Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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422 Neu-Guinea. Vom Südkap bis zum Ostkap.

weitesten rechts vom Beschauer. Durch ihn und einige seiner Freunde wurde auch augenscheinlich die ganze weitere Umgebung von meinem Kommen und meinen Wünschen in Kenntnis gesetzt, denn überall strömten von den Küstenplätzen und von den Dörfern des Inlands Besucher herbei, die mich sehen wollten und die gewöhnlich allerlei Getier und Gewürm, Schlangen, Eidechsen, Käfer und Heuschrecken, Fledermäuse und Beuteltiere mitbrachten.

Nie wieder hat mein Sammelgeschäft so geblüht, wie während jener idyllisch schönen Tage, die ich allein bei den Eingeborenen der Ostspitze Neu-Guineas verbrachte. Unter anderem erhielt ich hier zwei sehr schöne und seltene Pythonschlangen, Python amethystinus und Chondropython viridis. Die letztere ist grasgrün gefärbt, eine Farbe, die bei den Riesenschlangen sehr selten ist. Auf der Mitte des Rückens befindet sich eine Längsreihe kleiner lebhaft gelber Flecken, die Unterseite ist weißgelb. Hier fand ich auch eine reizende Laubfroschart, die neu ist und von Professor O. Boettger als Hyla semoni beschrieben worden ist.

Beuteltiere wurden mir meistens lebendig gebracht; außer zahlreichen Flugbeutlern zwei Arten von Kuskus, Phalanger maculatus und orientalis. Die Kuskus sind nahe Verwandte der australischen Opossums, Trichosurus, unterscheiden sich aber von jenen vor allem durch ihre plumpe Gestalt, die senkrecht gestellte Lidspalte und den am Ende nackten warzigen Greifschwanz. Während sich die Gattung Trichosurus in Tasmanien und Australien findet, erstreckt sich das Verbreitungsgebiet der Kuskus über Neu-Guinea, den Bismarck-Archipel und die Salomon-Inseln, die Molukken und Celebes. Nur in Nordaustralien stoßen beide Gattungen zusammen, so daß beide gemeinschaftlich in Queensland vorkommen. Wenn man aber von Süd nach Nord reist, sieht man die Trichosurus seltener, die Kuskus häufiger werden. Eine dritte Gattung, Pseudochirus, verbreitet sich über ganz Australien und findet sich in zwei besonderen Arten auf Neu-Guinea. In ihrer Lebensweise gleichen sich alle drei Gattungen sehr, nur daß die Phalanger und Pseudochirus ihren Schwanz als Greiforgan beim Klettern mit benutzen, während er bei Trichosurus hauptsächlich als Balancierstange beim Klettern und als Steuer beim Springen dient.

Ich fand hier zwei Arten von Phalanger: Ph. maculatus und Ph. orientalis var. typicus. Phalanger maculatus ist eine Art, die in ihrer Färbung ungemein variiert; es gibt graue, gelbliche, auch beinahe weiße Individuen, zuweilen einfarbig, zuweilen durch rote, braune und schwarze Flecken gezeichnet. Unter den Tieren, die mir lebend


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003