Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Das Dorf Mou. 365

holländischen »Brüdern« bewohnt wurde. Diese Brüder, gelernte Zimmerleute, waren zur Zeit unserer Anwesenheit in Mou gerade beschäftigt, eine Kirche zu bauen, wobei sie ihre europäischen Gepflogenheiten dem dortigen Material anzupassen hatten. Sie sagten uns, daß sie dabei manches von den Eingeborenen gelernt hätten: die letzteren jedoch wollten nichts von europäischen Baukünsten und Handgriffen wissen und hätten kaum irgend etwas von ihnen angenommen.

Wir nahmen noch ein spätes Mal auf der Veranda des Missionshauses ein, standen dabei aber wahre Marter durch die zahlreichen Moskitos aus, deren Stich hier von besonderer Giftigkeit zu sein schien. Noch schlimmer war es in der Nacht. Man hatte uns zwar Betten mit Moskitonetzen angewiesen, aber dieselben waren vorher bei Tage nicht dicht gehalten gewesen, und so hatte jeder Schläfer eine ganze Kolonie durstiger Blutsauger als Gesellschaft für die Nacht bei sich. Besser gar kein Moskitonetz als eins, das den Menschen wie in einen Käfig mit seinen Verfolgern zusammensperrt. Ein Moskitonetz muß nicht nur dicht sein, sondern auch tagsüber stets verschlossen gehalten werden. Sonst setzen sich die Tiere, durch den Menschenduft angezogen, bei Tage in die Falten und erwarten ruhig das Erscheinen ihres Opfers zur Nachtzeit. Früher war die Moskitoplage auf Roro so stark, daß man schon ernstlich an eine Verlegung der Hauptmissionsstation dachte. Einer der Missionäre erzählte uns in sehr lebendiger und humoristischer Weise, wie man bei allen Beschäftigungen, selbst beim Messelesen und anderen kirchlichen Handlungen immerfort durch Schläge und Abwehrbewegungen sich gegen die Angreifer zu verteidigen gehabt hätte. Aus unbekannten Gründen hat sich aber dort das Übel sehr gebessert. In Mou schien es mir noch immer stark genug, um einem das Leben zu vergällen; verbitterte es doch gerade die Stunden der Abendkühle, die schönsten in den Tropen nach einem anstrengenden, arbeitsreichen Tage.

Am nächsten Morgen ging ich mit Vater Hubert in das Dorf Mou und war wiederum überrascht über die Schönheit und die Verschiedenartigkeit im Baustil der Häuser, besonders der Mareas, auf deren stattliche Ausführung und reiche Ausschmückung mit Waffen und Trophäen die Eingeborenen hier ihren ganzen Kunstsinn zu konzentrieren scheinen. Schön und kunstvoll ist aber alles, was aus ihren Händen hervorgeht, jeder Gebrauchsgegenstand, dessen sie sich bedienen.

Ich sah prachtvolle Steinbeile, schön bemalte Schilder, geschnitzte Holzmesser, verzierte Speere und Pfeile, zierliche Löffel aus Kokos-


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003