Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Port Moresby. 377

reichen und fruchtbaren Südostküste. An der vorspringenden Landzunge beginnend, die am Osteingange des Hafens liegt, erstreckt sich die Niederlassung weithin an der Küste nördlich, natürlich nicht als zusammenhängender Flecken, sondern mehr wie ein Villenort, der eben am Ufer eines Gebirgssees entsteht. Es gab zur Zeit nur ein Verkaufsmagazin, das der weitverzweigten und mächtigen Queensländer Firma Burns, Philp & Co. gehörte und durch einen Herrn namens Gors geleitet wurde. Hier vervollständigte ich meine Ausrüstung durch den Kauf einiger Tauschartikel, die mir für meine weitere Reise östlich von großem Nutzen gewesen sind. Das Gouvernementsgebäude liegt in dominierender Lage auf einem Hügel, ungefähr 150 Fuß über dem Meere. Leider war es in Abwesenheit des Gouverneurs verschlossen, so daß wir darauf verzichten mußten, die prachtvolle Sammlung von schön gearbeiteten papuanischen Steinkeulen zu sehen, deren Zusammenbringung eine spezielle Liebhaberei des Administrators gewesen sein soll.

Die Eingeborenen dieses Teils von Neu-Guinea verfertigen besonders kunstvolle Steinkeulen, von denen ich eine und zwar durchaus nicht eine hervorragend schöne auf Seite 435 Fig. 4 abgebildet habe. Nur der Kopf der Keule besteht aus einem Stein, dessen Achse exakt und glatt von einer zylindrischen Öffnung durchbohrt wird. In diese wird der Handgriff aus starkem und schwerem Holze hineingesteckt. Es ist erstaunlich, daß die Papuas es fertig bringen, ohne Eisen den harten Stein so glatt zu durchbohren und seine Oberfläche so prächtig auszumodellieren.

In der Nähe des Gouvernementsgebäudes sahen wir eine größere Anzahl von Kettengefangenen Wegearbeiten verrichten. Es waren Papuas, die größtenteils wegen Mordes zu 3 bis 10 Jahren Zwangsarbeit verurteilt waren und hier ihre Tat büßten, zu der sie sich wohl oft durch alte Traditionen nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet glauben. Das Strafsystem Sir William Macgregors hat sich übrigens außerordentlich gut bewährt. Die Zeit der Strafgefangenschaft ist für viele der Betroffenen zu einer wahren Bildungszeit geworden. Übrigens war die Macht der Regierung, die wilden Sitten der Eingeborenen im Zügel zu halten und zu kontrollieren, bisher nur auf einige Küstendistrikte und hie und da auf ganz kleine Striche des Inlands beschränkt. Die Mehrzahl der Eingeborenen tat noch genau das, was ihre Väter taten.

Herr Hatton Richards lud uns zum Mittagessen bei sich ein und stellte uns den italienischen Naturforscher Herrn Loria vor, der schon seit längerer Zeit in Neu-Guinea weilte und soeben eine längere


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003