Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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340 Thursday Island und die Torresstraße.

verlassene, sorglos gebaute Rindenhütten. Sie rührten von der »black police« her, die hier vor einiger Zeit kampiert hatte, wohl um eine Strafexekution bei den Schwarzen vorzunehmen. Hier beschlossen wir die Nacht zuzubringen und waren dadurch der Mühe überhoben, das kleine Zelt, das ich mitgenommen hatte, aufzuschlagen.

Den Rest des Tages streifte ich in der Umgebung unseres Lagers umher. Dichter Wald befand sich überall in der Nähe der zahlreichen Sümpfe und stehenden Gewässer, die das tiefgelegene Schwemmland durchsetzen. Hier wimmelte es von Wasservögeln, kleinen Kranichen, Enten, Gänsen, aber schon jetzt am Tage fiel mir die große Menge der Moskitos auf. Entfernt man sich weiter vom Fluß und von der Küste, so kommt man auf festeren, trockneren Boden, die üppige Vegetation hört auf und der lichte Eukalyptuswald tritt an ihre Stelle und repräsentirt australische Eigenart auch hier an der tropischen Nordspitze des Erdteils. Ich fand ganz frische Kasuarspuren, bekam den Vogel selbst aber nicht zu Gesicht. Offenbar ist er viel scheuer und vorsichtiger als sein südlicher Verwandter, der Emu.

Meine Sammelerfolge waren überhaupt unbedeutende, und müde und hungrig kehrte ich um 6 Uhr nachmittags zu unserm Camp zurück, um bei Konservenfleisch und Tee die Mühen und Anstrengungen des verflossenen Tages und der voraufgegangenen Nacht zu vergessen. Schon beim Essen fingen die Moskitos an, uns sehr zu belästigen, ich tröstete aber meine Genossen und sagte ihnen, ich wüßte schon Mittel, die kleinen Blutsauger nachts in Respekt zu halten. Man läßt am Eingange des Zeltes oder der Hütte ein Feuer brennen und sorgt für gehörigen Rauch. Am besten erzeugt man letzteren dadurch, daß man trockenen Kuhdünger am Feuer verkohlt. In Ermanglung von Kuhdünger kann man frische grüne Büsche ans Feuer legen und hat nur darauf zu achten, daß die ganze Nacht hindurch Feuer und Rauch ihre Nahrung behalten. So kramte ich meine Buscherfahrungen vor meinen Gesellen aus, die als Seeleute von diesen Dingen wenig verstanden und mit Begeisterung an die Arbeit gingen, Holz und Buschwerk zum Schutz gegen die Moskitos zusammenzutragen.

Wir wählten die eine Hütte als Schlafgemach, machten an beiden Eingängen ein tüchtiges Feuer an und erzeugten durch grüne Büsche einen infernalischen Rauch. Sobald die Atmosphäre wieder so weit geklärt war, daß man sie atmen konnte, ohne vor Husten zu ersticken, legte ich mich nahe dem qualmenden Feuer zur Ruhe. Kaum hatte ich einige Minuten gelegen, so fühlte ich unzählige bren-


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003