Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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480 Von Java um Celebes und die nördlichen Molukken nach Ambon.

hinüber nach Makassar an der Südwestspitze von Celebes. Die Bewohner von Süd-Celebes, die sogenannten Bugis, sind von alters her große Seefahrer und unternehmende Kaufleute. In ihren sonderbar gebauten Prauen machen sie regelmäßige Fahrten nach den Aru-Inseln und Neu-Guinea; man findet sie in den Molukken, auf Borneo, und selbst fern, in der Straße von Malakka, in Singapore. Makassar ist ihre große Empore, der Mittelpunkt, von dem aus sie ihre Fahrten unternehmen, und so bietet die dortige Reede stets ein bewegtes Bild malayischen Schiffsverkehrs. Die Küste selbst ist hier niedrig und nicht besonders anziehend.

Da der Both mehrere Tage in Makassar blieb, nahm ich meinen Aufenthalt in dem kleinen europäischen Hotel und besuchte den deutschen Konsul Herrn von Hanfstängel und den Sekretär des Gouverneurs, Herrn Erdmans, an die ich Empfehlungen hatte. Herr Erdmans schlug mir vor, am nächsten Tage dem Radja des großen und unabhängigen Staates Goa einen Besuch abzustatten. Die Herrschaft des Radja beginnt direkt vor den Thoren Makassars. Er ist ein Verbündeter Hollands, aber dabei unumschränkter Herrscher in seinem Lande und könnte, wenn er Lust hätte, sich als recht unangenehmer Nachbar bemerklich machen. Er besitzt einen gehörigen Posten von Hinterladergewehren und hat außer dem allgemeinen Aufgebot seines volkreichen Landes ein kleines stehendes Heer von 5 bis 600 Mann, das er ganz nach holländischem Muster eingekleidet und gedrillt hat.

Eine kurze Wagenfahrt durch dürr und uninteressant aussehende Reisfelder führte uns nach Goa. Der Radja selbst war altersschwach und geistig nicht mehr frisch, und an seiner Statt führte sein ältester Sohn, der Kronprinz, die Regierung. Der Prinz war ein etwa dreißigjähriger, intelligent aussehender Mann von liebenswürdigem Wesen und angenehmen, verbindlichen Umgangsformen. Feierlich empfing er uns in seinem nach europäischer Art gebauten, etwas schmutzigen Hause. Der Hausrat war größtenteils europäisch, aber da der europäische Ordnungssinn dazu fehlte, machte alles einen unfrischen, ein bischen verwahrlosten Eindruck. Man servierte uns Kaffee und europäisches Gebäck, das vor längerer Zeit aus Makassar bezogen zu sein schien. Hübscher als das Haus des Kronprinzen war das kleinere Haus seines Schwagers, das wir nachher besichtigten. Der letztere, ein junger Mann von ungefähr 23 Jahren, machte einen hervorragend intelligenten Eindruck und schien eine Art mechanischen Genies zu sein. Alle Entwürfe und Einrichtungen, ja viele einzelne Gegenstände in seinem Hause waren von ihm selbst gemacht worden. Die Wände der


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003