Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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416 Neu-Guinea. Vom Südkap bis zum Ostkap.

Ich trat also am nächsten Tage die Rückfahrt nach Suau an und benutzte die lange Kanoefahrt dazu, die Nashornvögel, Tauben und Papageien, die am vorigen Tage noch nicht abgebalgt worden waren, zu präparieren. Glühend heiß brannte die Sonne auf das Kanoe herab, und es war keine kleine Anstrengung, in unbequemer halb sitzender halb liegender Stellung auf der Plattform des Boots im grellen Licht die Arbeit zu verrichten. Neben mir lag fiebergeschüttelt Vaitupu, und ich will offen gestehen, daß ich unter diesen Verhältnissen für die Schönheiten der Flußlandschaft, die mich beim Hinauffahren so entzückt hatten, kein Auge hatte. So ruderten wir den ganzen Tag und es war Abend, als wir die Flußmündung erreichten.

Vom Meere her wehte uns ein kräftiger Wind entgegen, und eine ziemliche Brandung stand an der Küste. Die Fahrt längs des Ufers in pechdunkler Nacht, durch die schaumgekrönten Wellen des Meeres war eine recht ungemütliche. Zweimal wurde das Boot beinahe vollgeschlagen und vor dem Sinken nur dadurch bewahrt, daß die Eingeborenen rasch heraussprangen und es ans Land zogen. Wir auf der Plattform wurden vollkommen durchnäßt, sowohl durch oben herüber-, als auch durch unten durchschlagende Wellen. Das Unangenehmste aber war, dass meine Vogelbälge von der salzigen Flut durchtränkt, und die Ausbeute der vorhergehenden Tage zwar nicht vernichtet, aber doch stark geschädigt wurde.

Es war 11 Uhr nachts, als wir in Suau anlangten, Douglas war längst im Bett. Die Frau des Missionärs sorgte erst für ihren Mann, den wir ihr in bejammernswertem Zustande heimbrachten, dann aber erkannte sie, daß auch ich der Pflege bedürftig sei, zwar nicht krank, aber schrecklich hungrig, und brachte mir die Überreste eines stattlichen Neu-Guinea-Schweins, das in meiner Abwesenheit geschlachtet und von Douglas und der Mannschaft der Hekla beinahe aufgezehrt worden war.

Am nächsten Tage ging es dem Missionär viel besser, und wir konnten ohne Bedenken ihn der häuslichen Pflege überlassen und unsere Reise fortsetzen. Ich hatte Douglas gefragt, ob wir nicht einfach dableiben und den Rest unseres Aufenthaltes in Neu-Guinea hier verbringen wollten, wo die Verhältnisse in mancher Beziehung, besonders im Hinblick auf meine Sammlungen, hervorragend günstige waren. Er wünschte aber weiter ostwärts nach Samarai zu gehen, wo einige Weiße leben, und er sich während meiner zoologischen Ausflüge mehr Behaglichkeit und Unterhaltung versprach als hier.

So lichteten wir denn die Anker und erreichten noch an dem-


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003