Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

336 Thursday Island und die Torresstraße.

eigentlich australisches Festland, sondern selbst eine Insel war, welche östlich von dem eigentlichen Austral-Kontinente lag. Letzterer bestand aus dem jetzigen Westaustralien, das sich damals viel weiter westlich und südlich ausdehnte als jetzt. Die Insel im Osten setzte sich aus Tasmanien, der ganzen australischen Ostküste und Teilen von Neu-Guinea zusammen. Ein breiter Meeresarm trennte sie von dem westlichen Kontinente. Durch eine von Nordwest nach Südost laufende Landbrücke war Neu-Seeland mit dieser Australinsel und zwar mit ihrem nordöstlichen Teile, dem nördlichen und mittleren Oueensland und Neu-Guinea verbunden. Die Norfolk- und Lord Howe-Inseln sind die letzten Reste dieser Landbrücke, deren Verlauf noch jetzt durch eine submarine, unter der Tausendfadenlinie liegende Bank angedeutet wird. Diese Beispiele zeigen, wie nicht nur Geologie und Ozeanographie, sondern als ein gleichberechtigter Faktor das vergleichende Studium der Tier- und Pflanzenverbreitung uns die Mittel geben, manches Kapitel der Geschichte unseres Planeten zu enträtseln.

Eines Tages brachten Eingeborene von Horn Island ein weibliches Leistenkrokodil von 3 1/2 Meter Länge, das nur leicht verwundet aber so fest mit Stricken geknebelt war, daß ich es in aller Gemächlichkeit befühlen und untersuchen konnte. Die Eingeborenen hatten das Tier schon seit längerer Zeit beobachtet, wie es seine in einer Sandmulde verscharrten Eier treu bewachte, und hatten es so auf dem Lande überraschen und bewältigen können. Sie brachten mir auch einen Teil der hartschaligen Eier, die etwa Gänseeigröße besaßen und schon ziemlich weit ausgebildete Embryonen enthielten. Die Eier nahm ich ihnen ab, konservierte einen Teil der Embryonen gleich und ließ einige andere sich noch weiter entwickeln. Die gefangene Mutter, die sich vollkommen in ihr Schicksal ergeben zu haben schien, wurde von einem Schiffskapitän gekauft, der sie mit nach Sydney nahm, um sie dort weiter zu verkaufen.

Mit den Eingeborenen der Inseln der Torresstraße kam ich im ganzen wenig in Berührung. Nicht selten begegnete ich ihnen in ihren langen Einbaum-Kanoes, die mit zwei Auslegern versehen sind und im Centrum eine breite Plattform tragen, beim Dugong- und Schildkrötenfischen. Einmal lernte ich auf Hammond Island, mit seinem einheimischen Namen Keriri genannt, einen Trupp von Eingeborenen kennen. Äußerlich unterscheiden sie sich sehr deutlich von den Bewohnern des australischen Kontinents, und ich war auf meine ganz flüchtigen Beobachtungen hin geneigt, sie für eine Kreuzung zwischen Papuas und Australiern anzusehen. Auch in ihren Sitten und Gebräuchen, über die wir durch Jukes und Macgillivray


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003