Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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372 Neu-Guinea. Von Jule Island bis zum Südkap.

sich in Europa schwer eine Vorstellung zu machen vermag. Sehr unregelmäßig waren in dieser Zeit des Übergangs von Nordwestmonsuns in Südostpassat die Winde. Auf die Seebrise, die an tropischen Küsten von 10 Uhr vormittags bis gegen Sonnenuntergang zu wehen pflegt, und auf die während der Nacht aufkommende Landbrise konnte man sich gar nicht verlassen. Zuweilen kamen diese periodischen Lokalwinde, zuweilen wurden sie aber durch den Kampf der Passate ganz verwischt, und heftige Südost- und Nordweststürme wechselten mit absoluten Windstillen. Die regelmäßigste Erscheinung war noch das Einschlafen des Windes um Sonnenuntergang.

Am nächsten Morgen um 8 Uhr passierten wir Redscar-Head und ankerten um 1 Uhr in dem vortrefflich geschützten Hafen von Port Moresby, dessen Fahrwasser allerdings wegen der zahlreichen kleinen Riffe und Korallenbänke nicht ganz ungefährlich ist. Port Moresby ist bei weitem die stattlichste Niederlassung von Weißen in Britisch-Neu-Guinea, und beim Einlaufen gewähren die hellschimmernden, hie und da an den Hügeln verstreuten Häuschen einen recht hübschen Anblick. Doch lebte nur eine ganz kleine Zahl von Weißen dort, ich glaube gewöhnlich kaum mehr als zwanzig, und Port Moresby war damals wohl als Centralstation der Regierung und als Hauptquartier der London Missionary Society, kaum aber als selbständige Ansiedlung zu bezeichnen. Das Werk der Missionsgesellschaft begann im Jahre 1871 unter den Reverends A. W. Murray und S. McFarlane und wurde später durch die Missionäre W. G. Lawes und J. Chalmers fortgeführt, die in ihrer bewunderungswürdigen Tätigkeit als wahre Menschenfreunde und unermüdliche Forscher neuerdings durch eine Anzahl jüngerer Kräfte unterstützt wurden.

Im November des Jahres 1884 wurde durch Commodore Captain J. E. Erskine das englische Protektorat über Südost-Neu-Guinea erklärt, nachdem kurz vorher Deutschland seine Flagge in Nordost-Neu-Guinea gehißt und dieses Gebiet und den Bismarckarchipel unter sein Protektorat genommen hatte. Schon im März 1883 hatte Herr H. M. Chester, Police Magistrate von Thursday Island, das englische Protektorat über ganz Ost-Neu-Guinea vom 141° ö. L. an ostwärts proklamiert. Diese Besitzergreifung, zu der er nicht autorisiert war, war aber von der englischen Regierung nicht anerkannt worden. Wie man sieht, wäre um ein Haar der wertvolle Kolonialbesitz des jetzigen Deutsch-Neu-Guinea uns Deutschen entgangen.

Zunächst waren Generalmajor Sir Peter Scratchley, dann Hon. John Douglas (später Gouverneur Resident von Thursday Island) Spezial-


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003