Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Transport von Pflanzen und Tieren durch Treibholz. 349

Wichtigkeit dieses Faktors bei der Ausbreitung der Vegetation von Land zu Land, von Insel zu Insel begreifen. Dies ist eines der Hauptmittel, durch das ozeanische Inseln, die niemals mit irgend einem Kontinente in Verbindung gestanden haben, ihre pflanzlichen und zum Teil auch ihre tierischen Bewohner erhalten haben und noch erhalten. Der Lufttransport von Pflanzensamen, die mit Flugapparaten versehen sind, von manchen tierischen Eiern, die im trocknen Zustande mit dem Staube vom Winde verweht, oder an den Füßen der Wandervögel verschleppt werden, ist ein Faktor, der für ganz abseits im Ozean liegende Inseln erst in zweiter Linie in Frage kommt. Auch kleine und mittelgroße Tiere, die sich an den Baumwurzeln und Zweigen anklammern, in den mitgerissenen Erdmassen verkriechen, können durch Treibholz verschleppt werden. Auf diese Weise erklärt sich wohl das Vorkommen des Baumbeuteltieres Cus-cus (Phalanger) auf allen nicht allzu kleinen Inseln des malayischen Archipels bis nach Celebes einschließlich, und die fast ebenso weite Verbreitung des Flugbeutlers Petaurus, eines anderen Baumbeuteltieres, das allerdings Celebes nicht erreicht hat. So erklärt sich ferner wohl zum Teil das Eindringen verschiedener Nagerformen in die australische Region, der ja sonst Placentatiere gänzlich fremd sind (vgl. Seite 199). Diese Art des Transportes wird natürlich von verschiedenen Organismen und ihren Keimen sehr verschieden vertragen. Hartschalige Pflanzensamen werden durch monatelanges Herumtreiben im Ozean und sogar durch gelegentliche Benetzung mit Seewasser nicht abgetötet werden. Tiere und tierische Keime sind fast durchweg weniger widerstandsfähig, und besonders die Wirbeltiere und ihre Keime sind zu empfindlich, um sehr weite Seereisen auf Treibholz zurückzulegen. Eine Ausnahme von dieser Regel scheinen nur die Reptilien zu machen, von denen — ganz abgesehen natürlich von den schwimmbegabten Schildkröten und Krokodilen — Vertreter auf sämtlichen ozeanischen Inseln Polynesiens gefunden werden, denen Säugetiere (auch Nager) gänzlich fehlen. Amphibien erreichen noch die Neu-Hebriden und Fidji-Inseln, die in frühen Epochen mit Neu-Guinea über die Salomon-Inseln und den Bismarckarchipel hin in Landzusammenhang gestanden haben, dringen aber nicht weiter östlich in die Südsee vor. Die Fische, die das süße Wasser jener Inseln bewohnen, sind sämtlich marine Einwanderer1).

i) Diesen Exkurs über die Bedeutung des Treibholzes für die diskontinuierliche Verbreitung von Landpflanzen und Landtieren lasse ich auch in der zweiten Auflage


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003