Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Der Nordwestmonsun.

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Ich bot dem Schwarzen an, ihn mit nach Thuisday zu nehmen; er wollte aber auf seinem einsamen und schlecht dotierten Posten ausharren, und so ließ ich ihm nur einige von meinen Vorräten zurück. Die Rückfahrt nach Thursday Island ging anfangs rasch, weil ein starker Nordwestwind unsern Kutter wie einen Vogel über die Wellen hinstreichen ließ und wir die Flut mit uns hatten. Als sie sich aber umkehrte, mußten wir zwischen Horn Island und Thursday Island vor Anker gehen und in Regen und Wind die übliche Wartezeit durchmachen.

Vom November bis zum April, zuweilen bis in den Mai hinein, herrscht in diesen Gegenden der feuchte, regenbringende Nordwestmonsun, dessen Gebiet den Teil des Malayischen Archipels, der südlich vom Äquator gelegen ist, sowie Nordaustralien bis zum 20. Gr. s. Br. umfaßt und sich nach Osten bis zu den Salomonsinseln und neuen Hebriden ausdehnt. Der Nordwestmonsun weht in der Torres-straße nicht als ein stetiger gleichmäßiger Wind, sondern bald bläst er tagelang als heftiger Sturm mit fort und fort sich folgenden Regenböen, dann wieder kommen windstille Perioden, während derer sich der gleichmäßig graue Himmel aufklärt und die Sonne unerträglich heiß durch die feuchtigkeitsgesättigte Luft sticht. Ab und zu unterbricht eine von Nordwesten her heranziehende Bö die Ruhe, die Zahl der Unterbrechungen wird größer, ihre Folge rascher, und wieder braust der Sturm heran und übt die Herrschaft über Luft und Wasser. Während dieser ganzen Zeit ist die Atmosphäre gewitterschwül und so feucht, daß alles Lederzeug sich von einem Tag zum andern mit einer dicken Schicht von Schimmel überzieht und Zucker und Salz zerfließen. Bei der geringsten Anstrengung ist man wie in Schweiß gebadet. An manchen Tagen ist es wirklich, um aus der Haut zu fahren.

Oft war der Sturm so heftig, daß ich zwei oder drei Tage lang mich mit meinem kleinen Boot überhaupt nicht zum Fischen herauswagen konnte. Das war dann jedesmal eine schlimme Zeit in der kleinen, nicht gerade sehr anziehenden Ansiedlung und in dem geräuschvollen Grand Hotel. Wenn das Wetter es irgend erlaubte, durchstreifte ich die Insel, deren ganze Nordosthälfte nur wenig durch Menschenhände berührt und verändert ist. Am Strande findet sich da, wo keine Korallenbedeckung vorliegt, Wüstensandstein. Die Höhen, die sich bis über hundert Meter erheben, bestehen aus hartem Schiefer, der zu einem roten Sande verwittert. Der Hügel, ziemlich unmittelbar über der Ansiedlung, der sich am höchsten erhebt, wird gegenwärtig stark befestigt und zu einer Art Fort


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003