble Wirkung hervor, und je mehr man davon ißt, desto weniger fühlt man sich geneigt aufzuhören. Durian essen ist in der Tat eine neue Art von Empfindung, die eine Reise nach dem Osten lohnt.«

In Buitenzorg war ich im Hotel mit einigen reichen Amerikanerinnen zusammen, die, begeistert durch das Wallace'sche Buch, nach dem Osten gekommen waren, um den Orang-Utang und die Paradiesvögel in ihrer Heimat zu sehen und Durian zu essen. Vorläufig scheuten sie sich noch, im Garten von Buitenzorg spazieren zu gehen aus Furcht vor Schlangen und konnten es nicht über sich gewinnen, die übel duftende Durianfrucht zu berühren. Mich kostete es von Anfang an wenig Überwindung, denn als Naturforscher habe ich es von jeher für meine Pflicht gehalten, die landesüblichen Speisen zu kosten, und habe in Neapel die eßbaren Haifische, in Thursday Island Trepang, in Australien geröstete Bockkäferlarven, eine Lieblingsspeise der Eingeborenen, auf Java und Ambon Durian gegessen. Hat man sich einmal überwunden, die Frucht in den Mund zu nehmen, so gib. es in der Tat nichts köstlicheres. Eine Vorsicht ist allerdings nötigt Man muß diese Speise vor einer Mahlzeit und nicht als Dessert essen, sonst wird man den Geruch nicht los und wird seiner Umgebung und sich selbst unerträglich durch die Düfte, die sich durch Mundspülen nicht gleich beseitigen lassen. Auf Ambon gibt es auch eine Varietät


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003