Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Die vier Zinngräber. 301

400 Meter über unserm eigenen Lager und 600 Meter über dem Meere, und wir brauchten vier Stunden angestrengten Kletterns, um dorthin zu gelangen, da wir unsere Decken, Gewehre, Munition mit hinaufschleppen mußten. Solche Kletterpartien unter einem tropischen Himmel durch dichtverwachsenen Urwald, über schlüpfrige Felsen, durch eiskalte Bergwässer, sind viel anstrengender und aufreibender als dreimal längere und steilere Bergtouren in der kühlen erfrischenden Luft unsrer Alpen.

Vom top camp aus hat man eine schöne Aussicht auf die umliegenden Bergketten, falls kein Nebel herrscht, der sehr häufig den Gipfel des Berges umlagert. Man befindet sich hier in der Mitte eines granitischen Bergzuges, der nach Norden im Mount Thomas und Mount Amos seine höchste Erhebung erreicht, sich aber noch über die Black Mountains hin bis zum Mount Cook bei Cooktown ausdehnt. Nach Süden erstreckt sich das Granitgebirge über die Gegend am Bloomfield bis zum Kap Tribulation und weiter. Dicht vor uns liegen Mount Finlayson und Mount Romeo. Der letztere trägt seinen schönen Namen nach einem Schwarzen, der von den Ansiedlern Romeo genannt wurde, und durch dessen Hilfe dort reiche Zinnlager entdeckt worden waren. Im Nordwesten dehnen sich weite Ebenen aus, und das Auge entdeckt in der Ferne Lagunen und Seen, die Kingsplain Lakes. Weit im Westen sieht man dann jenseits der Ebenen wieder Höhenzüge; es sind die Berge, von denen der Normanby- und Palmer-River entspringen.

Unsere vier Gastfreunde, einfache aber ordentliche und nüchterne Leute, hatten das Zinnlager in der Höhe des Mount Finnigan vor zwei Jahren entdeckt und hatten zunächst hier zwei feste Blockhütten errichtet. Zelte oder Rindenhütten würden vom Winde einfach weggeblasen werden, auch würden sie gegen die hier zuweilen recht empfindliche Kälte kaum genügenden Schutz gewähren. Das alluviale Zinnlager findet sich in einem ehemaligen Flußbett und hat eine Dicke von nicht ganz einem Meter. Hat man das nötige Wasser zur Stelle, so ist das Zinnwaschen ein sehr einfacher Prozeß. Die zinnhaltige Ablagerung wird in mächtige Holzkästen gebracht und mit einem starken Wasserstrom durchspült, während es gleichzeitig mit einer Eisengabel tüchtig aufgewühlt und durchgearbeitet wird. Das Wasser reißt dann den Schlamm und Sand mit fort, während das schwere Zinn niedersinkt und sich am Boden der Kästen absetzt. Auf diese Weise gewannen die vier Leute wöchentlich etwa eine halbe Tonne (1000 Pfund) Zinn im Werte von etwa 500 Mark, im Jahre also Zinn im Werte von etwa 26000 Mark. Sie glaubten


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003