Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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3l8 Thursday Island und die Torresstraße.

erhielt, der ihm fast die Besinnung raubte. Er glaubte, er sei von einer herabfallenden Segelstange getroffen worden, und drehte sich um, da sah er mehrere der Schwarzen auf sich eindringen. Einem Tomahawkwurf wich er noch rechtzeitig aus, erhielt aber gleich darauf mit einem dreispitzigen Fischspeer eine fürchterliche Wunde unterhalb des rechten Auges, die die Wangenhaut in Stücke riß und das Auge bloßlegte. Er riß den Speer heraus, konnte aber keinen Widerstand mehr leisten und wurde von den Schwarzen gepackt und zum Schiffsrande gezerrt, um über Bord geworfen zu werden. Er legte sich jetzt aufs Flehen, hielt den Leuten vor, daß er immer gut für sie gesorgt habe, und versprach ihnen, alles daran zu setzen, ihnen ihre Frauen wiederzubcschaffen. Er behauptet nun, daß man darauf nicht gehört hätte, aber daß, als man versuchte, ihn trotz seines Sträubens emporzuheben und ins Meer zu werfen, seine Kleider zerrissen seien, und er in den Schiffsraum herabgestürzt sei, wo seine geladene Winchester Repetierbüchse hing. Das scheint mir doch etwas unwahrscheinlich. Ich glaube viel eher, daß die einfältigen Schwarzen ihn auf seine Bitten und Versprechungen hin losgelassen haben, und er so an sein Gewehr kam. Er feuerte sofort mehrere Schüsse in den dichten Haufen, worauf die ganze Gesellschaft ohne weitere Komplimente über Bord sprang. Jetzt waren die Rollen vertauscht, die Schwarzen flehten darum, wieder an Bord genommen zu werden; denn die nächste Küste war 45 Kilometer entfernt und in der Nähe befanden sich weder Sandbänke noch Riffe. Wilson fischte aber nur die einzige schwarze Frau heraus, die sich noch mit an Bord befunden hatte, und setzte unbekümmert um die Bitten der übrigen seinen Kurs weiter fort. Er brauchte volle sieben Tage, um nach Somerset und in ärztliche Behandlung zu kommen, und wurde, schwerverwundet und unverbunden wie er war, auf der Fahrt bald so schwach, daß er hilflos im Schiff lag, und die schwarze Frau das Schiff steuern und die Segel setzen mußte.

Wie weit seine Erzählung im einzelnen auf Wahrheit beruht, läßt sich nicht feststellen. Thatsache ist, daß sein Schiff ohne andere Mannschaft und gesteuert von einer schwarzen Frau in Somerset ankam, er selbst mit heraushängendem Auge, mehr tot als lebendig. Übrigens wurde sein Bericht durch seine schwarze Retterin bestätigt. Die Wunde brauchte natürlich lange Zeit zu ihrer Heilung, weil die Haut durch den dreispitzigen, mit Wiederhaken versehenen Fischspeer in weitem Umkreis unter dem Auge zerstört worden war. Dr. Salter von Thursday Island machte deshalb eine plastische Operation und deckte den Defekt durch einen Hautlappen, den er dem


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003