Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Perlfischen im Taucherapparat. 313

an den Füßen trägt, seine Beute auf schlammigem Grunde auflesen muß. Denn die Muscheln finden sich ebenso auf Schlamm und auf Sand wie auf nacktem Fels- und Korallenboden.

Unmittelbare Gefahr bei ihrer Arbeit droht den Tauchern nur dann, wenn der Schlauch der Pumpe auf dem felsigen, korallenreichen Grunde unklar wird, und eine Knickung in ihm die Luftzufuhr abklemmt. Zunächst sucht sie dann der Taucher gewöhnlich selbst wieder klar zu machen. Gelingt ihm das nicht und kann er den Luftmangel nicht mehr aushalten, so gibt er den Leuten oben an der Pumpe durch Zerren an der Leine ein Zeichen, ihn herauf zu ziehen. Wird das Signal nicht gleich beachtet, weil die Leute oben unaufmerksam sind und ihre Arbeit an der Pumpe mechanisch verrichten, so kann der Mann unten leicht ersticken. Von Haifischen droht dagegen den Tauchern, die im Taucheranzug arbeiten, niemals Gefahr. Der Apparat arbeitet mit zu viel Geräusch, und das Ganze erscheint dem feigen Räuber viel zu bedenklich, als daß er wagen sollte, hier einen Angriff zu unternehmen, In der Torresstraße wimmelt es von mächtigen Haifischen, vielfach werden sie geangelt und ihre Lebern zur Fettgewinnung verwandt. Von einem Angriff ihrerseits auf Taucher hat man aber noch niemals etwas gehört, und niemals zeigten meine Leute irgendwelche Scheu, auch ohne Apparat ins Meer zu springen und die unklar gewordene Dredge frei zu machen. Überhaupt hat man gewöhnlich von der Gefährlichkeit der Haifische ganz übertriebene Vorstellungen. Es mag sich wohl einer von ihnen zum Menschenfresser ausbilden und dann eine Örtlichkeit unsicher machen, aber jedenfalls ist ein solcher Fall eine Ausnahme und zwar eine seltnere als beim Krokodil oder Tiger.

An den Küsten von Nordaustralien, der Torresstraße und von Neu-Guinea kommen sowohl große Haifische als auch die mächtigen Leistenkrokodile zusammen vor. Während der Weiße wie der Schwarze vor den letzteren einen gewissen Respekt hat, kümmert sich kein Mensch um die Haifische. Die Perlmutterfischer von Thursday Island behaupten, daß an gewissen Stellen die Krokodile die auf den Boden des Meeres ruhenden Grundhaie wegfangen und verschlingen. Ob das sich wirklich so verhält, konnte ich nicht feststellen, für unmöglich halte ich es aber nicht.

Die Besitzer der Taucherboote haben, falls sie nicht selbst als Taucher mitgehen und die Boote führen, jetzt immer einen Vertrauensmann an Bord, der die Muscheln öffnet und die Perlen herausnimmt. In Thursday Island wird die Fischerei wesentlich der Perlmutter wegen betrieben, die die dortigen dickschaligen


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003