Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Die eingeborene Bevölkerung der Torresstraße. 337

und ganz besonders durch die eindringenden und umfassenden Untersuchungen von Alfred C. Haddon genau unterrichtet sind, schien mir eine eigentümliche Mischung von papuanischen mit australischen Zügen vorzuliegen.

Haddon, der genaueste Kenner dieser interessanten Insulaner, der lange Zeit unter ihnen gelebt hat, ist jedoch der Ansicht, sowohl in anthropologischer als in ethnographischer Hinsicht überwiege das papuanische Element so entschieden, daß wir alles zusammengenommen die Bevölkerung als eine papuanische zu bezeichnen haben. Ihr Haar ist, wie er mir mitteilt, entschieden nicht australisch; ihre geistigen Eigenschaften seien ausgesprochen papuanisch, das trete besonders deutlich hervor, wenn man sie direkt neben den Bewohnern von Kap York beobachte. Auch ethnographisch überwiegt nach Haddon das papuanische Element: das beweist ihr Kunstsinn, beweist der Gebrauch von Tanzmasken bei ihren Festen, die Benutzung von Pfeil und Bogen. Das australische Wurfbrett, dessen sich der westliche Stamm der Insulaner bedient, ist nach ihrem eigenen Zeugnis erst von Kap York her importiert worden. Bei dem östlichen Stamm ist es überhaupt nicht in Aufnahme gekommen. Kurz und gut, das Resultat der Haddon'schen Studien ergibt, daß wir im Grunde Papuas mit einiger australischer Beimischung vor uns haben. Mein Besuch auf Hammond Island galt nicht eigentlich den Eingeborenen, sondern einem Goldlager, dessen Entdeckung vor einigen Jahren einen »rush«, das heißt ein Zusammenströmen von Goldgräbern auf der Insel verursachte. Inzwischen hat man die Bearbeitung der Mine als nicht einträglich genug wieder aufgegeben. Im süßen Wasser einiger kleiner Tümpel, nahe bei der Mine, entdeckte ich eine noch unbeschriebene Gattung einer Süßwasserschnecke, die von Professor E. von Martens unter dem Namen Pseudopotamis semoni abgebildet und beschrieben worden ist. Gleichzeitig beschrieb Martens eine verwandte Art, die von Dr. O. Finsch schon früher auf Prince of Wales Island gefunden worden war, als Pseudopotamis finschi. Auch hier machen wir wieder die interessante Beobachtung, daß auf zwei Inseln, die kaum eine halbe deutsche Meile von einander entfernt sind und die sicherlich früher zusammengehangen haben, die räumliche Trennung bald eine Divergenz der Arten hervorruft, ein Phänomen, das sich überall am schönsten an den Süßwasser- und Landschnecken beobachten läßt.

Auch dem Festlande stattete ich in meinem kleinen Kutter einen mehrtägigen Besuch ab und will diesen Ausflug etwas ausführlicher erzählen, da ich auf demselben eine Nacht ohnegleichen verlebt habe.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003