Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Die Insel Ambon.

bedeuten hätte, schwang ich mich von dem Boote ins Wasser und watete an die betreffende Stelle heran. Was geschah, als ich mich näherte? Die sämtlichen Fischlein eilten auf den Seeigel zu und zogen sich in den Wald starrender Speere, den seine Stacheln darstellten, zurück. Es liegt auf der Hand, ein wie vorzüglicher Schutz durch diese Gewohnheit für die junge hilflose Fischbrut Raubfischen gegenüber geschaffen ist. Übrigens waren die Fische so klug, wenn wir die Seeigel aus dem Wasser herausschöpften, ihren Zufluchtsort zu verlassen; es gelang mir deshalb nicht, einige von ihnen zu fangen, um die Art festzustellen. Die Beobachtung ist aber am Strande von Ambon jederzeit leicht zu wiederholen.

Wenn man im Boot im flachen Wasser über den sandigen Strand dahinfährt, so fällt es auf, daß man zuweilen auf Hunderte von Metern kein einziges Tier wahrnimmt, dann kommt man an eine Stelle, an der Dutzende von Diademiden in einem verhältnismäßig kleinen Umkreis nahe bei einander liegen, wieder an anderen Stellen findet man ganze Scharen des Seesterns Astropecten beisammen, an anderen Stellen wieder andere Seeigel, wie Scutella, und andere Seesterne, wie Oreaster. Es läßt sich mit einem Wort meiner Ansicht nach nicht bezweifeln, daß eine Anzahl von Grundbewohnenden niederen Seetieren, besonders Stachelhäutern, geradezu gesellig lebt, ebenso wie ein geselliges Auftreten zahlreicher Fische und niederer pelagischer Seetiere schon längst durch zahlreiche Beobachtungen festgestellt worden ist. Bei dem geselligen Auftreten der von mir erwähnten Tiere handelt es sich nicht etwa darum, daß man an einem günstigen Standort zahlreiche Exemplare einer Art findet, sondern um ein herdenweises Auftreten inmitten einer sonst gleichartigen Umgebung. Gewisse Standorte wurden allerdings bevorzugt; aber an einem Tage befand sich die Gesellschaft einer Art hier, am nächsten Tage ein paar hundert Meter entfernt. Was der eigentliche Grund des geselligen Zusammenhaltens jener Stachelhäuter ist, läßt sich zur Zeit, wo wir über die Biologie der meisten niederen Seetiere noch so ungenügend unterrichtet sind, nicht mit Sicherheit feststellen. Wahrscheinlich hängt das herdenweise Auftreten mit der Fortpflanzung zusammen, aber nicht immer direkt, denn ich konnte konstatieren, daß jene gesellig zusammenhaltenden Seeigel und Seesterne zuweilen noch gar nicht geschlechtsreif waren. Sehr wahrscheinlich spielen in allen Fällen chemotropische Phänomene eine Rolle.

In ähnlicher Weise sind Beobachtungen anderer Art zu deuten, die ich auf Ambon machte. Wie ich schon früher erwähnt habe,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003