Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Nashornvogel. 413

Vögel und ihrer hilflosen Jungen gegen diese muß von großem Nutzen für die Erhaltung der Art sein. Höchst wahrscheinlich hat sich die Familie von Indien aus über die papuanische Region verbreitet und hat ihre sonderbare Nistgewohnheit noch nicht aufgegeben, obwohl dieselbe unter den neuen Bedingungen, welche die Tiere in dieser neuen Heimat fanden, lange nicht mehr den Nutzen besaß wie früher. Bemerkenswert ist es, daß die hornige Helmkappe bei Buceros plicatus, dem papuanischen Nashornvogel, viel geringer entwickelt ist als zum Beispiel bei Buceros bicornis, dem häufigsten Vertreter der Gattung in Indien.

An Säugetieren war übrigens in den schönen tierreichen Wäldern an diesem Flusse auch kein Mangel, aber sie gehörten mit Ausnahme der kosmopolitischen Fledermäuse und Nager und zweier Arten von Wildschweinen, die Neu-Guinea vor Australien voraus hat, sämtlich zu den Beuteltieren. Ungemein zahlreich waren die Flugbeutler, Petaurus breviceps, die in Neu-Guinea durch eine besondere papuanische Varietät vertreten sind. Eine andre Form, Dactylopsila trivirgata, vermittelt sozusagen zwischen den echten Flugbeutlern und den Phalangern und Opossums, welche keine Flughaut besitzen; denn ihre Flughaut ist viel unvollkommener entwickelt als die der echten Petaurus. Dactylopsila trivirgata gehört zu den wenigen Formen von Beuteltieren, die gleichartig diesseits und jenseits der Torresstraße vorkommen, ohne daß sich auch nur eine australische und papuanische Varietät unterscheiden ließe. Das Tier bewohnt die Bäume der dichten Wälder und nährt sich vorwiegend von Insekten und Ameisen. Bei den Petaurus herrscht die vegetabilische Nahrung vor, obwohl auch sie Kerbtiere, selbst Eier und kleine Vögel nicht verschmähen. Wir fanden ein schönes Exemplar von Dactylopsila in einem hohlen Baume. Die Zeichnung stimmte genau mit der eines Exemplars überein, das von Peters und Doria als Dactylopsila albertisi beschrieben werden ist. Oldfield Thomas, der sich eingehend mit der Systematik der Beuteltiere beschäftigt hat, betrachtet aber diese Form als so wenig von der typischen unterschieden, daß er ihr nicht einmal den Rang einer besonderen Varietät einräumen will.

Noch ein anderes niedliches Beuteltier wurde auf diesem Ausfluge von einem der Eingeborenen gefangen und lebend von mir nach Suau zurückgebracht. Es ist der kleine, hübsch gezeichnete Distoechurus pennatus, ein Baumbeutler, der ebenfalls zu den Phalangeriden gehört. Über seine Lebensweise habe ich nichts Näheres feststellen können. Das kleine Geschöpf war außerordentlich bissig und zornig. Als wir es mit einigen Petaurus zusammen in eine


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003