Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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3 16 Thursday Island und die Torresstraße.

innerhalb der Torresstraße als recht brauchbar erwies. Ferner half er mir beim Engagement eines Tauchers als Führer des Boots und zweier weißer Matrosen. Der Taucher Wilson, ein Däne von Geburt, war vor 16 Jahren, als er noch Schiffsjunge war, an der nordaustralischen Küste gescheitert und hatte sich dort bis jetzt als Matrose, Trepang- und Perlfischer aufgehalten. Allmählich hatte er sich emporgearbeitet und bis vor zwei Jahren die Trepangfischerei im eigenen Lugger selbständig betrieben.

Unter Trepang oder bêche de mer versteht man eßbare Arten der Holothurien oder Seegurken, eine Klasse der Stachelhäuter oder Echinodermen. China konsumiert jährlich ungeheure Mengen dieses Genußmittels, angeblich weil es von den ausschweifenden Chinesen als ein Aphrodisiacum betrachtet wird. Thatsächlich ist es aber auch eine gar nicht zu verachtende Delikatesse. Wenigstens habe ich in Thursday Island zu verschiedenen Malen Trepangsuppen gegessen, die echten Schildkrötensuppen meinem Geschmack nach völlig ebenbürtig waren. Es gibt eine große Anzahl eßbarer Holothurienarten, besonders geschätzt sind die Genera Mülleria, Stichopus und Bohadschia, geringere Preise erzielen andre Arten. Zahlreiche Arten eignen sich überhaupt nicht zur Trepangbereitung. Die Zubereitung besteht in einem gehörigen Auskochen der Tiere, dem ein mehrmaliges abwechselndes Trocknen und Dämpfen mit Süßwasser folgt. Schließlich werden sie noch anhaltend geräuchert. Zum Genuß wird nur der kalkfreie Teil der Haut des Tieres benutzt, die kalkführende Schicht und die Eingeweide aber entfernt.

Schon seit undenklichen Zeiten fischen die Eingeborenen aller Rassen im indischen Archipel, besonders auf den Philippinen, bei Celebes, Goram, Aru, neuerdings auch Java, dieses Genußmittel für den chinesischen Markt. Seit einiger Zeit haben sich auch die Weißen dieses Handels bemächtigt, und es wird sowohl von Amerikanern in Westindien und den Bermudas als von den Australiern an der Nordostküste und in der Torresstraße eifrig Trepang gesammelt. In Australien hat man auch den Versuch gemacht, diese Delikatesse für den europäischen Markt zuzubereiten. Ein Unternehmer beschäftigte sich damit, Büchsenkonserven herzustellen, deren Inhalt in Wasser gekocht und mit einigen Zutaten versehen eine ausgezeichnete Trepangsuppe lieferte. Ich habe sie auf meinen Fahrten oft mit Vergnügen genossen. Der Versuch scheint jedoch bis jetzt keinen Erfolg gehabt zu haben, denn als ich vor einigen Jahren versuchte, diese Konserve in Europa aufzutreiben und deswegen sogar nach London schrieb, war sie nirgends zu erhalten. Nicht allein die Bauern,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003