Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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312 Thursday Island und die Torresstraße.

und seinen wertvollen Rat für meinen eigenen Besuch dieser wunderbaren Insel einzuholen.

Unter den Farbigen, die selbstverständlich in anderen Gasthäusern wohnen, überwiegen die Chinesen, Südseeinsulaner, sowie die Bewohner der Philippinen, die hier Manilamänner genannt werden. Natürlich fluktuiert diese Bevölkerung ganz außerordentlich und läßt sich kaum schätzen. Der Census von 526 Einwohnern bezieht sich nur auf diejenigen, die auf der Insel einigermaßen ständigen Wohnsitz haben. Mehr als die doppelte Anzahl lebt außerdem noch auf den Booten und Schiffen, die in den angrenzenden Meeren Perlmutter und Trepang fischen und auf der Insel ihre Vorräte abladen und Lebensmittel einnehmen. Die Zahl dieser Boote belief sich während meiner Anwesenheit etwa auf 250; meistens waren es kleinere Fahrzeuge von 10 bis 30 Tonnen, Kutter und zweimastige Lugger, seltener größere Schuner.

Das Fischen der Perlen geschieht hier in sehr einfacher, handwerksmäßiger Weise. Jeder Lugger oder Kutter ist mit vier bis sechs Leuten bemannt; unter ihnen befindet sich ein Taucher, das heißt ein Mann, der sich im Taucherapparat auf den Meeresgrund herabläßt und die Perlmuscheln sammelt. Während er unten arbeitend verweilt, wird ihm von oben fortgesetzt frische Luft zugepumpt. Der Taucher, gewöhnlich ein Weißer, ist gleichzeitig Kapitän des Bootes. Die übrige Mannschaft besteht in der Regel aus Farbigen. Diese Art des Tauchens ist natürlich keine Kunst, und kann in geringeren Tiefen bis zu fünf Meter sogleich von jedem ausgeübt werden. Das Tauchen in größeren Tiefen bis zu 15, ja 30 Meter erfordert dagegen längere Übung, weil Druck in solcher Tiefe dem Ungeübten fast die Besinnung raubt und ihn zu jeder Arbeit unfähig macht. Erst allmählich gewöhnt sich der Körper an die veränderten Bedingungen, die Gewöhnung verliert sich aber wieder, so daß ein Taucher, der jahrelang nicht unten gewesen ist, nicht ohne weiteres wieder in großer Tiefe arbeiten kann. Übrigens wirkt der Taucherberuf, wenn er durch viele Jahre fortgesetzt wird, schädlich auf jeden Organismus, die Brust leidet, und viele Taucher gehen an Tuberkulose zu Grunde.

In der Torresstraße sind die Gezeitenströme ungemein stark und während sie dauern, ist das Arbeiten auf dem Meeresgrunde unmöglich. Der Taucher muß die Übergangszeit zwischen Ebbe und Flut, »slack water«, wie die Engländer es nennen, abwarten, um ungestört unter Wasser sammeln zu können. Sehr ermüdend für ihn ist es, wenn er, der in seinem schweren Apparat buchstäblich Bleigewichte


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003