Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Geselliges Auftreten verschiedener Seetiere. 507

war es eins meiner Hauptziele beim Besuch der Molukken, wenn irgend möglich, entwicklungsgeschichtliches Material von Nautilus zu sammeln. Dieser merkwürdige vierkiemige Cephalopode steht unter den lebenden Kopffüßern ganz isoliert da. Die Ordnung, der er angehört, hat aber in den ältesten geologischen Epochen, aus welchen wir Fossilien kennen, dem Cambrium, Silur, Devon und der Dyas, die höchste Blüte besessen, während in jüngerer geologischer Zeit allmählich alle Gattungen bis auf die Gattung Nautilus ausgestorben sind. Vier Arten dieser Gattung, von denen Nautilus pompilius die häufigste ist, haben sich bis in die Gegenwart im indischen und stillen Ozean lebend erhalten. Ihre eigentümlich gekammerten leeren Schalen findet man häufig am Strand der Molukken, Neu-Guineas und der melanesischen Inseln. Jeder meiner Leser wird dieselben wohl schon in Conchilien-Sammlungen oder in Verkaufsstellen von Muscheln und Schnecken an Hafenorten gesehen haben. Die Schale gleicht, oberflächlich betrachtet, einer eingerollten Schneckenschale, unterscheidet sich aber von dieser durch die eigentümlichen queren Scheidewände, die das Innere in eine große Anzahl von hintereinander liegenden Kammern teilen. In der äußersten größten Kammer lebt das Tier; wird es größer, so wird neue Schalensubstanz an der Außenöffnung abgeschieden und das schmale Innenstück der Wohnkammer durch eine neue Schalenvvand abgekapselt. Man kann die äußere braune Schicht der Schale leicht entfernen, und dann erhält das Ganze jenen Perlmutterglanz, den die von den Conchilienhändlern zum Verkauf gebotenen Nautilusschalen meistens zeigen. Dem alten Rumph verdanken wir die ersten zuverlässigen Beobachtungen über das Leben des Tieres und die Form seines Weichkörpers. So häufig man nämlich die leeren Schalen findet, so selten wird das lebende Tier gefangen, weil es gewöhnlich in größeren Tiefen am Meeresboden sein Dasein führt und nur ausnahmsweise nach Stürmen und dann meist in absterbendem Zustande an die Oberfläche kommt. Die leeren Schalen schwimmen an der Oberfläche, weil die Kammern hinter der Wohnkammer Luft enthalten.

Es wäre ungemein wichtig, die Entwicklungsgeschichte dieses Cephalopoden genau zu studieren, weil dadurch wohl eine Anzahl von Problemen, die den Paläontologen ebenso interessieren wie den Zoologen, gelöst werden würde. Ich war nun sehr enttäuscht, als mir gleich nach meiner Ankunft in Ambon Udin sagte, daß zur Zeit des Nordwestmonsuns nur ganz ausnahmsweise Nautilus bei Ambon und den Nachbarinseln gefangen würde. Dagegen wäre es nicht schwer, ihn zur Zeit des Südostpassats zu erhalten. Auf Ambon wird


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003