Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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464 Java.

fressenden Pflanzen der gemeine Sonnentau, Drosera rotundifolia, die bekannteste. Auf moorigen Heiden ist sie nicht selten. Alle Gattungen der Familie der Droseraceen fangen Insekten. Ebenso Pinguicola, das Fettkraut, und Utricularia, der Wasserschlauch, der neben seinen gefiederten Blättern hier und da eigentümliche Blasen besitzt, in denen sich Wasserinsekten und Krebschen fangen.

Eine planmäßige Aufzählung der einzelnen Bestandteile, die das Vegetationsbild von Tjiburum zusammensetzen, würde dem Leser keine lebendige Vorstellung geben, und in großen Strichen läßt sich ein Bild nicht zeichnen, dessen Eigentümlichkeit gerade die Fülle der Einzelheiten ist. Die nebenstehende Wiedergabe einer Photographie, die ich dort aufgenommen habe, gibt nur eine schwache Andeutung. Was diesen Fleck selbst inmitten des überall großartigen Urwaldes besonders reizend macht, ist das belebende Element des fallenden Wassers, das schleierartig von den Felsen herabhängt und die Stille, die sonst allerorts herrscht, durch sein Rauschen und Plätschern unterbricht. Ferner das helle, saftige Grün der Bergwände und ganz besonders die Menge der Baumfarne, denen vielleicht vor allen anderen baumartigen Gewächsen der Schönheitspreis, fast hätte ich gesagt ğdie PalmeĞ gebührt. Mit den Palmen teilen sie den schlanken Wuchs und die zierlich gefiederte Krone. Aber ihr Grün ist frischer als das der meisten Palmen, und ihre Zeichnung ist viel feiner ausgearbeitet. Jede Fieder, die bei den Palmen von einem einzigen derben Blatte dargestellt wird, ist hier noch einmal in eine Unzahl kleiner, feinster Fiederchen zerschlissen, und dies verleiht dem Ganzen eine unvergleichliche Zartheit und Durchsichtigkeit. Wunderbar ist der Effekt des Lichts, das im Urwalddickicht, von oben einfallend, jene zarten Blattfiedern bestrahlt. Das Blätterdach oben ist so dicht, daß nur hier und da ein Lichtstrahl durchfallen kann und im allgemeinen ein Halbschatten herrscht. Jeder durchfallende Lichtblitz leuchtet dafür aber auch doppelt strahlend.

Von Tjiburum an wird der Weg etwas rauher, nach anderthalbstündigem Marsch gelangt man in 2090 Meter Höhe an eine Stelle, wo heiße Quellen, Ajer panas, dem vulkanischen Innern der Erde entsprudeln. Wir durchschreiten die dichten Dampfwolken, die den Lauf der heißen Gewässer umhüllen. Eine halbe Stunde weiter gelangen wir an eine Trümmerhalde, Lebak säat genannt, und von hier an, 2135 Meter über dem Meer, beginnt allmählich die Vegetation ihren tropischen Charakter mehr und mehr zu verlieren. Zwar wachsen auch hier noch Baumfarne, nicht mehr Alsophilaarten, sondern Callantium chrysotricha, aber das Gewirr der Schlingpflanzen


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003