Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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400 Neu-Guinea. Vom Südkap bis zum Ostkap.

der Eingeborenen besteht deshalb außer aus diesen beiden Festbraten und dem Wildbret von Neu-Guinea, Wallaby und in manchen Gegenden Menschenfleisch, vorwiegend aus Fisch und Schildkröte. In den Missionshäusern werden außerdem fast überall Hühner gezüchtet, und unsere Besuche kosteten immer einigen Exemplaren des nützlichen Federviehs das Leben. Vaitupu und seine Frau aber schlachteten uns zu Ehren eins der Schweine, die sie besaßen, eine ebenso edle als von uns dankbar aufgenommene Tat.

Suau ist ein kleines, berggekröntes und dicht bewaldetes Inselchen Das kleine Dorf der Eingeborenen liegt fern von der Missionsstation, ganz in Wald und Pflanzungen versteckt am Ufer in reizender Lage. Der Wasserarm, der die Insel vom Festlande trennt, ist nur büchsenschußbreit. Anmutig heben sich die Formen der Berge aus dem Meer, in das sie steil abfallen. Eine dichte Urwald-Vegetation bedeckt das Ganze und die Vereinigung von Berg, Wald und Meer ist wundervoll.

Die Eingeborenen sind hier viel kleiner und schlechter gebaut als in Hula und Aroma; in ihrer Farbe sind sie nicht merklich von jenen verschieden. Wie alle Papuas sind auch sie große Freunde von Zierrat, und außer ihrem hervorragend reichen Nasenschmuck ist mir besonders ihre Vorliebe für Kopfschmuck, prächtige Diademe von Paradiesvogelfedern oder bunten Papageifedern, aufgefallen.

Als die Missionäre Chalmers und MC Farlane vor 14 Jahren hier zuerst landeten, waren die Eingeborenen noch ganz wild und schreckliche Kannibalen, und die beiden friedlichen Weißen mit ihren polynesischen Helfern befanden sich mehr als einmal in unmittelbarer Lebensgefahr. Die Anwesenheit der Mission hat auf die Bewohner inzwischen mildernd und veredelnd gewirkt und hat auf einen weiteren Umkreis die Sitten der Eingeborenen vorteilhaft verändert.

Auf unserer bisherigen Fahrt hatten wir allmählich einige Worte von der Sprache der Eingeborenen gelernt, besonders von der Motu-Sprache und auch von den Dialekten von Hula und Aroma. Hier fanden wir auf einmal wieder einen ganz ändern Dialekt. Übrigens sei erwähnt, daß, wenn man noch weiter westlich geht, nach Jule Island (Maiva-Distrikt) und Motumotu, auch dort wieder neue Dialekte auftauchen, ebenso wenn man östlich nach Milne Bay vorschreitet. Diese Vielsprachigkeit, die zum Teil wohl darin begründet ist, daß gewisse Distrikte in Jahrhunderte langer Feindseligkeit mit andern leben und sich gänzlich von ihnen abschließen, erschwert das Reisen, Forschen und Sammeln in Neu-Guinea beträchtlich.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003