Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Die Insel Ambon.

Beispiel hierfür sind die Kalk- und Dolomitriffe von Südtirol, deren Natur lange Zeit den Geologen ein Rätsel war, bis man sie neuerdings als Korallenbauten erkannt hat.

Das Sammeln auf den Riffen während der Ebbezeit, das Herausheben der Blöcke und das Zertrümmern derselben am Ufer lieferte bei weitem die reichste Ausbeute. Größere Schwierigkeiten hatte ich mit dem Dredgen in größerer Tiefe. Im allgemeinen kann man sagen, daß, wenn dem Zoologen kein größeres Fahrzeug zu Gebote steht, diese Art der marinen Fischerei in den meisten Fällen nur spärlichere Ausbeute liefern wird. Hier kann der einzelne Naturforscher absolut nicht mit den Expeditionen konkurrieren, wie sie in den letzten 25 Jahren zur Erforschung der Meere von verschiedenen Nationen ausgesendet worden sind. Im kleinen Boot erzielt man mit unsäglicher Mühe in Wochen und Monaten nicht das, was ein mittelgroßer oder selbst kleiner Dampfer in wenigen Tagen erreicht. In großen Tiefen von 100 Faden und darüber zu dredgen, ist für den Fischer im kleinen Boot kaum möglich, und doch wären solche Fischereien hier besonders interessant und wichtig, weil in der Molukken- und Bandasee in größerer Tiefe herrliche Schwammformen vorkommen, die Hexactinelliden, deren Kieselskelette die reizendsten Formen vorstellen, die man sich denken kann. Übrigens kommen in der Bai von Ambon selbst so bedeutende Tiefen nicht vor; um sie zu finden, müßte man schon draußen in weiterer Entfernung von der Insel arbeiten.

Auch das Fischen mit dem feinen Gazenetz, um die zarten schwimmenden Seetiere, das sogenannte Plankton oder den pelagischen Auftrieb, zu erbeuten, lieferte in der Zeit meiner Anwesenheit auf Ambon nur mittelmäßige Resultate. Ob die topographischen Verhältnisse der Bai für die Ansammlung dieser Tierformen nicht günstig sind, oder ob es vielleicht an der Jahreszeit lag, in welcher ich mich in Ambon aufhielt, vermag ich nicht anzugeben. Jedenfalls fischt man in den Wintermonaten in Neapel viel mehr, in Messina unendlich mehr Plankton, als in den Monaten Januar und Februar in der Bai von Ambon und Baguala zu finden war.

Kleinere pelagische Tiere fängt man bekanntlich mit dem feinen Netz, größere schöpft man direkt mit einem passenden Gefäß aus dem Meere. Einmal versuchte ich eine prachtvolle Wurzelmundqualle oder Rhizostomide herauszuschöpfen, war aber sehr erstaunt zu sehen, daß das Tier immer in höchst zweckmäßiger und vorbedachter Weise von dem Gefäß wegschwamm, in welches ich es hinein zu strudeln suchte. So etwas beobachtet man sonst niemals bei so


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003