Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Ehemalige Landverbindung zwischen Australien und Neu-Guinea. 333

indomalayischen Typen in der Fauna von Neu-Guinea, und jedenfalls ist sie derart, daß ein Landzusammenhang der Insel mit Gebieten des indomalayischen Faunengebiets in neozoischer Zeit unwahrscheinlich ist. Neu-Guinea besitzt ein placentales Säugetier, das Australien fehlt, das Schwein, das, von den Molukken eingewandert oder wahrscheinlich direkt durch Menschen importiert, auf der Insel in zwei eigenen Arten in wildem und gezähmtem Zustand gefunden wird.

Trotz der fundamentalen Übereinstimmung im Charakter der papuanischen und festländisch-australischen Fauna ist es doch bemerkenswert, daß im speziellen fast durchgehend deutlich ausgesprochene Unterschiede bei allen den Formen hervortreten, denen durch den trennenden Meeresarm eine Schranke gesetzt ist. In Neu-Guinea kommen zwar nur zwei Beuteltiergattungen vor, die auf dem Festlande ganz fehlen und dort auch fossil nicht gefunden sind, nämlich die Gattungen Dorcopsis und Distoechurus. Ferner ist die Monotremengattung Proechidna auf Neu-Guinea beschränkt. Die Arten derjenigen Gattungen aber, die beiden Ländern gemeinsam sind, wie Macropus, Dendrolagus, Dromicia, Pseudochirus, Perameles, Dasyurus und Phascologale, sind fast durchweg spezifisch verschieden und nur wenige Arten, wie Phalanger maculatus, Dactylopsila trivirgata, Petaurus breviceps, werden auf beiden Seiten der Torresstraße gefunden. Petaurus breviceps kommt in Australien und Neu-Guinea zudem auch nur in zwei lokal verschiedenen Varietäten vor, ebenso Echidna aculeata.

Diese Tatsachen führen schon an sich zu dem Schlüsse hin, daß die Trennung zwischen den beiden Gebieten nicht neueren Datums ist, sondern schon einen verhältnismäßig langen Zeitraum hindurch gedauert hat, lange genug, um den Arten Zeit zu lassen, im Norden und im Süden der Torresstraße ein verschiedenes Gepräge anzunehmen. Eine Untersuchung der anderen Elemente, die die Faunen beider Länder zusammensetzen, bestätigt das vollkommen, vor allem die charakteristische und genau studierte Vogelwelt, ferner aber auch die Reptilien, Amphibien, Insekten und Landschnecken. Dabei ist es gar nicht notwendig, gleich von Anfang an eine gänzliche Lösung anzunehmen. Die Torresstraße und ihre Umgebung mag noch lange als Landbrücke fortbestanden haben, als viele Arten im Norden und Süden sich schon deutlich von einander gesondert hatten. Denn durch einen so schmalen Verbindungsweg wird der Isolierung nur geringer Abbruch getan sein. Das aber können wir behaupten, daß ein breiterer Zusammenhang zwischen Australien und Neu-Guinea seit recht langer Zeit nicht bestanden hat, und daß dieser Umstand,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003