Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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352 Neu-Guinea. Von Jule Island bis zum Südkap.

erheben, deren höchste Spitze, der Otto-Berg, auf 5000 Meter geschätzt wird und vielleicht in der Einsattlung zwischen seinen beiden Spitzen Schnee trägt. Das Kettengebirge des Mount Jule und Owen Stanley besteht in der Hauptsache aus stark metamorphosierten Schiefern, die am Mount Viktoria in Gneiß übergehen; am Fuße der Berge findet sich auch Tonschiefer und Sandstein. Außer Granit kommen jüngere Eruptivgesteine, wie Basalt und Andesit, vor, besonders reichlich am Mount Jule, dessen zahnförmiger Gipfel aus Andesit zu bestehen scheint.

Während wir noch unser morgendliches Schwimmbad im Meere nahmen, kamen ein paar Kanoes mit Eingeborenen zu unserm Boote herangerudert, und ich machte hier zum ersten Male die Bekanntschaft der Papuas, einer Menschenrasse, die ebenso interessant und eigenartig ist, wie ihre Heimat, welche von der Natur reicher bedacht wurde als irgend eine andere Tropeninsel, ja vielleicht als irgend ein andres Land. Es scheint fast, als ob dieser Charakter der Gegend sich im Charakter seiner Bewohner wiederspiegele, so lebhaft, fröhlich, so bunt geschmückt und schön verziert stellen sie sich überall dar, wo man ihnen begegnet, und unterscheiden sich ebenso von den primitiven, fast jeglichen Kunstsinns entbehrenden Wilden Australiens als von ihren südwestlichen Nachbarn, den ernsten, zurückhaltenden Malayen.

Lachend und gestikulierend umdrängten uns die kräftigen, wohlgebauten Gestalten derjenigen, denen wir gestatteten, an Bord der Hekla zu kommen. Der verhältnismäßig helle Farbenton der Haut fiel mir hier auf, der die Bewohner dieses Küstenstrichs von Neu-Guinea von den dunkleren Nachbarstämmen sowohl im Osten wie im Westen unterscheidet. Der Oberkörper ist allgemein kräftig gebaut, die Schultern breit, die Brust- und Armmuskulatur stark; die Beine, besonders der Männer, sind lang und dünn, und gut entwickelte Waden habe ich nie gesehen. Die Gesichtsbildung ist so eigentümlich, daß ein geübtes Auge den Papua ohne weiteres von jedem Australier, Malayen und typischen Polynesier unterscheiden wird. Größer ist schon die Ähnlichkeit mit gewissen Negertypen. So teilt mir Finsch mit, daß ein Papuajunge, den er von Neu-Pommern nach Deutschland mitgebracht hatte, in der Anthropologischen Gesellschaft in Berlin von guten Afrikakennern einfach für einen Afrikaner gehalten wurde; derselbe wurde von den Somalis, die als Heizer an Bord des Dampfers arbeiteten, als einer der ihrigen angesprochen. Einen ganz ähnlichen Eindruck hat D'Albertis empfangen, der jahrelang unter den Papuas gelebt hat. Auf der Rückkehr von seiner berühmten


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003