Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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510 Die Insel Ambon.

gestatten. Sie sind nämlich sehr empfindlich gegen süßes Wasser und begeben sich niemals in die Zone süßeren Wassers hinein, die vielfach die Küsten umlagert.

Vielleicht wird es meinen Lesern aufgefallen sein, von Seeigeln zu hören, die sich sorgsam in den Löchern der Korallenfelsen verbergen und dort mit ihren Stacheln so feststemmen, daß es unmöglich ist, sie herauszuziehen, ohne den Felsen zu zertrümmern; von anderen, die mit nadelscharfen, ganz mit feinen Dornen bedeckten Stacheln bewehrt sind, wieder andern, die in hohlen Stacheln Giftapparate besitzen, die im Prinzip ganz mit den Giftzähnen der Schlangen übereinstimmen. Wozu bedürfen Tiere, deren Leib im wesentlichen aus einer harten Kalkschale zu bestehen scheint, noch weiter so ausgiebiger Schutzmittel, so furchtbarer Waffen? Gibt es Tiere; die einen gepanzerten und gestachelten Seestern angreifen können, eine mehr aus Kalkstein, denn aus Fleisch bestehende Seelilie, eine Holothurie, deren Haut ganz von kleinen Kalkkörpern und oft von spitzen Nadeln und Ankern durchsetzt ist ?

Die Untersuchungen, die ich in früheren Jahren am Mittelmeer anstellte, haben diese Frage bejaht. Es gibt allerdings solche Tiere, und zwar sind es nicht etwa in erster Linie räuberische Fische oder gefräßige Krebse, die dieses Kunststück fertig brächten, sondern Tiere, denen man solche Taten am allerwenigsten zutrauen würde.

Im Jahre 1854 fand der deutsche Naturforscher Troschel, daß wenn er gewisse große Seeschnecken, die bekannten Trompetenschnecken oder Tritonshörner, Tritonium, oder die Faßschnecken, Dolium, nach Zertrümmerung ihrer Schale reizte, die Tiere aus ihrer Mundöffnung einen Strahl von wasserheller Flüssigkeit ausspritzten, welcher 2—4 1/4 Prozent freier Schwefelsäure enthielt. Troschel nahm an, dieses Sekret diene den Tieren zur Verteidigung. Aber hiergegen machte der italienische Zoologe Panceri mit Recht geltend, daß es nicht recht einzusehen wäre, welche Feinde den mächtigen Tritonshörnern gefährlich werden könnten, deren Schale nur durch Hammerschläge zu zertrümmern ist, und die den Zugang in das Innere durch den starken, an ihrem Fuße befindlichen Deckel fest verschließen können. Man stellte nun noch verschiedene andre Hypothesen über die Bedeutung der Säure auf, man erklärte dieselbe für ein bloßes Ausscheidungsprodukt, oder nahm an, daß sie bei der Verdauung beteiligt sei. Diese Erklärungsversuche erwiesen sich aber bei näherer Betrachtung sämtlich als nicht stichhaltig.

Ich hatte nun in Neapel Gelegenheit zu beobachten, wie die erwähnten großen Schnecken mit Vorliebe Holothurien und Seesterne


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003