Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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448 Java.

Rücken kehren durfte. Ich trat meine Fahrt nicht vom Hauptbahnhof der Stadt, sondern von der Station Weltevreden an. Weltevreden (Wohlzufrieden) ist die Neustadt von Batavia. Sie liegt noch weiter landeinwärts, noch entfernter vom sumpfigen Küstengebiet und kann als die Europäerstadt bezeichnet werden. Hier haben die holländischen Kaufleute und Beamten ihre Wohnhäuser und Villen, hier befinden sich die großen Hotels, hier die Klubs und Parkanlagen. Still und vornehm liegen die schönen, weißschimmernden Bauten im dunklen Grün hoher Fruchtbäume und indischer Feigen. Eine freiere und gesundere Luft weht hier.

Batavia ist wegen seines schlechten Klimas berüchtigt; es ist nicht ungefährlich, eine einzige Nacht in Priok zuzubringen, wenigstens zu den Zeiten, in welchen Baggerarbeiten im Hafen vorgenommen werden. Auch die Altstadt ist recht ungesund und jeder Europäer, der es irgend durchführen kann, vermeidet es, dort zu wohnen. Man arbeitet wohl bei Tage dort in den Bureaus und Kontoren, man wohnt und schläft aber in Weltevreden. Seit man in dieser Vorstadt einen verhältnismäßig gesunden Wohnort entdeckt hat, ist die Sterblichkeitsziffer der Europäer in Batavia sehr erheblich zurückgegangen.

Der Schnellzug braucht weniger als eineinhalb Stunden von Batavia bis Buitenzorg (Ohnesorge), malayisch Bogor. Die Fahrt führt erst durch die terrassenförmig angelegten Reisfelder, an Bananen- und Palmenpflanzungen vorüber, zwischen denen man die Bambushütten der Eingeborenen erblickt. Bald kommen die Gebirge bei Buitenzorg. der Salak und östlich davon der Gedeh in Sicht, aber ihre Häupter sind in einer dunklen Wolkenbank verhüllt. Nun sind sie ganz dem Blicke entschwunden, und als ich in Buitenzorg anlange, kracht der Donner und ein wütender Tropenregen schlägt mir entgegen. Ein kleines Wägelchen, ein Dos à dos, führt mich in zehn Minuten vom Bahnhof durch die Hauptstraße des Villenortes zum Hotel, dem man sonst nicht viel Gutes nachsagen kann, das aber seinen Namen »Bellevue« mit vollem Rechte trägt.

Hier traf ich meine Reisegefährten und Freunde von der Wodonga. Sie befanden sich schon seit Vormittag hier, weil sie einen zweitägigen Aufenthalt ihres Schiffes in Batavia benutzen wollten, um das schöne Klima Buitenzorgs zu genießen und den weltberühmten botanischen Garten zu besichtigen. Das letztere haben sie getan und loben ihn auch, mit dem Hotel aber sind sie »disgusted«, weil es so gar nicht im englischen Stil gehalten ist und, wie überall in Niederländisch-Indien, in Einrichtung und Küche Europäisches mit Einhei-


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003