Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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326 Thursday Island und die Torresstraße.

ich aber hoffen, noch einiges entwicklungsgeschichtliche Material zu sammeln.

Obwohl wir schon bei Sonnenaufgang von Thursday Island absegelten, brauchten wir doch volle 17 Stunden, um nach dem kleinen Strait Island zu gelangen, da wir fast keinen Wind und viele Stunden lang die Flut gegen uns hatten. Aus diesem Grunde mußten wir längere Zeit vor Wednesday Island vor Anker gehen und ich begab mich inzwischen mit Wilson in unserem kleinen Ruderboote, einem sogenannten Dingy, an Land. Dichte Mangrovewälder umsäumen den Strand, und wenn bei Ebbe die heiße Sonne auf den Tümpeln zwischen den Mangrovewurzeln steht, herrscht ein pestilenzialischer Gestank. Es ist keine Kleinigkeit, über die schlüpfrigen Wurzeln und Steine zu klettern und sich durch das dichte Geflecht der Stämme und Äste durchzuwinden. Obwohl wir an verschiedenen Stellen um uns die Rufe der schönen »Torresstraßen-Taube« hörten, kamen wir unter diesen schwierigen Verhältnissen auf keins der scheuen Tiere zu Schuß. Hinter den Mangroven erhebt sich dann gewöhnlicher australischer Eucalyptuswald, und hier fanden wir, nur etwa zweihundert Schritt von der Flutgrenze entfernt und von niedrigen Büschen umgeben, den Nesthügel eines Großfußhuhns, Megapodius tumulus, das in Nordaustralien und Neu-Guinea den Scrub-Turkey oder Catheturus (Talegallus) lathami vertritt. Die Lebensweise des letzteren habe ich schon geschildert, als ich meinen Aufenthalt am Burnett beschrieb. Der Nesthaufen des Megapodius, den ich auf Wednesday Island sah, hatte eine Höhe von drei bis vier und einen Umfang von über dreißig Metern. Er bestand nicht aus Laub, wie der des Catheturus lathami, sondern schien durchweg nur aus Sand zusammengesetzt zu sein. Da diese Beobachtung auch mehrfach von anderen Besuchern jener Gegenden gemacht worden ist, ergibt sich der Schluß, daß hier, so viel näher dem Äquator, die Wärmestrahlen der Sonne genügen, um im Nesthaufen die zum Ausbrüten der Jungen nötige Wärme zu erzeugen, während der Bewohner von New-South-Wales und Süd-Queensland, also kälterer Gegenden, für seine Brutofen noch die Wärme zu Hilfe nimmt, die bei der fauligen Zersetzung organischer Substanzen entsteht.

Wir bemerkten an jenem Haufen Grabspuren, die von einer großen Eidechse herzurühren schienen, die wohl gelernt haben mochte, daß diese Hügel schmackhafte Eier zu bergen pflegen. Wir selbst konnten beim Nachgraben in dem Hügel keine Eier finden.

Nachmittags konnten wir unsere Fahrt fortsetzen und passierten Tuesday Islands, zwei kleine Inseln, denen eine winzige dritte Insel


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003