Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Die Faunen der dem australischen Kontinent benachbarten Inseln.

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von Pseudochirus ebenfalls eine, Pseudochirus cooki. Das gewöhnliche Opossum, Trichosurus vulpecula, kommt in der Varietät fuliginosus vor, deren Pelz wegen seiner längeren und dichteren Haare besonders geschätzt ist. In dem kühleren Klima Tasmaniens bedarf das Tier eben eines wärmeren Kleides. Tasmanien besitzt ferner ein besonderes Wombat, Phascolomys ursinus, eine besondere Buschratte, Phascologale minima, und zwei Gattungen von Raubbeutlern, die in Australien ganz fehlen: Tylacinus, den Beutelwolf, und Sarcophilus, den tasmanischen Teufel. Diese beiden Gattungen sind aber keineswegs in Tasmanien seit seiner Trennung vom Festlande erst entstanden, sondern sie lebten ehemals auch auf letzterem, sind aber dort ausgestorben und nur noch fossil zu finden. Wahrscheinlich erlagen sie der Konkurrenz des einzigen placentalen Raubtieres, das Australien besitzt, des Dingohundes, über dessen Einführung in Australien ich schon ausführlich (S. 196) gesprochen habe. In Tasmanien ist der Dingo niemals eingeführt worden, und diesem Umstände verdanken wohl die einheimischen großen Beutelraubtiere Tylacinus und Sarcophilus ihre Erhaltung.

Auch die Vogelfauna Tasmaniens unterscheidet sich außer ihrer größeren Armut, zum Beispiel Abwesenheit der Emus, der Megapodiden und der Laubenvögel, wenig von der des Festlandes. Keine eigene Gattung kommt vor und von den Spezies sind nur etwa 10 Prozent eigentümlich, 90 Prozent aber identisch mit festländischen Arten. Nicht größer sind die Differenzen, wenn wir die Amphibien-und Süßwasserfischfauna berücksichtigen, und was die Reptilien anlangt, so kommt weder eine besondere Art noch eine besondere Gattung in Tasmanien vor, dessen Klima für eine reichere Entfaltung dieser wärmeliebenden Wirbeltierklasse zu kühl ist.

Wir sehen also, daß Tasmanien im Vergleich mit Australien eine viel eigenartigere Fauna hat als Großbritannien, verglichen mit Europa, aber eine viel weniger eigenartige als Neu-Guinea, dessen Gattungen zum Teil und dessen Arten in ihrer überwiegenden Mehrzahl von denen des australischen Festlandes unterschieden sind.

Werfen wir schließlich noch einen Blick auf die beiden großen Inseln im Südosten von Australien, auf Neu-Seeland, so begegnen wir auch hier einer Fauna und Flora von entschieden australischem Charakter. Eine große Reihe von Tatsachen, die von Alfred Rüssel Wallace in seinem bewunderungswürdigen ğIsland LifeĞ zusammengestellt, ein höchst interessantes Bild von der Geschichte dieser merkwürdigsten aller Inseln geben, beweist aber auf das schlagendste die sehr frühe Lostrennung Neu-Seelands von dem, was damals nicht


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003