Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Papuanische Pfahldörfer und Baumhäuser. 381

In anderer Weise schützen sich zahlreiche der mehr im Inland gelegenen Dörfer vor plötzlichen Überfällen, so am Laroki nahe bei Port Moresby, so in zahlreichen Orten an der Milne Bay. In jedem dieser Dörfer gibt es außer den gewöhnlichen, auf niederen Pfählen stehenden Häusern noch einige, die nestartig ins Gezweig hoher Bäume geklebt sind, 20 oder 30 Meter über der Erde. Erfolgt ein Angriff, so flüchtet sich die Bevölkerung in diese Baumfestungen. Oben liegen Steine und Wurfspeere bereit und leicht kann man sich von dort gegen jeden Angriff, vor allen Dingen gegen ein Umhauen der mächtigen Bäume, verteidigen.

Die Bevölkerung von Port Moresby besteht aus etwa 1000 Köpfen, die zwei gänzlich verschiedenen Stämmen angehören, den Koitapuanern und Motus. Die ersteren sind die eigentlichen Inhaber des Landes, sie sind eine Landbevölkerung, die sich von dem Ertrage ihrer Pflanzungen und der Jagd auf Wallabies nährt. Sie gelten als große Zauberer und Regenmacher und werden als solche von anderen Stämmen in lächerlicher Weise gefürchtet. Die Motus sind Fischer und Seefahrer; sie haben sich hier erst später mit Erlaubnis der Koitapuaner niedergelassen und tauschen die Ergebnisse ihrer Fischzüge und die Töpferwaren ihrer Frauen gegen die Früchte und Jagdbeute der Koitapuaner. Sie sind es auch, die jene kühnen Handelsfahrten bis in den Golf von Papua unternehmen, von denen ich oben berichtet habe. Obwohl an Zahl die Koitapuaner übertreffend, fühlen sie sich nicht als Eroberer, sondern als Gäste. Merkwürdig ist, daß, obwohl dieses friedliche Zusammenleben schon lange existiert, beide Stämme noch ihren eigentümlichen von einander stark abweichenden Dialekt bewahrt haben. Kämpfe zwischen den beiden Stämmen scheinen nicht vorzukommen, im übrigen aber soll die Bevölkerung der drei Dörfer eine ziemlich ungemütliche sein, da sie immerfort unter einander zankt und auch den Missionären das Leben schwer macht. Durch besondere Widerhaarigkeit sollen sich die Bewohner der Insel Elevara auszeichnen.

Herr Dauncy zeigte uns alles Sehenswerte und führte uns durch die Dörfer und zu den Baulichkeiten der Mission. Abends sangen die Missionsschüler eine Anzahl von Hymnen, die von den weißen Missionären in die Motu-Sprache übertragen worden sind, nach den Melodien englischer Choräle und Volkslieder. Reizend klang ein solcher Gesang nach der Weise des schönen »home, sweet home«. Die Pflege des Gesangs von seiten der Missionäre hat mir immer besonders gefallen. Selbst dort, wo nur ein einzelner farbiger Lehrer sitzt, und wo seine sonstigen Erfolge recht dürftig sind, pflegen die


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003