Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Nahrung und Kleidung der Europäer in Niederländisch-Indien.

misch-Javanischem verbindet. Abends gibt es allerdings ein »Dinner«. Am Vormittage aber hat man ihnen zugemutet, statt ihrer bewährten Hammelkoteletts und gebackenen Fische eine Mahlzeit zu verzehren, von der sie geradezu mit Schauder sprechen. Auf ein und demselben Teller sollten sie Reis, Eier, Huhn, Krebse, kleine stark riechende Fische, allerlei gepfeffertes, undefinierbares Zeug, stark gewürzte grüne Saucen essen, mindestens 20 bis 30 verschiedene Schüsseln. Sie erzählten mir, sie hätten ganz deutlich gesehen, wie die Holländer im Hotel von allem oder doch dem meisten kleine Portionen genommen und das Ganze zu einem schrecklichen Ragout gemischt hätten. Dem »Major«, einem unserer Reisegefährten, war dies aber denn doch zu arg. Er erklärte eine derartige Verpflegung öffentlich für eine Schande und befahl mit Stentorstimme den Kellnern, ihm für sein Geld ein Essen zu bringen, das ein Gentleman genießen könnte. Die höflichen javanischen Diener hörten schweigend mit gesenkten Häuptern zu, verstanden kein Wort und brachten dem Major immer neue fürchterlichere Schüsseln, die seine Entrüstung immer mehr steigerten. Er verlangte nach dem Wirt, aber dieser hielt seine Nachmittagsruhe und ließ sich nicht stören. Vergebens suchte eine holländische Dame, die englisch verstand, dem empörten Briten auseinander zu setzen, daß dies die berühmte indische Reistafel sei, die man in ganz Niederländisch-Indien zur Mittagszeit einzunehmen pflegt, weil sie den Appetit, der in dem heißen Klima bald darniederliegt, anreizt, und man es vermeidet, mehr als einmal am Tage ein substantielles Mahl zu genießen. Die Holländer haben die sogenannte Reistafel den Eingeborenen abgesehen, und hat man sich einmal an sie gewöhnt, so erblickt fast jeder in ihr eine köstliche Einrichtung und denkt mit wehmütiger Sehnsucht an sie, wenn er schon längst wieder in der fernen Heimat sitzt. Meinen Reisegenossen vom Schiff wollte aber so bald kein Verständnis dafür aufgehen.

Auch die Dame, die zu begütigen suchte, mißfiel ihnen höchlichst; ihr Kostüm bestand aus einem fein gestickten weißen Jäckchen und einem Rock, der eigentlich nichts anderes war als ein breiter, schön gemusterter Kattunstreifen, der um den Unterkörper geschlungen war, und die bloßen Füße, die in wunderbar geformten Pantöffelchen staken, nur bis zum Knöchel bedeckte. »In solch einem Aufzug setzt sich eine Dame im Hotel zu Tisch!« sagten sie mir später.

Diese Kleidung ist ebenfalls von den holländischen Eroberern der einheimischen Sitte entlehnt. Im Kattunrock oder »Sarong«, der glatt um den Unterleib herumgewickelt wird, und der leichten Leinenjacke


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003