Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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348 Neo-Guinea. Von Jule Island bis zum Südkap.

Die meisten dieser Inseln ragen nur wenig über den Wasserspiegel empor; weißschimmernder Sand umsäumt ihre Ränder, ein Kern von Vegetation füllt das Innere aus, vereinzelte Kokospalmen wiegen ihre zierlichen Kronen im Hauche des kräftigen Seewindes. Auf den größeren Inseln bemerkt man einige Hütten, Ansiedlungen der Eingeborenen, die dem Oststamm der Torresstraße-Insulaner angehören.

In diesem gefährlichen Fahrwasser konnten wir nur bei Tageslicht segeln und mußten nachts vor Anker gehen. Wenn wir segelten, pflegten wir immer eine starke Angel an einer bleistiftdicken Schnur nachzuschleppen, um Fische für unsere sonst nur mit Konserven bestellte Tafel zu fangen. Eines besonderen Köders bedarf es bei diesem Angeln nicht, nur eines weißen Lappens, der am Haken befestigt wird. Auf diese Weise fingen wir einige Male Bonitos und andere Makrelen, einmal einen anderthalb Meter langen Haifisch, der unserer Küche zwar kein schmackhaftes Fleisch, aber meiner Sammlung einige interessante Embryonen lieferte. Ein anderes Mal biß ein größerer Hai an die munter hinter unserem Schiffe herschwimmende Angel. Er hing einen kurzen Augenblick fest und zerriß dann die starke Leine, als ob. sie ein Zwirnsfaden gewesen wäre.

Am Morgen des 7. April passierten wir Bramble Cay, eine schmale Sandinsel, die nur drei Meter über den Wasserspiegel herausragt. Sie ist von spärlicher Vegetation bedeckt und trägt zur Orientierung der Schiffer eine rohe Bake, einen hohen Pfahl, an dessen Spitze aus Balken ein mächtiger Rhombus angezimmert ist. Unter Cay versteht man allgemein eine Sandinsel, die etwas Vegetation trägt.

Von hier aus richteten wir unsern Kurs nach Ostnordost und steuerten direkt auf Kap Possession zu. Große Mengen von Treibholz kamen uns jetzt entgegen, mächtige entwurzelte Stämme, die oft noch zwischen ihren, hoch über das Meeresniveau emporragenden Wurzeln eine Menge Erdreich, Gras und Pflanzen aller Art mit sich trugen. Überschwemmungen und Fluten entwurzeln diese Bäume im Inland, die Flüsse tragen sie bis an die See, und Meeresströme führen sie weiter zu fernen Gestaden, wo unter günstigen Umständen die Samen der mittransportierten Pflanzen aufgehen und bewirken, daß die einheimische Flora mit Eindringlingen vermischt wird. Größere Früchte, die von widerstandsfähigen Schalen umgeben sind, können auch direkt im Meere treibend ferne Gestade erreichen und denselben neue Ansiedler zuführen

Wer jemals durch solche Mengen von Treibholz gesegelt ist, wie sie mir in der Nähe der Neu-Guinea-Küste begegneten, wird die


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003